03.12.2007, 09:08 Uhr

Die Steuerleute des Recycling

Der Branchenverband SWICO, als Anwalt der IT-Branche, sorgt dafür, dass das Recycling von IT-Schrott effizient und harmonisch abläuft und die Gebühren so tief wie möglich bleiben. So wurde die Schweiz zum Recycling-Weltmeister. Swico-Geschäftsführer Paul Brändli über das Erfolgsrezept.
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Obwohl die Mitgliedsunternehmen des IT-Branchenverbands SWICO in den Jahren 2000 bis 2006 in der Schweiz rund 17 Prozent mehr Geräte verkauft haben, ging in diesem Zeitraum der Energieverbrauch um 4,8 Prozent zurück.
Der Schweizer Wirtschaftsverband der Informations-, Kommunikations- und Organisationstechnik (SWICO) vertritt heute die Interessen von rund 400 Unternehmen aus der Informatikbranche. Diese Mitglieder beschäftigten im letzten Jahr zusammen mehr als 34000 Mitarbeiter und erwirtschafteten 2006 einen Umsatz von rund 19 Milliarden Franken.

Computerworld: Herr Brändli. Wofür setzt sich der SWICO ein?


Paul Brändli: Unser Verband setzt überall dort, wo hausgemachte Lösungen für einzelne ICT-Unternehmen zu teuer sind, Schwerpunkte. Klassische Aufgaben umfassen etwa die Themenbereiche IT-Verträge, das Entsorgungskonzept SWICO Recycling Garantie und das Urheberrecht. Ausserdem vertreten wir unsere 400 Mitglieder bei allen die Branche betreffenden politischen Themen. Bei Vernehmlassungen stehen wir dazu in direktem Kontakt mit den Departementen und Bundesämtern.

Wo steht die Schweiz aktuell beim Recycling von Elektroschrott, speziell aus der IT-Branche?

2007 werden rund 48000 Tonnen Altgeräte wiederverwertet. Dabei beträgt die Recyclingquote mehr als 95 Prozent, was rund 43000 Tonnen Altmaterial entspricht. Das grösste Problem besteht dabei heute im Recycling schadstoffhaltiger Kunststoffe. Diese müssen, weil sie teilweise auch bromhaltige Flammhemmer enthalten, grösstenteils thermisch verwertet werden. Und das ist sehr kostspielig.
Innovative Schweizer Recyclingfirmen sind aber dabei, neue Verfahren zu entwickeln, die bereits erste Früchte tragen. In der Schweiz entstehen durch die teilweise Verbrennung und die Schadstoffentfrachtung zusätzliche Kosten. Wir selber haben eine Studie in Auftrag gegeben, die diesbezüglich kontrollierte und machbare Verfahren untersucht. Bezahlt werden derartige Anlagen aber nicht von uns. Die Recyclingunternehmen müssen selbst in diese Entwicklung investieren. Sie werden von uns aber insofern gefördert, als wir über die vRG (vorgezogene Recyclinggebühr) den Unternehmen einen angemessenen Preis für die Altgeräte-Entsorgung bezahlen.

Wie kommt diese Gebühr genau zustande?

Die Importeure müssen für jedes von ihnen verkaufte Gerät eine Gebühr an SWICO Recycling Garantie bezahlen. Dieselbe Gebühr bezahlen die Konsumenten beim Kauf eines Geräts an den jeweiligen Importeur zurück. Die vRG wird also vom Kunden bezahlt.

Wie hoch sind die Gebühren aus den einzelnen IT-relevanten Produktekategorien?

Der IT-Bereich macht rund 49 Prozent unseres Ertrages und ebenfalls 49 Prozent unserer Kosten aus. Diese Gelder werden für folgende Aufgaben verwendet: Entsorgung von Verpackungen, Verbrauchsmaterial, Hardware und Batterien, Betrieb der Abgabestellen, Logistik. Dazu kommt die technische Kontrolle der Recyclingfirmen durch die EMPA (Eidgenössische Materialprüfungs-Anstalt), die dafür sorgt, dass die Produkte umweltgerecht und gesetzeskonform entsorgt werden. Auch bezahlen wir die Finanzkontrolle durch Ernst & Young und unsere Administration (2,6 Prozent des Gesamtaufwandes). Zudem existiert ein Sicherheitsfonds, der einen sechsmonatigen Betrieb des Recyclingsystems garantiert.

Die vRG-Gebühren werden ab Januar 2008 gesenkt. Weshalb?

Die vRG deckt die Kosten des SWICO zu hundert Prozent. Die Reduktion ist wegen eines erzielten Überschusses, tieferer Recyclingkosten, steigender Preise für die wiedergewonnenen Rohstoffe und aufgrund der Effizienzsteigerung durch die technische Entwicklung bei Reyclingprozessen möglich. Die Gebührensenkung dient einzig dem Konsumenten. Weder die IT-Branche noch der Verband profitieren davon.

Wie viel Geld investiert der SWICO in die Forschung?

Wir haben beispielsweise eine Studie zur Kondensatoren-PCB-Verwertung und eine Analyse der CO2- sowie eine der Kunststoffverwertung in Auftrag gegeben. Diese haben auch zum Ziel, einfachere und umweltfreundliche Prozesse zu initiieren. Mit der EMPA besteht ausserdem eine wissenschaftliche Zusammenarbeit. Zudem bringen wir unser Know-how immer wieder bei Fachveranstaltungen ein.
Weitere Informationen

Gesetze, Verordnungen, Vorschriften, Kontrollen

Die RoHS (Restriction of the Use of certain hazardous substances in electrical and electronic equipment) und die WEEE (Waste Electrical and Electronic Equipment) sind europäische Vorschriften, die weitgehend auch in der Schweiz gelten.
Im hiesigen Chemikalienrecht, insbesondere in der ChemRRV (Chemikalien-Risikoreduktions-Verord-nung) werden die RoHS-Anforderungen über den Umgang mit gefährlichen Stoffen wie Blei, Quecksilber, Cadmium, sechswertigem Chrom sowie poly-bromierten Bi- und Diphenylen in Elektrogeräten umgesetzt.
Die WEEE-Richtlinie regelt den Aufbau von Entsorgungs- und Recyclingsystemen für E-Schrott, definiert europaweite Zielvorgaben und legt die Anforderungen an die Behandlung der Altgeräte fest. Die Schweiz übertrifft diese Zielvorgaben bereits heute in allen wichtigen Bereichen. So lag beispielsweise bereits die Sammelquote 2006 mit 13,1 Kilogramm Elektroschrott pro Einwohner und Jahr dreimal höher als die EU-Vorgabe. 2007 dürfte die Quote in der Schweiz noch höher liegen.
Die strengen Schweizer Anforderungen an die Entsorgung von Altgeräten gibt das Bundesamt für Umwelt (BafU) vor. Zuständige Fachstellen der Kantone und technische Kontrollstellen formulieren hierzulande die Entsorgungsanforderungen und bestimmen die dafür nötigen Berichtssyteme. Ihre Kontrollexperten lizenzieren die Recycling-Unternehmen.
Für den Branchenverband SWICO übernimmt diese Aufgabe die EMPA (Eidgenössische Material-prüfungs-Anstalt). Bereits seit 15 Jahren werden in der Schweiz die Recyclingbetriebe regelmässig kontrolliert, um die strikte Umsetzung der Anforderungen sicherzustellen.
Volker Richert, Marco Bischof



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