22.03.2012, 09:29 Uhr
Gefühlte Stagnation und Fortschritt im eHealth
Während Ärzte und eHealth-Verantwortliche kaum Fortschritte im digitalen Schweizer Gesundheitswesen diagnostizieren, laufen Projekte in den Kantonen auf Hochtouren.
Laut «Swiss eHealth Barometer» kommt die Digitalisierung des Gesundheitswesens kaum voran. Den Experten vom Marktforschungsinstitut Gfs Bern sagten 817 Ärzte und eHealth-Verantwortliche von Spitälern sowie Kantonen, dass sie mehrheitlich keinen Fortschritt in den letzten 12 Monaten beobachtet haben. Die Bestandsaufnahme in den Praxen und Spitälern gibt den befragten Spezialisten offenbar Recht: Die ermittelten Zahlen der Installationen von eHealth-Anwendungen unterscheiden kaum von den Vorjahreswerten. Haupteinsatzgebiete sind erstens die routinemässige elektronische Dokumentation klinischer Befunde (Ärzte 50 Prozent, Spitäler 59 Prozent), zweitens die Software zur Unterstützung der Medikamentenverordnung (Ärzte 33 Prozent, Spitäler 40 Prozent) und drittens der elektronische Zugang zu Laborbefunden (37 Prozent) für Ärzte. Auf den ersten Blick treiben aktuell hauptsächlich Spitäler die eHealth-Anwendungen voran. So stehen auf den Plänen der IT-Angestellten in 41 Prozent Projekte zur elektronisch gestützten Patientenüberweisung. Jedes dritte Spital (34 und 33 Prozent) plant jeweils eine Software für die Medikamentenverordnung und die elektronische Kostengutsprache. Das tönt nach Fortschritt, ist aber keiner, meinen die Autoren des «Swiss eHealth Barometers». Denn die drei Projekte hätten auch schon in der Umfrage im Vorjahr auf den Agenden gestanden. Das lässt gemäss Gfs Bern für eine «gewisse Stagnation» bei der Umsetzung vermuten. Nächste Seite: sichtbare Fortschritte im eHealth
Unterdessen berichtet der Zürcher eHealth-Anbieter H-Net von substanziellen Fortschritten im Modellversuch Basel/Nordwestschweiz. So haben seit Anfang Jahr auch die Ärzte im Basler Claraspital Einblicke in vom Patienten freigegebene Einträge des elektronischen Gesundheitsdossiers. Vor einigen Monaten war das Kantonsspital Bruderholz angeschlossen worden. Beide Häuser erwartet nun die nächste Stufe: Ärzte sollen aber nicht nur Einblick in ein Dossier erhalten, sondern mit ihrer jeweiligen Praxis-Software neue Dokumente direkt in das virtuelle Dossier publizieren können.
Röntgenbilder und Rezepte
Allein in der Region Basel tauschen zwei Röntgeninstitute und vier Spitäler Röntgenbilder elektronisch untereinander aus. Alleine im Januar dieses Jahres sollen rund 1200 Röntgenbildstudien übertragen worden sein, womit der Versand von genau so vielen CDs/DVDs eingespart werden konnte. Ebenfalls seit Anfang Jahr ist das «eRezept» produktiv, berichtet H-Net: Dabei erhalte der der Patient zwar immer noch ein Papierrezept, die enthaltenen Daten würden aber gleichzeitig elektronisch von der teilnehmenden Apotheke bezogen. Vorteile seien mehr Sicherheit für den Patienten und kürzere Wartezeiten in der Apotheke. Diese Argumente finden Gehör, so der Zürcher eHealth-Anbieter. Zwar habe man erst vier Basler Apotheken mit einer Praxis angebunden, weitere Teilnehmer folgten aber laufend. Zudem seien die Ärztekasse, das Gesundheitsdepartment Basel-Stadt, der Apothekenverband GaleniCare, das Telemedizinzentrum Medgate und die Apotheken-Dachorganisation pharmaSuisse an dem Projekt beteiligt. Schliesslich werde ein Roaming mit den Ofac-Apotheken entwickelt, das nächstens bereit sein soll. Ziele für dieses Jahr sind die Evaluationdes Modellversuchs durch eHealthSuisse, schreibt H-Net. Daneben sollen die Notfalldaten aus der Schweizer Versichertenkarte für das elektronische Patientendossier erschlossen sowie die Zusammenarbeit mit den Kantonen Aargau und Basel Landschaft vertieft werden.