Meeting IG SAP CH 23.09.2021, 11:00 Uhr

SAP hat offenes Ohr für Schweizer Kunden

An einem Meeting der Interessengemeinschaft SAP Schweiz stellten sich Vertreter des ERP-Herstellers der Kritik von Schweizer Anwenderunternehmen.
Initiator Peter Hartmann konnte am Anlass der IG SAP über 100 Gäste persönlich begrüssen
(Quelle: computerworld.ch)
Der ERP-Anbieter SAP zählt viele Schweizer Grosskonzerne und Mittelständler zu seinen Kunden. Die meisten SAP-Verantwortlichen auf der Kundenseite sind mit dem Einsatz der Geschäftsanwendungen zufrieden. Die Software ist an das Geschäft adaptiert, hoch integriert, für die jeweiligen Einsatzszenarien optimiert und läuft stabil. So setzen ebenfalls die meisten Firmen auf eine Lösung, die seit Jahrzehnten in Betrieb ist. Die Software aus der Zeit des Client-Server-Computing ist herkömmlich lizenziert und wird in vielen Fällen im lokalen Rechenzentrum betrieben.
Bei SAP und der übrigen Software-Industrie hat sich zwischenzeitlich viel getan. Eine neue Version des weltweit führenden ERP-Systems ist seit 2015 auf dem Markt. Sie ist in vielen Belangen eine Weiterentwicklung der bisherigen Lösung. In ebenfalls vielen Belangen ist S/4Hana eine komplette Neuentwicklung. So setzt das System eine SAP-eigene Datenbank voraus, bietet In-Memory-Verarbeitung und integriert diverse Funktionalitäten, für die früher eine eigene Software beschafft werden musste. Ausserdem ist S/4Hana sowohl für On-Premises-Setups als auch im Abonnent verfügbar. Software zur Miete verspricht wiederkehrende Einnahmen für den Anbieter – insbesondere bei geschäftskritischen Systemen. Allerdings begibt sich der Kunde in eine höhere Abhängigkeit, wenn er die Software nicht selbst betreibt und wartet.

Kritik der Schweizer SAP-User

Kein Schweizer SAP-Anwender ist wie der andere. Die einen haben ein ERPs, die anderen Dutzende. Die Dritten haben den Wechsel auf S/4Hana schon geschafft, die vierten wollen nichts ändern an ihrem bewährten System. Die «Interessengemeinschaft SAP Schweiz» (IG SAP CH) zählt unterdessen 115 Mitglieder. Vor Corona waren es noch unter 100. Mit einem Zertifikat dürfen sie sich nun auch wieder persönlich treffen. Eine Mitgliederversammlung fand Mitte Monat in Zürich statt. Unter den mehr als 100 Teilnehmern waren rund 95 SAP-Kunden, sagte IG-SAP-Sprecher Peter Hartmann der Computerworld.
Die Anwenderunternehmen hatten sich – wie eingangs erwähnt – in einer Mitgliederumfrage der IG SAP mehrheitlich zufrieden mit ihrer Software geäussert. Allerdings übten sie auch Kritik: 53 Prozent waren unzufrieden mit der Partnerschaft mit SAP respektive ihrem SAP-Partner, 71 Prozent bewerten das Preis/Leistungsverhältnis der Wartung von SAP respektive ihrem ERP-Partner als «gerade noch OK». Für 85 Prozent waren die Lizenzkosten zu hoch und für 97 Prozent ist die Produktstrategie von SAP wenig bis nicht belastbar.
An dem Anlass nutzten Referenten von SAP die Gelegenheit, sich mit der Kritik der Kunden auseinanderzusetzen. Thomas Spandl, Senior Vice President Customer Engagement & Experience, und Sabrina Storck, COO von SAP Schweiz, führten aus, wie der Anbieter zukünftig die Anwender adressieren will.

Kundennutzen, Migrationshilfen, Wahlfreiheit

SAP ist in den vergangenen Jahren auch durch viele Zukäufe stark gewachsen. Die Kunden können neu auch Lösungen für Dienstreisen (Concur), Einkauf (Ariba) und HR (Success Factors) von den Deutschen beziehen. Allerdings standen die Plattformen bis anhin für sich alleine und mussten auch separat lizensiert werden. Von den Kunden hagelte es Kritik, die SAP durchaus nicht überhört hat. «Wir haben die kompletten PS auf der Integration», berichtete Spandl. Das Vorbild sei das heutige ECC, bei dem sämtliche Business-Funktionalität integriert ist. Weiter arbeite der Hersteller «massiv» an der Vereinfachung der Preisliste, die wegen der vielen Einsatzszenarien und Zukäufe mittlerweile sehr komplex geworden sei, wie er gestand.

Geschäftsnutzen als Messgrösse

Die Kunden sollen sich aber in Zukunft weniger um Preislisten und die Produktauswahl kümmern müssen, versprach der Manager. «SAP lässt sich nicht mehr an den Bookings messen, sondern am Business Outcome für den Kunden», doppelte er nach. Die hauseigene Qualtrics-Lösung soll dafür permanent den Net Promoter Score messen. Die Umstellung bei SAP habe bereits begonnen und solle bis 2023 abgeschlossen sein.
Bis anhin entstanden in Migrationsszenarien für die Kunden häufig doppelte Kosten, weil die bisherige Lösung weiter betrieben werden musste, während die neuen Systeme aufgebaut und die Daten eingespielt wurden. Diese Herausforderung wolle SAP adäquat adressieren, sagte Spandl. Künftig könne es Szenarien geben, in denen die Wartungskosten sinken, wenn parallel die Lizenzen für Cloud hochgefahren werden. Konkrete Angebote werde der SAP-Vorstand noch in diesem Jahr unterbreiten, kündigte der Manager an.

Wahlfreiheit ja und nein

Spandls Schweizer Kollegin Sabrina Storck adressierte in ihrem Referat die Vorbehalte der einheimischen Kunden gegen die Cloud. «Wer S/4Hana On-Premises betreiben will, kann das selbstverständlich tun. Genau so willkommen sind Kunden, die S/4Hana aus der Cloud beziehen will», sagte die COO von SAP Schweiz. Damit wollte sie dem manchenorts kolportierten Eindruck entgegenwirken, SAP spreche nur und ausschliesslich noch von der Cloud.
Die Wahlfreiheit bei der Betriebsplattform mag vorhanden sein. Bei der Datenbank kommen wechselwillige Kunden hingegen nicht um SAP-Technologie umhin. Die Hana-Datenbank ist die obligatorische Grundlage für S/4, führte Markus Schütz, Vorstand beim SAP-Berater AddOn, an dem Anlass aus. Sein Tipp für alle Unternehmen mit Migrationsplänen lautete deshalb: «Starten Sie mit der Hana-Datenbank, damit sich die Administratoren und Entwickler schon mit der neuen Technologie auseinandersetzen können.»



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