Change und Configuration Management im Zeichen von ITIL

Change und Configuration Management im Zeichen von ITIL

Für eine halbjährige Pilotphase wurden zunächst drei Applikationen ausgewählt, mit denen die Raiffeisen Informatik in unterschiedlichen Anwendungsbereichen Erfahrungen beim unternehmensweiten CCM sammeln wollte: Dialba als Eigenentwicklung mit 4GL-Werkzeugen, eine Middleware-Lösung mit Java auf Basis von Websphere als Beispiel für die Eigenentwicklung mit modernen Technologien sowie eine Lösung für Telebanking, als Beispiel für eine eingekaufte Applikation, die von der Raiffeisen Informatik nur angepasst und konfiguriert wurde. Dabei wurden sukzessive alle Elemente der Programme - Source-Files, Konfigurationen, Parametrisierungen, aber auch fertige EXE-Files - in Dimensions abgelegt, anstatt in einem File-System. "Aus diesen Elementen können wir aus Dimensions lauffähige Programme herstellen" erläutert Alder. "Dabei können wir nun jederzeit beliebige Releases, beispielsweise von Dialba, generieren." Mit dem blossen Speichern von Dateien in Dimensions ist es jedoch nicht getan: "Wichtig ist es, die Zusammenhänge zwischen den Elementen herzustellen und auch das gesamte Team mit dieser neuen Arbeit vertraut zu machen", führt Alder weiter aus. Auf dieser Grundlage organisierte die Raiffeisen Informatik nun ihre Entwicklungsarbeit neu: es gibt jetzt keine Software-Änderungen mehr, ohne einen entsprechenden Änderungsantrag, und jede Aktion muss über das Repository von Dimensions laufen. Auch die Konfigurationselemente werden mit Änderungsdokumenten verknüpft.
Nach der erfolgreichen Pilotphase wurden während eines Jahres nach und nach zunächst etwa 25 wichtige Applikationen in das Änderungs-management übernommen. Für fünf von diesen wurde dabei auch das komplette Configuration Management eingeführt. Für die restlichen Anwendungen war ein Configuration Management nicht notwendig, andere liessen sich nicht integrieren, so beispielsweise einige Applikationen auf Basis der geschlossenen Entwicklungsumgebungen von Natural/Adabas, weil hier überhaupt keine Files verfügbar sind, die in das Dimensions-System übernommen werden könnten. Für diese Applikationen wird nur ein Änderungsmanagement vorgenommen. Bis Ende 2005 werden bei der Raiffeisen Informatik rund 80 Prozent der gesamten Software mit Serena Dimensions verwaltet, beim Rest hält die Raiffeisen Informatik den Einsatz von CCM für nicht erforderlich.

IT Service Management

Noch während des CCM-Projekts wurden für die Raiffeisen Informatikneue Gesichtspunkte wichtig, die den Fokus verschoben. "Bis Mitte 2004 ging es uns beim Change und Configuration Management nur um die Software", erklärt Alder. "Mit der zunehmenden Bedeutung von ITIL wurde es notwendig, auch Änderungen im IT-Betrieb mit einzubeziehen."
Tatsächlich nehmen die laufend vorgenommenen Veränderungen im IT-Betrieb bei der Raiffeisen Informatik mittlerweile einen so grossen Umfang ein, dass er ein professionelles Management auch dieses Bereichs erforderlich macht. Gleich, ob es sich um neue Hardware, um Aufrüstungen, andere Netzwerkeinstellungen, zusätzliche Middleware, die Neukonfiguration von Servern oder um Änderungen der Software auf diesen Servern handelt: Die Auswirkungen solcher Massnahmen können gravierend sein und den IT-Betrieb nicht weniger tangieren als beispielsweise Änderungen in einer Applikation. Die dauerhafte Aufrechterhaltung des IT-Betriebs, ein Ziel das in ITIL (IT Infrastructure Library) standardisiert wurde, wird so zu einem wichtigen Aspekt auch des Änderungsmanagements. "Wir haben daher ein neues Projekt für das ITServiceManagement aufgesetzt, in dem wir alle diese Aspekte berücksichtigen", führt Alder aus. "Wir setzen auch für diesen Bereich Dimensions ein; das Werkzeug deckt die notwendigen Funktionen ab und es wäre nicht sinnvoll gewesen, für das ITServiceManagement ein separates Produkt einzusetzen."
Auf dieser Grundlage hat Raiffeisen Informatik klare Strukturen und Prozesse definiert. Wie in der Softwareentwicklung passiert auch im IT-Betrieb nichts ohne Änderungsantrag: soll zum Beispiel eine neue Software auf einem Server installiert werden, so muss ein entsprechendes Bewilligungsverfahren eingeleitet werden, in dessen Verlauf geprüft wird, ob es Auswirkungen auf andere Systeme geben kann, ob die Ressourcen ausreichen usw. Gleichzeitig werden alle Vorgänge lückenlos dokumentiert, so dass man später rekonstruieren kann, wer aus welchem Grund welche Massnahmen getroffen hat.
So hat das Projektteam nach dem erfolgreichen Abschluss des Projekts "CCM in der Softwareentwicklung" mit dem Projekt "IT Service Management" gleich eine neue Aufgabe übernommen. "Die grundsätzliche Aufgabenstellung ist die gleiche", sagt Alder. "Nur unsere 'Kunden' haben gewechselt, denn anstelle der Softwareentwickler sprechen wir jetzt die Mitarbeiter des IT-Betriebs an." Eine weitere Expansion des Themas zeichnet sich schon ab: Mittelfristig sollen auch die Änderungen an den eigentlichen Bankprozessen, also beispielsweise die Arbeitsabläufe für den Zahlungverkehr oder die Richtlinien für die Kreditvergabe, in das Change und Configuration Management einbezogen werden.
Der Autor: Rainer Doh ist Autor in München.
Rainer Doh



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