14.06.2013, 12:13 Uhr

E-Alarm in Autos soll für mehr Sicherheit sorgen

In zwei Jahren soll ein Grossteil der europäischen Autos mit «eCall» ausgestattet sein. Unter anderem soll das Gerät dafür sorgen, dass bei einem Unfall automatisch die Notrufnummer gewählt wird. In der Schweiz wäre die Wirkung wohl geringer als anderswo.
«eCall» soll dafür sorgen, dass bei Verkehrsunfällen die Rettungsdienste schneller vor Ort sind und es dadurch weniger Tote gibt (Bild: Wikipedia)
Autos, die ab 2015 im EU-Gebiet fahren, sollen das sogenannte «eCall»-Gerät eingebaut haben. Dies schlägt ein EU-Gesetzesentwurf vor. «eCall» soll bei einem Unfall automatisch die Nummer 112 wählen, die auch in der Schweiz geltende internationale Notrufnummer. Alternativ kann ein eCall auch manuell ausgelöst werden, indem ein Knopf im Auto betätigt wird. Danach sendet «eCall» die Informationen des Unfalls an die Rettungsdienste, diese beinhalten den Zeitpunkt des Unfalls, die Position des Fahrzeugs und die Route. Mit «eCall» soll die Reaktionszeit bei Unfällen um 40 Prozent in Stadtgebieten und sogar um 50 Prozent in ländlichen Regionen verkürzt werden, hofft die Kommission. Dies würde im Jahr 2500 Leben retten. Letztes Jahr starben auf den Strassen der EU 28 000 Menschen, 1,5 Millionen wurden verletzt. Damit das Gesetz durchkommt, müssen die EU-Mitgliedsstaaten und das Parlament allerdings noch dafür stimmen. 

Kein Hacking möglich

Zusätzlich zu den Vorteilen in Bezug auf die Strassenverkehrssicherheit soll eCall auch die durch Verkehrsunfälle verursachten Staus und die durch ungesicherte Unfallstellen verursachten Folgeunfälle verringern. Zudem wird gehofft, dass die für eCall eingebauten bordeigenen Geräte für weitere Dienste genutzt werden können, beispielsweise für die Ortung gestohlener Autos. Der Gesetzesentwurf besteht aus zwei Teilen: einerseits sollen die Autohersteller verpflichtet werden, das Gerät einzubauen. Andererseits müssen die 27 EU-Mitgliedstaaten sowie die Schweiz, Norwegen und Island dafür sorgen, dass das System europaweit funktioniert.  Wohl auch mit Rücksicht auf die NSA-Affäre war die verantwortliche EU-Kommission darum bemüht, keine Datensammlungsaktion starten zu wollen. «Um die Zuverlässigkeit zu gewährleisten werden die Notfallzentralen die eCall-Daten für eine gewisse Zeit gespeichert,» sagte die Kommission zwar. Alles aber in Abstimmung mit geltenden Datenschutzgesetzen des jeweiligen Landes und zudem würde das System nur im Falle eines Unfalls oder wenn ein Fahrer einen entsprechenden Knopf drückt auffindbar sein. «Weil es nicht durchgehend zu mobilen Netzwerken verbunden ist, können Hacker keine Kontrolle darüber erhalten,» glaubt die Kommission. Lesen Sie auf der nächsten Seite: Und die Schweiz?

Und die Schweiz?

Hierzulande hat das Bundesamt für Strassen (ASTRA) die Federführung übernommen. «Welche Standards müssen eingesetzt werden, wohin gehen die Notrufe?,» fragt Thomas Rohrbach, Pressesprecher vom ASTRA. Im Detail sind diese Fragen europaweit nicht geklärt, auch nicht für die Schweiz. Aus Fahrzeugherstellersicht gibt es dagegen wenige Fragen. Denn über 90 Prozent der Autos in Europa entsprechen dem gleichen Standard. Egal ob sie in der EU, in Korea oder den USA hergestellt werden. Damit erhält man auch ein für die Schweiz funktionstüchtiges «eCall»-Gerät, wenn man das Auto importiert. Aber damit dies der Fall ist und Schweizer Fahrzeughalter darüber hinaus auch bei Auslandfahrten von den Vorteilen des Geräts profitieren können, müssen die verschiedenen Länder zusammenarbeiten.  «Wir wollen keinen Sonderfall Schweiz in dieser Sache,» so Rohrbach. «Wir wären dumm, wenn wir ein eigenes System einführen würden, denn wir sind auf die EU angewiesen.» 

Kosten in Millionenhöhe

Das Projekt «eCall» ist seit längerem pendent bei ASTRA, doch «Fragen wie 'Gibt es eine Zentrale welche die Dienste entgegennimmt oder wird jeweils der nächstliegende Rettungsdienst verständigt' beinhalten auch finanzielle Aspekte,» so Rohrbach. Je nachdem für welche Lösung sich die EU und die Schweiz entscheidet, wird das die Schweizer Steuerzahlen einen zweistelligen Millionenbetrag kosten. «Im Vergleich zur Sanierung eines 5-km-Autobahnabschnitts ein geringer Betrag,» sagt Rohrbach.  Die Wirkung von «eCall» in der EU wird die Schweiz kaum erreichen, vermutet der Mediensprecher. «Wir haben bereits heute sehr schnelle Rettungskräfte. Nur wenn man die Hauptachsen verlässt, kann schon einmal mehr Zeit vergehen.» Die angestrebten 40 Prozent Reaktionszeitreduktion seien aber wohl eher für EU-Staaten gedacht, die noch nicht so weit sind.  Auf den Schweizer Strassen gab es letztes Jahr 339 Tote und 22 202 Verletzte. «eCall» hätte also durchaus seine Berechtigung. Allerdings wäre die Wirkung nicht sofort erkennbar, Rohrbach sagt, dass die durchschnittliche Fahrzeugerneuerungsrate in der Schweiz bei acht Jahren liegt. Auch mit dem optimistischen Zeitplan von Herbst 2015 würde es also bis ungefähr 2020 dauern, damit über Sinn oder Unsinn des Geräts geurteilt werden kann.



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