07.09.2017, 15:06 Uhr

Bundesrat will gegen hohe Roaming-Tarife vorgehen

An seiner Sitzung von Donnerstag hat der Bundesrat die Botschaft zur Teilrevision des Fernmeldegesetztes verabschiedet. Damit sollen etwa überteuerte Roaming-Gebühren oder unerwünschte Werbeanrufe bekämpft werden.
Breitbandinternet, Videotelefonie und Messenger: Die Telekommunikation habe sich in den letzten Jahren rasant entwickelt, sagte Kommunikationsministerin Doris Leuthard am Donnerstag vor den Medien in Bern. Das geltende Fernmeldegesetz stammt noch aus dem Jahr 1997, eine erste Teilrevision trat 2007 in Kraft. Mit einer nächsten Gesetzesrevision wolle der Bundesrat nun den Wettbewerb fördern und die Telekomunternehmen administrativ entlasten. Gleichzeitig wolle er den Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten verbessern. Im Sommer seien jeweils die Roaming-Gebühren das grosse Thema, stellte Leuthard fest. Gelöst werden könnte das Problem mit einem Abkommen mit der EU. Ohne ein Rahmenabkommen werde es ein solches aber nicht geben.

Preisobergrenzen für Roaming

Der Bundesrat will nun auf anderem Weg gegen unverhältnismässig hohe Tarife für das Zugreifen auf ein Mobilnetz im Ausland vorgehen. Mit dem neuen Gesetz könnte er Mobilfunkanbieterinnen verpflichten, ihren Kunden im Ausland die Nutzung von Roaming-Dienstleistungen von Drittanbietern zu ermöglichen und ihnen Pakete mit Roamingdienstleistungen zu fixen Preisen anzubieten. Weiter könnte er basierend auf internationalen Vereinbarungen Preisobergrenzen festlegen. Und er könnte Vorschriften über die Abrechnungsmodalitäten erlassen – zum Beispiel verlangen, dass Gespräche sekundengenau abgerechnet werden. In der Vernehmlassung waren vor allem Preisobergrenzen auf Kritik gestossen. Nächste Seite: Spam-Filter und eine freie Anbieterwahl

Spam-Filter gegen Werbeanrufe

Ein weiteres Ärgernis für die Konsumenten sind unerwünschte Werbeanrufe. Der Bundesrat will die Telekomunternehmen nun verpflichten, unlautere Werbung zu bekämpfen. Sie sollen ihren Kundinnen und Kunden ermöglichen, Werbeanrufe herauszufiltern. Bei den Werbeanrufen sei eine Analyse der Eigenschaften von Nachrichten zwar schwieriger, aber ebenfalls möglich, schreibt der Bundesrat in seiner Botschaft ans Parlament. Ferner sollen die Telekomunternehmen sicherstellen und kontrollieren müssen, dass Nummern aus Blöcken, die sie ins Ausland weitergeben, nicht für unlautere Werbemitteilungen genutzt werden. Und Kundinnen und Kunden ohne Telefonbucheintrag sollen jenen mit Sterneintrag gleichgestellt werden.

Freie Wahl des Anbieters

Den Konsumenten kommt auch zu Gute, dass künftig alle Anbieterinnen Anspruch darauf haben sollen, die gebäudeinternen Fernmeldeinstallationen gegen eine angemessene Entschädigung mitzubenutzen. Liegenschaftseigentümer und Telekomunternehmen müssen die Mitbenutzung gewähren. Der Zugang zu den letzten Metern innerhalb von Gebäuden sei eine essenzielle Voraussetzung für Wettbewerb und Wahlfreiheit, schreibt der Bundesrat. Diese Voraussetzung fehle, wenn einem Unternehmen die Anbindung eines Mehrfamilienhauses an das eigene Netz verwehrt werde.

Keine Regulierung auf Vorrat

Anderes will der Bundesrat nicht «auf Vorrat» regeln, wie Leuthard es ausdrückte. So soll die Technologieneutralität nur im Grundsatz im Gesetz verankert werden. Kommt es zu einem Marktversagen, soll der Bundesrat vorschreiben können, dass der Zugang zum Teilnehmeranschluss technologieneutral ausgestaltet werden muss. Marktbeherrschende Anbieterinnen müssten damit den Zugang nicht nur zu den traditionellen Kupferanschlussleitungen gewähren, sondern auch zu Glasfaserkabeln. Nächste Seite: Netzneutralität und Cyber-Angriffe

Keine Pflicht zur Netzneutralität

Auf eine Pflicht zur Netzneutralität verzichtet der Bundesrat vorerst: Er will den Unternehmen nicht vorschreiben, dass sie Daten und Inhalte im Internet gleich behandeln müssen, wie das die EU und die USA tun. Im Moment gebe es keine Anzeichen dafür, dass die Netzneutralität verletzt werde, sagte Leuthard. Der Bundesrat will aber mit einer Informationspflicht Transparenz schaffen. Die Unternehmen sollen Kunden und Behörden informieren müssen, wenn sie Daten bei der fernmeldetechnischen Übertragung unterschiedlich behandeln, zum Beispiel unterschiedlich rasch verbreiten. Informieren müssen die Anbieterinnen auch über die Qualität ihrer Dienste, etwa die Geschwindigkeit des Internetzugangs.

Cyber-Angriffe abwehren

Unter das Kapitel «Deregulierung» fällt die Abschaffung der generellen Meldepflicht für Fernmeldedienstanbieterinnen. Künftig wird nur noch registriert, wer öffentliche Ressourcen nutzt, etwa konzessionspflichtige Funkfrequenzen oder Blöcke von Telefonnummern. Eine Konzession zur Nutzung des Funkspektrums ist nur noch in Ausnahmefälle erforderlich. Auf der anderen Seite will der Bundesrat Unternehmen verpflichten, Massnahmen zur Abwehr von Cyber-Angriffen zu treffen. Das hat er nach der Vernehmlassung neu beschlossen. Damit will er auch verhindern, dass die Unternehmen bei entsprechenden Vorkehrungen wegen Unterdrückens von Informationen belangt werden können. Schliesslich wird mit der Revision eine Grundlage für die Sperrung von Internetseiten mit Kinderpornografie und anderer verbotener Pornografie geschaffen. Nun ist das Parlament am Zug.



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