Beim Informatikermangel herrscht Fantasielosigkeit

Beim Informatikermangel herrscht Fantasielosigkeit

Immerhin ist Microsoft überzeugt, dass das persönliche Netzwerk der Mitarbeiter eine zunehmend wichtige Rolle spielt. Auch Social Communities oder Netzwerke gewinnen laut der Software-Gigantin bei der Rekrutierung an Bedeutung, da sich auf diese Weise gezielt spezifische Profile finden lassen.
In der Summe beschränken sich die Unternehmen grösstenteils darauf, die Absolventen von Universitäten und Hochschulen abzugreifen. Diese Massnahmen fruchten angesichts der rückläufigen Zahl von IT-Lehrlingen und Informatikstudenten nicht genügend. Bei Hewlett-Packard Schweiz ist man dennoch überzeugt, dass die Zusammenarbeit mit den Hochschulen wichtig ist, auch wenn sie allein nicht genügt, um den gegenwärtigen Mangel an IT-Fachkräften zu beheben.

Vernachlässigte Bereiche

Roadshows, Absolventenkongresse und Auftritt an Hochschulanlässen scheinen nicht das Gelbe vom Ei zu sein. Den Unternehmen und Ausbildungsinstituten fehlen die zündenden Ideen, wie mehr Jugendliche für ein Informatikstudium begeistert werden können. Fast vergessen gehen bei dieser Debatte zudem die Lehrlinge. Ein Bereich, in dem die Wirtschaft sehr direkt aktiv werden könnte.
Ähnlich sieht dies Lothar Müller, Abteilungsvorstand Informatik an der Hochschule für Technik in Rapperswil (HSR). Es müsse bei den Berufslehren angesetzt werden, um mehr Interessenten für die Informatik zu finden. Alfred Breu von der Zürcher Lehrmeistervereinigung Informatik (ZLI) doppelt nach: Es gebe heute vier Mal mehr IT-Fachkräfte, die aus dem Berufsleben ausscheiden, als das Bildungssystem jährlich an Abgängern hervorbringe (10000 gegenüber 2500).
Entsprechend versucht die ZLI, die Betriebe zur Ausbildung zu bewegen oder mehr Lehrstellen zu schaffen. Dabei unterstützt sie die Unternehmen und holt im -Bedarfsfall selbst die nötige Ausbildungsbewilligung für sie ein. Andererseits gehe man in Schulen, an die Berufsmesse, lade zu rund einem Dutzend Informationsnach-mittagen ins Basislehrjahr ein, halte Vorträge bei Anlässen der Berufsberatungsstellen und informiere die Jugendlichen über die Informatik, so Breu. Ein wichtiger Bestandteil der Arbeit der ZLI bilde auch die Aktualisierung der Ausbildungsinhalte, die -Erstellung von Hilfsmitteln wie Ausbildungsleitfaden und Einsatzbeispiele sowie die Aus- und Weiterbildung der Ausbildner selbst. Dabei sei vor allem wichtig, das Bild des Informatikers zu klären. «Das sind keine PC-Hacker, sondern Fachleute, die ständig im Kundendienst stehen und an vielen Produkten mitentwickeln.»
An einer weiteren, wichtigen Zielgruppe scheinen die Bemühungen ebenfalls vorbeizugehen: an den Gymnasiasten. Um mehr IT-Studenten zu generieren, müsste man die künftigen Studierenden, also Gymnasiasten oder Lernende mit Berufsmatura, für die IT be-geistern. Daher stellt sich die Frage, wieso die Firmen ihren Fokus nicht verstärkt von den Hochschul- und Uniabsolventen auf die Gymnasiasten verlagern. Industrievertretern zufolge zeigen die Mittelschulen aber wenig Interesse an Veranstaltungen zur Informatikförderung. Die Gymnasien argumentierten, sie seien mit der Wissensvermittlung beauftragt und kämpften ohnehin mit bereits übervollen Lehrplänen.
Zudem verkompliziert in der Schweiz der Föderalismus die nötige Harmonisierung des Ausbildungssystems mit den Interessen, respektive Bedürfnissen der Wirtschaft. Traditionell orientiert sich unser Bildungssystem stark an humanistischen Idealen, die Wirtschaft dagegen eher weniger.



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