22.07.2008, 09:40 Uhr

Zukunftsmodell Telemedizin

Die Schweizer werden immer älter und brauchen - als logische Folge - eine längere und intensivere Gesundheitsversorgung. Können wir uns das noch leisten? Mit der richtigen Technik schon. Telehomecare erspart den Arzt­besuch und reduziert die Kosten.
Richard Staub ist Systemintegrator, selbstständiger Berater, Dozent und Verbandsleiter im Bereich
Gebäudeautomation und Intelligentes Wohnen.
Die unausweichliche Überalterung der Schweizer Bevölkerung macht die gesundheitliche Versorgung der Bürger zu einer echten gesellschaftlichen Herausforderung. Immer mehr ältere Menschen brauchen häufiger und intensiver medizinische Pflege, gleichzeitig kommen immer weniger Steuer- und Kassenbeitragszahler für die steigenden Kosten auf. Mit den technischen Möglichkeiten der Telemedizin kann die Behandlung chronischer Krankheiten künftig effektiver und günstiger durchgeführt werden. In der Schweiz werden entsprechende Lösungen jedoch im Schneckentempo umgesetzt. Während in den USA bereits Gratisservices - zum Beispiel für persönliche Gesundheitsakten - entstehen, debattiert man hier noch heftig über das wie und wann einer ersten elektronischen Versichertenkarte.

Assisted Living: Pflege zu Hause

Ein besonders vielversprechender Ansatz: Chronisch Kranke oder pflegebedürftige Personen sollen mithilfe intelligenter Assistenzsysteme, Ambient Assisted Living (AAL) genannt, ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden führen können. Das gleiche gilt für Menschen mit besonderen Bedürfnissen - zum Beispiel mit körperlichen Handicaps. Solche intelligenten Umgebungen passen sich selbstständig, proaktiv und situationsspezifisch den Bedürfnissen des Benutzers an und helfen diesem bei der Erreichung seiner Ziele. Und der Bedarf steigt: Untersuchungen wie die vom ETH Wohnforum 2008 veröffentlichte Studie «Neues Wohnen in der zweiten Lebenshälfte», belegen, dass ein Grossteil der Senioren bis ans Lebensende zu Hause wohnen möchte, auch bei sehr eingeschränkter Mobilität und Gesundheit.
Ein Beispiel: Agnes S., 84 Jahre, allein lebend, erleidet in ihrer Wohnung einen Schwächeanfall. Ein Sturzsensor detektiert ihren Fall auf den Boden und löst bei der Spitex, welche die Frau betreut, Alarm aus. 15 Minuten später trifft die Hilfe ein. Dank intelligenter Assistenzsysteme wäre dieses Szenario schon heute technisch umsetzbar. Zum Einsatz kommen mitdenkende Elektroprodukte, Telemedizin oder Steuerungs- und Warnsysteme. Voraussetzung dafür ist allerdings die interne und externe Vernetzung von Wohnräumen.

Vernetztes Haus als Voraussetzung

Die Basis dafür bildet ein sternförmiges universelles Netzwerk mit Wohnungsverteiler gemäss internationalen Standards EN 50173-4 bzw. ISO 15018 mit Anschlüssen in allen Wohnräumen. Leider besteht aber auch in der Wohnbau- und Installationsbranche in dieser Beziehung ein deutlicher Nachholbedarf. Noch nicht einmal 10 Prozent der neuen Wohnungen werden derart ausgerüstet, obwohl die Investitionskosten mit 0,5 Prozent am Gesamtaufwand gut verkaufbar sind.



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