«Es gibt teils Anreize für eine maximale Medizin»

Digitalisierung bei der CSS

CW: Was bedeutet Digitalisierung für das Geschäft der CSS Versicherung?
Chiesa Tanner: In der CSS unterscheiden wir mehrere Bereiche der Digitalisierung. Einerseits sind wir bei den Abrechnungen schon seit Jahren digital unterwegs. Ohne die Digitalisierung könnten wir unser Geschäft nicht so schnell und perfekt abwickeln. Dabei bilden unsere Server und IT-Struktur quasi das Rückgrat unseres Unternehmens. Wir sprechen in diesem Zusammenhang allerdings eher von der Automatisierung des Tages­geschäfts, denn von Digitalisierung. Mit den neueren Entwicklungen zum Beispiel im Bereich von Analytics oder dem Machine Learning können wir in Zukunft sicher noch einen Schritt weitergehen. Den eigentlichen Kern der Digitalisierung verorten wir bei der Kundenbeziehung. Wir haben hier schon viel investiert. Wir müssen uns jedoch noch stärker an den Bedürfnissen unserer Kunden orientieren. Die Digitalisierung bedeutet allerdings nicht, dass wir uns ausschliesslich auf die elektronischen Kanäle beschränken, sondern dass wir neben dem persönlichen Gespräch und dem Telefon auch zusätzliche Kontaktarten anbieten. Der Kunde entscheidet, wie er mit der CSS kommunizieren will. Diesen Erwartungen müssen wir gerecht werden, um den Versicherten schnell und umfassend zu betreuen.
CW: Wollen die Kunden tatsächlich über alle möglichen Kanäle mit einer Krankenversicherung kommunizieren?
Chiesa Tanner: Die neuen Kanäle werden von den Kunden sehr gut angenommen. So wird die Kommunikation über das elektronische Kundenportal oder über die CSS-App immer beliebter. Das klassische Gespräch am Telefon wird seine Bedeutung aber nicht verlieren, genau wie der physische Kontakt – der noch immer einen Mehrwert bietet. Ein Ziel der Kanalvielfalt ist allerdings auch, einen Effizienz-gewinn zu erzielen – auf beiden Seiten. Für eine kurze Anfrage nach einer Rechnungsgutschrift genügt eine E-Mail oder in Zukunft ein Chatbot. Dagegen eignet sich bei der Versicherungsberatung für ein Neugeborenes sicherlich auch weiterhin das persönliche Gespräch am besten. Hier sehe ich eine Parallele zum Gesundheitswesen: Einfache Abläufe – wie die Kontrolle bestimmter Werte bei chronisch Kranken – können digital unterstützt werden. So hat der Arzt auch mehr Zeit für die komplizierten Fälle, bei denen eine persönliche Konsultation notwendig ist.
CW: Der Schutz der Gesundheitsdaten steht an erster Stelle. Das bremst manche Digitalisierung aus. Sind die Patienten wirklich so heikel mit ihren Daten?
Chiesa Tanner: Wir müssen als Krankenversicherer sehr achtsam mit Daten umgehen, das ist unser Kerngeschäft. Unser Ziel ist, eine Vertrauensbasis mit unseren Kunden aufzubauen. Nur wenn diese Basis stimmt, werden die Patienten auch bereit sein, zusätzliche Gesundheitsdaten mit ihrem Versicherungsunternehmen zu teilen. Grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass die Zurückhaltung bei den Patientendaten eher von den Leistungs­erbringern gelebt wird als von den Patienten selbst. Meiner Erfahrung nach sind unsere Kunden durchaus bereit, ihrer Versicherung einen Einblick zu gewähren. Wichtig ist: Wir als Versicherer müssen klar ausweisen, welche Daten wir zu welchem Zweck verarbeiten und was der Kunde im Gegenzug dafür erhält. Dabei geniesst der Datenschutz immer die höchste Priorität.
CW: Wie ich in Gesundheitsforen sehe, veröffentlichen Patienten durchaus ihre persönlichen Daten, wenn sie eine Chance auf Heilung oder Linderung sehen.
Chiesa Tanner: Das stimmt. Für die eigene Gesundheit scheint oftmals kein Weg zu weit zu sein. Wir als Versicherer empfehlen allerdings bei komplexen Krankheitsbildern nicht den Gang ins Internet, sondern eine persönliche Patientenbegleitung. Voraussetzung ist hier das Offenlegen der Daten per Unterschrift, sodass wir den Patienten auch im Arztgespräch und während der Behandlung begleiten können. In diesen Fällen sind die Betroffenen froh, wenn sie zusätzliche Unterstützung erhalten. Wir klären mit dem Patienten, wer auf welche Daten Zugriff erhalten soll.



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