Digital Economic Forum 25.04.2018, 10:20 Uhr

Digitale Wirtschaft trifft sich in Zürich

Der Kanton begrüsst globale Technologiefirmen, die Standortförderung wird überschüttet mit Anfragen, die Grossbank testet Künstliche Intelligenz: Die Digitalwirtschaft trifft sich in Zürich.
Regierungsrätin Carmen Walker Späh will den Kanton Zürich als Technologiestandort fördern
(Quelle: computerworld.ch)
Der Kanton und der Grossraum Zürich haben sich für die digitale Wirtschaft offenbar gut positioniert. Internationale Technologiefirmen wie Google sowie IBM forschen und entwickeln in der Region. Im nahen «Crypto Valley» siedeln sich gerne Jungunternehmen an, die mit der Zukunftstechnologie Blockchain arbeiten. Am «Digital Economic Forum» am Dienstag in Zürich begrüsste Regierungsrätin Carmen Walker Späh diese Entwicklungen. Sie betonte, dass der Kanton die Ansiedlung sowohl von Global Playern als auch Start-ups unterstütze. Ein Beispiel sei die Förderung des Innovationsparks Dübendorf, ein anderes der Blockchain-Hub «Trust Square», der am Freitag eröffnet wird.
Die Vorsteherin der Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich sagte vor 180 Teilnehmern ausserdem, dass der Politik in Zeiten der digitalen Wirtschaft eine neue Rolle zukommt. Sie müsse die richtige Balance finden zwischen Innovationsförderung und -Regulierung. Walker Späh nannte als Negativbeispiel die Initiative des Genfer Grossrats Roger Deneys (SP), der eine Steuer von 10'000 Franken pro Selbstbedienungskasse im Detailhandel vorgeschlagen hatte. Mit der Abgabe wollte er die Arbeitsplätze der Kassierer retten. Als ein positives Signal wertete die Regierungsrätin die Anfang Jahr lancierte Task Force des Bundes zur Regulierung von Blockchain-Anwendungen, in der sie selbst mitarbeitet.

Schweiz attraktiver Gründer-Standort

Die liberale Einstellung der Schweizer Aufsichtsbehörden zur Blockchain-Technologie lobte Lukas Sieber. Er ist Executive Director North America der Greater Zurich Area. In dieser Funktion bekam er 2013 eine einzige Anfrage (von Ethereum) zur Ansiedlung eines Start-ups in der Schweiz. Im vergangenen Jahr seien es 140 Anfragen gewesen, sagte er. Dabei hätten zum Beispiel der Vorstoss der Stadt Zug zur Akzeptanz von Bitcoin für Verwaltungsgeschäfte geholfen, um die Schweiz bekannt zu machen.
Lukas Sieber von Greater Zurich Area wird überhäuft mit Anfragen zum Standort Schweiz
Quelle: computerworld.ch
Wie Sieber sagte, passe die Blockchain-Community mit ihren Werten gut zur Schweiz: Genau wie die Technologie stehe das Land für Eigenverantwortung und Mitbestimmung. Gegen eine Ansiedlung im Grossraum Zürich würden allerdings die hohen Steuern sprechen – verglichen mit Standorten wie Dublin oder Singapur.

Die Zukunft der Zürcher Bankberater

Matthias Plattner von der UBS war sich an dem Anlass sicher, dass er auch im nächsten Jahrzehnt noch Bankberater zu seinen Kollegen zählen kann. Sie würden in ihrer täglichen Arbeit dann aber unterstützt von Computertechnologie. Ein typischer Arbeitstag sieht nach seinen Worten in Zukunft wie folgt aus:
Schon vor dem Aufstehen kontrollieren die Computer automatisch alle Aktivitäten von Investments und Kundenportfolios während der vergangenen Nacht. Dann werden je nach Kundenpräferenz ebenfalls automatisch Statusmeldungen verschickt. Gibt es in einem Bereich Handlungsbedarf, setzt der Computer Gesprächstermine oder Telefonkonferenzen an. Wenn der Bankberater um 6:00 Uhr erwacht, ist der Terminkalender für den Tag schon aktualisiert. Anhand der Messwerte der Schlafsensoren hat die Küche bereits ein optimal ausgewogenes Frühstück zubereitet. Anschliessend wartet das selbstfahrende Auto vor der Tür. Es verweigert allerdings so lange die Abfahrt, bis die Hemden für die Reinigung im Kofferraum liegen.
Matthias Plattner von der UBS schilderte den Arbeitstag eines Bankberaters der Zukunft
Quelle: computerworld.ch
Den ersten Termin hat der Bankberater im Virtual-Reality-Labor: Dort besichtigt er einen entlegenen Ort, der für ein nachhaltiges Investment in Frage kommt. Danach werden Smart Contracts gezeichnet, um die Investitionen auf den Weg zu bringen. Mittags trifft er Freunde in einem Burger-Lokal. Das Fleisch stammt aus dem 3D-Drucker, die Beilagen von der Plantage auf der Dachterrasse des Lokals. Der Nachmittag besteht dann aus einem 15-minütigen Performance Review, einem einstündigen Briefing über lokale und globale Trends sowie Postings im Bank-internen Social Network wegen spezifischen Kundennachfragen. Ein Compliance-Update für alle Mandate beschliesst den Arbeitstag des Zürcher Bankberaters.
Mit dem Beispiel wollte Plattner verdeutlichen, wie wenig die digitale Technologie den Job eines Kundenberaters ersetzen kann. Die Tätigkeiten würden vom Computer hauptsächlich unterstützt – aber nicht übernommen. Über die Grenzen der Künstliche Intelligenz sagte er: «Die KI beherrscht heute erst so viel, wie ein Mensch in einer Sekunde denken kann.»

Dunkle Seite der Hochtechnologie

Über den Fluch der digitalen Technologie sprach Hans Ulrik Staehr am «Digital Economic Forum». Der CEO des Software-Anbieters MarketScape gewährte einen Einblick ins Darknet. Es bestehe zu circa 25 Prozent aus dem Handel mit Drogen und Fälschungen, zu rund 20 Prozent aus Kommunikation und (gutartigem) Whistleblowing, zu 15 Prozent aus Schwarzhandel und zu 10 Prozent aus Geschäften mit Missbrauch und Pornographie. Alle anderen Anteile lassen sich nicht in eine der Kategorien zuordnen.
Die Geschäfte im «dunklen» Teil des Internets profitierten von Krypto-Währungen, die anonyme Zahlungsflüsse ermöglichten. Wie Staehr sagte, könnten Cyber-Kriminelle ihre Waren und Dienstleistungen einem Kundenstamm von drei bis vier Millionen User offerieren. Dabei blieben im Idealfall sowohl Anbieter als auch Kunde anonym. Zuletzt im Juni 2017 sei es Strafverfolgungsbehörden gelungen, die Handelsplattformen «AlphaBay» und «Hansa» auszuheben. Dabei wurden mehrere hunderttausend illegale Produktangebote von zehntausenden Händlern vom Netz genommen. Staehr sagte, dass MarketScape eine Lösung anbietet, mit der zum Beispiel Versandunternehmen einen Einblick in die Aktivitäten im Darknet bekommen könnten. Denn die illegalen Waren werden oftmals per herkömmlicher Post verschickt. Diese Dienstleistungen sind in Zürich und der Schweiz teilweise schon durch Drohnen, Lieferroboter und die Kofferraumzustellung digitalisiert.



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