27.07.2007, 08:32 Uhr

Mehr als nur E-Mail

Beim Zürcher Hosting-Anbieter Novanet machten Viren und Spam dem E-Mail-Server derart zu schaffen, dass eine Ablösung unumgänglich war. Novanet-COO Rolf Meyer kam dabei zum Schluss: «Es muss nicht immer Exchange sein.»
Redundant ausgelegte Server sorgen bei Novanet für eine hohe Verfügbarkeit des Mailservers.
Georg von der Howen ist freier Autor in München.
Auch wenn die Begriffe «Software as a Service» (Saas) oder «On Demand Software» erst seit kurzem als Trendwörter durch die IT-Branche geistern: Die Idee ist eigentlich gar nicht so neu. Denn klassische Webhoster übernehmen typischerweise auch den Betrieb von E-Mail-Servern und stellen diese ihren Kunden zur Nutzung mit einem Client oder über eine Webschnittstelle zur Verfügung.
So auch Novanet Internet Consulting mit Hauptsitz in Zürich, die seit gut zehn Jahren professionelle Hosting-Services in einem bankenzertifizierten Rechenzentrum anbietet. In den letzten Jahren fokussierte sich das Unternehmen überdies verstärkt auf den Betrieb von Dienstleistungen im Saas-Bereich. Zudem bietet Novanet Softwarehäusern eine Plattform an, auf der diese ihre Applikationen ihren Kunden als Dienst via Webbrowser zur Verfügung -stellen können.
Während E-Mail also zu den Standardprodukten von Hosting-Anbietern gehört, bereitete jedoch genau dieser Service dem Team um Rolf Meyer, Chief Operating Officer von Novanet, zunehmend Kopfschmerzen. Denn insbesondere der stetig wachsenden Flut von Viren und Spam-Mails wurde der eingesetzte IMail-Server von Ipswitch nicht mehr Herr. Daher begann Novanet, sich nach alternativen Lösungen umzusehen. Die Vorgaben für den neuen E-Mail-Server waren dabei klar definiert: Das System sollte alle üblichen E-Mail-Funktionen mit starkem Schutz vor Viren und Spam kombinieren. Gleichzeitig legte man Wert auf Groupware-Funktionen wie gemeinsame Kalender, Aufgabenlisten, Kontakte und die Verwaltung von Notizen. Ebenfalls unverzichtbar waren für den Zürcher IT-Dienstleister eine benutzerfreundliche Oberfläche des Clients, Unterstützung von Push-E-Mail auf mobile Endgeräte, der auto-matische Abgleich des Mailservers mit -Microsoft Outlook und dem Mac-OS-Pendant Entourage. Und als Saas-Anbieter legte Novanet besonders grossen Wert auf eine gute Bedienbarkeit des Mailservers über einen Webbrowser sowie auf geringe Kosten bei Anschaffung und Betrieb. Da Schweizer E-Mail-Provider sämtliche E-Mails sechs Monate lang archivieren müssen, stand schliesslich auch eine entsprechende Archivierungsfunktion auf der Wunschliste.

Die Qual der Wahl

Der Markt für E-Mail- und Groupware-Server ist in den letzten Jahren sehr undurchsichtig geworden. Entsprechend aufwändig gestaltete sich die Evaluierungsphase, bei der zu Anfang gut 50 Produkte zur Auswahl standen. Nach rund einem Monat konnte der technische Leiter, Raymond Grossert, die Liste auf Microsoft Exchange sowie den Kerio Mailserver reduzieren.
«Letztlich haben wir uns dann für das Produkt von Kerio entschieden, da es bei den Kosten für Beschaffung und Betrieb sehr günstig ist und deutlich unter Exchange liegt sowie bei vergleichbaren Features eine bessere Performance bietet», erinnert sich Rolf Meyer. «Zudem war es für uns als Saas-Provider wichtig, nicht als ein weiterer Hosted-Exchange-Anbieter aufzutreten, sondern auch gegenüber den Produkten grosser Anbieter wie Bluewin konkurrenzfähig zu sein.»
Bei der Einführung mussten die Techniker zunächst die E-Mail-Konten vom IMail-Server zum Kerio Mailserver migrieren. Hier entschlossen sich die Spezialisten für den Einsatz der sogenannten «POP3-Pumpe» des neuen Groupware-Servers. Deren Aufgabe ist es eigentlich, in periodischen Abständen POP3-Postfächer bei anderen E-Mail-Anbietern wie GMX oder Google auf E-Mails zu prüfen, diese dort abzuholen und im Postfach des Benutzers zu konsolidieren. Diese Funktion machte sich Novanet zu Nutze, um E-Mails vom eigenen, alten IMail-Server abzuholen und auf dem neuen Mailserver zu speichern. Die Kunden mussten dann lediglich die Zugangsdaten für ihren Mailserver in ihrem Client ändern, sofern sie nicht die Webschnittstelle des neuen Servers nutzten. Für die Installation und Konfiguration des neuen Mailservers benötigte Novanet lediglich einige Stunden. Die Migration der rund 400 Kunden nahm je nach Anzahl der Postfächer zwischen einigen Minuten und maximal zwei Stunden in Anspruch.

Knackpunkt: Vergessene Passwörter

Während der Umzug der Postfächer von Server zu Server glatt verlief, traten auf Benutzerseite in der Praxis die meisten Schwierigkeiten auf. So hatten viele Anwender beispielsweise ihr Passwort für das alte POP3-Postfach einmal in ihrem Outlook hinterlegt - und dann vergessen. In diesen Fällen musste Novanet das Passwort zurücksetzen, um mit der POP3-Pumpe auf das Postfach zugreifen zu können. Ein weiteres Problem trat zudem bei Kunden auf, die Microsoft Outlook zusammen mit dem Outlook-Konnektor von Kerio über sehr langsame DSL-Anschlüsse nutzten. Denn beim Versand einer grossen E-Mail verschwand diese nicht wie bisher beim POP3-Konto nach einem Mausklick auf den «Senden»-Knopf in der lokalen Warteschlange, sondern Outlook zeigte jetzt einen Fortschrittsbalken über den Sendestatus an. Bei mehreren MByte grossen E-Mails und einem Upstream von 50 KBit/s konnte dies schon mehrere Minuten dauern. Hier half letztlich die Aufklärung der Benutzer darüber, dass dies lediglich eine andere Darstellungsweise des Mailversands ist. Dafür ist aber nun sichergestellt, dass die E-Mail auch auf dem Server von Novanet ankommt und von dort aus weitergesendet wird.

Die Sicherheit im Fokus

Da E-Mail als Kommunikationsmittel heute unverzichtbar ist, legen die Nutzer besonderen Wert auf die hohe Verfügbarkeit des Mediums. Um hier einen unterbrechungsfreien Betrieb zu gewährleisten, betreibt Novanet ihren neuen Mailserver unter einem Windows Server 2003 in einer virtuellen Maschine der Virtualisierungssoftware ESX-Server von VMWare. Diese wiederum läuft auf einem 3950-Server der X-Series von IBM, der über Fibre-Channel an ein SAN angebunden ist. Ein zweiter physikalischer Server mit dem ESX-Server ist dabei in der Lage, im laufenden Betrieb den Mailserver vom ursprünglichen Rechner zu übernehmen, falls dort Wartungsarbeiten notwendig werden.
Für die Benutzer bedeutet dies, dass ihre E-Mails dadurch so gut wie jederzeit zur Verfügung stehen. Das kann auch Rolf Meyer bestätigen: «Die meisten Probleme in punkto Verfügbarkeit machen in der Praxis die ADSL-Leitungen unserer Kunden ins Internet.»
Vor Viren in E-Mails schützt jetzt der im Groupware-Server integrierte Virenscanner von McAfee. Der Spam-Flut stellen sich insgesamt 14 verschiedene Funktionen des Mailservers entgegen, zu denen auch der integrierte Spamassassin sowie Unterstützung des Sender Policy Frameworks (SPF) und von Microsoft Caller ID gehören.

Vorteil: Tiefere Betriebskosten

Aus knapp 400 Postfächern (Stand vor einem Jahr) sind bei Novanet inzwischen mehr als 700 geworden. Dies führt Rolf Meyer auf mehrere Faktoren zurück: «Einerseits ist die Zufriedenheit der Benutzer gestiegen. Denn Spam und Viren sind seit der Migration kein Thema mehr. Zudem können wir durch günstige Beschaffungs- und Betriebskosten eine komplette Groupware-Lösung inklusive gemeinsamen Adressbüchern, Kalendern und Kontaktfunktionen bereits ab fünf Franken pro Monat und Benutzer anbieten. Damit liegen wir zwischen 30 und 50 Prozent unter den Preisen grosser Exchange-Anbieter.»
Doch während die Kosten natürlich für die meisten Benutzer eine wichtige Rolle spielen, sind es oft die kleinen Dinge, die die Anwender besonders schätzen - sei es die Unterstützung von iCal und iMail unter Mac OS X, Push-Mail auf quasi allen Endgeräten - oder einfach die Tatsache, dass alle E-Mails auf einem -sicheren Server liegen - und zwar in der Schweiz.
Zur Person

Rolf Meyer

Rolf Meyer ist seit acht Jahren bei Novanet Internet Consulting als Chief Operating Officer in der Geschäftsleitung tätig. Der 51-Jährige hat Maschinenbau an der Zürcher Hochschule Winterthur studiert, bevor er 1984 in die IT-Branche wechselte und zwölf Jahre bei IBM zunächst als System Engineer und später im Vertrieb tätig war. Dort betreute er zuletzt unter anderem das Partnerprogramm im AIX-Bereich. Über verschiedene Führungspositionen bei Tandem und NCR fand Rolf Meyer seinen Weg zu Novanet, bei der er auch für das Partnergeschäft verantwortlich zeichnet.
Claudia Bardola, Georg von der Howen



Das könnte Sie auch interessieren