IT-Betrieb in Zeiten von Corona

Neon ringt mit starkem Kundenzuwachs 

An die Vorgaben des Bundes konnte sich die Zürcher Smartphone-Bank Neon verhältnismässig schnell anpassen. Denn gemäss dem CTO und Co-Gründer Simon Youssef ist für diese im Gegensatz zu Grossbanken die Selbstregulierung der Bankiervereinigung zum Thema BCM aus dem Jahr 2013 nicht verbindlich. «Sie ist für uns schlicht nicht anwendbar», erklärt er. Anders als die traditionellen Banken sei Neon auch nicht auf die Präsenz von Mitarbeitenden vor Ort angewiesen. «Als Cloud-natives Unternehmen mit drei Standorten (Anm. d. Red.: Zürich, München und Belgrad) sind wir komplett auf die Fernarbeit eingestellt.» 
Da Neon keine Stand-alone-Bank, sondern im Hintergrund von der Hypothekarbank Lenzburg abhängig ist, ringt das Start-up hier dennoch mit Einschränkungen. Immerhin sind die Herausforderungen mit positiven Entwicklungen verbunden: Youssef sieht seit dem Shutdown einen starken Kundenzuwachs. «Viele Leute merken wohl, dass sie Bankfilialen sowieso nicht brauchen und mit unserer App dasselbe machen können.» Bei der Bewältigung des Ansturms ist Neon auf die Hypi Lenzburg angewiesen, welche die Kundenanfragen abwickelt. «Wir mussten deshalb die Kommunikation und die Prozesse von unserer Seite her massiv verbessern», sagt der Neon-CTO. Zudem würden sich die Anfragen sammeln, da man diese aufgrund der strengen Vorgaben bei den Customer-Service-Mitarbeitenden nicht schnell genug abgearbeitet bekomme. 
Auch bei der Neobank führt die gegenwärtige Lage zu Verzögerungen bei Projekten. Aktuell befindet sich das Online-Onboarding von Neukunden etwa in der letzten Testphase. Mitte Mai will Neon damit durchstarten. «Eigentlich hätte das aber schon vier Wochen früher kommen sollen», sagt Youssef. Zudem habe man den Relaunch der haus­eigenen App, an dem das Start-up schon seit einer Weile arbeitet, um rund einen Monat nach hinten verschieben müssen. «Am Ende sind wir ein kleines Team und wenn wir uns mit zusätzlichen Themen wie Corona befassen, bleibt anderes liegen.» Der Co-Gründer zeigt sich allerdings optimistisch, dass sich der Zeitplan bis Juni wieder aufholen lässt. 

Home Office als Gefahr für die Firmenkultur

Abgesehen von der operativen Perspektive sieht Youssef das grösste Corona-bezogene Risiko beim möglichen Ausfall von Schlüsselpersonen mit Fachwissen, das nur in wenigen Köpfen vorhanden ist. «Es gab Themen, die nur von zwei Leuten bearbeitet wurden. Wenn da jemand wegen Covid-19 ausfällt, dann kommt man schnell ins Schwitzen», sagt der Technikchef. Deshalb vergrösserte man etwa Fach- und Thementeams oder dokumentierte noch mehr als zuvor. 
“Fernarbeit ist eine Zeit lang möglich, ganz ohne Präsenz wird es aber irgendwann schwierig„
Simon Youssef, Neon
Wie der CTO erzählt, bereiten ihm nicht zuletzt die Auswirkungen der Fernarbeit auf die Firmenkultur schlaflose Nächte. Denn auch im Normalzustand arbeitet Neon mit einem Remote- und einem Onsiteteam. Um die beiden Gruppen näher zusammenzuführen, verbringen sie gemäss Youssef einmal pro Quartal eine ganze Woche miteinander. «So wollen wir eine gemeinsame Kultur und ein starkes Wir-Gefühl fördern.» Das letzte Meeting habe im März statt­gefunden, das vom Juni sei bereits abgesagt. Der Co-Gründer zeigt sich deshalb besorgt, dass der Team­zusammenhalt darunter leiden könnte. «Fernarbeit ist eine Zeit lang möglich, ganz ohne Präsenz wird es aber irgendwann schwierig», lautet sein Fazit. 
Und auch der lockere Schwatz beim Kaffeetrinken fehle ihm. Stattdessen beschränke sich die Kommunikation auf sachbezogene Calls. «Meine Empfehlung ist deshalb, regelmässig bei sämt­lichen Teammitgliedern nachzufragen, wie es ihnen geht und woran sie gerade arbeiten. Selbst wenn dies das Team inhaltlich nicht immer voranbringt, geben wir damit ein starkes Signal, dass wir uns um unsere Leute kümmern», rät Youssef. 



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