EMC 08.05.2013, 02:54 Uhr

Joe Tuccis ruhmreiche Dreier-Bande

Joe Tucci hat keine Angst vor der Zukunft. EMC geht es prächtig. Aber wer folgt ihm auf den EMC-Chefsessel? Paul Maritz präsentiert sein Big-Data-OS, Patrick Gelsinger erklärt das software-definierte Rechentrum.
Zukunft ungewiss: Wer folgt Joe Tucci auf den Chefsessel von EMC?
Joe Tucci, CEO von EMC, blickt voller Stolz auf sein Lebenswerk zurück. Das merkt man in jeder seiner Keynotes. Unter seiner Ägide wuchs EMC zum weltstärksten Speicher-Anbieter heran. Jetzt aber komme es darauf an, den Sprung auf die sogenannte dritte Plattform zu meistern, betonte Tucci auf der EMC World in Las Vegas. DIe dritte Plattform ist gekennzeichnet durch mobile, cloud, social und Big Data. Den Sprung von der Mainframe-Welt (1. Plattform) in die Client/Server-Welt (2. Plattform) habe nur IBM wirklich geschafft, meinte Tucci. Die meisten der alten Mainframe-Könige gibt es heute nicht mehr: Aus und vorbei. Das lässt aufhorchen, denn auch beim riskanten Quantensprung von der zweiten auf die dritte Plattform würden viele der heutigen Champions verschwinden, sagt Tucci voraus. Um sein eigenes Unternehmen macht sich der EMC-Grandseigneur dabei keine Sorgen, denn das sieht er gut aufgestellt. Gleichzeitig dreht sich das Nachfolger-Karussell immer schneller. Wer wird Tucci beerben?

Prognose 2013: 23,5 Milliarden

David Goulden, President und COO, verantwortet EMCs Kerngeschaft, und das heisst Storage. Goulden sieht zurzeit wie der designierte Kronprinz aus. Mit seinen Storage-Umsatzbringern bedient EMC Workloads, die punkto Performance und Service-Level unterschiedliche Ansprüche stellen: DIe Highend-VMAX für höchste Ansprüche. Die Schweizer Grossbank Credit Suisse profitiert als VMAX-Kunde davon. Die VNX-Produktserie bedient dagegen den Midrange-Markt. Insgesamt erwirtschaftete EMC 2012 einen Umsatz von 21,7 Milliarden Dollar, im Vorjahresvergleich ein Plus von 9 Prozent. Goulden hält also gute Karten in Händen. 2013 geht es weiter aufwärts, dann sollen es 23,5 Umsatzumilliarden werden. "Wir versuchen verstärkt, die Technologie durch Suiten für unsere Kunden zu vereinfachen", sagte Golden zur Unternehmensstrategie auf einem Medien-Briefing in Las Vegas.  Nächste Seite: EMC-Chefanwärter Paul Maritz Der zweite Kandidat, Ex-VMware-Chef Paul Maritz, steht seit April dem Big-Data-Unternehmen Pivotal vor. Pivotal hat 1250 Mitarbeiter und soll 2013 einen Umsatz von 300 Millionen US-Dollar erwirtschaften. Für den erfolgsverwöhnten Ex-VMware-Chef ist das natürlich ein Abstieg, keine Frage. Immerhin aber darf Maritz die EMC-Familie, als Speerspitze sozusagen, in die neue dritte Plattformwelt führen, und das ist eine durchaus reizvolle Aufgabe. Pivotal wird zu 62 Prozent von EMC, zu 28 Prozent von VMware und zu 10 Prozent von General Electric finanziert. Zehn Prozent, das seien einige hundert Millionen Dollar gewesen, die General Electric (GE) locker gemacht habe, verrät Maritz (bestätigt sind 105 Millionen). GE merke, dass sich das Geschäft durch Mobility und Big Data ändere  und wolle sich damit für die Big-Data-Zukunft wappnen, kommentiert er das Investment.

In-Memory Scale-out in der Multi-Cloud

Maritz nimmt sich Internet-Pioniere wie Google, Amazon, Facebook und Yahoo zum Vorbild, die schon früh hochskalierbar und weitgehend automatisiert mit Big Data hantiert haben, um ihr Geschäft voranzutreiben. Für das vierte Quartal 2013 kündigte Maritz so eine Art Big-Data-Betriebssystem, also ein Hadoop für die Multi-Cloud, an: Pivotal One. Maritz sprach von In-Memory-Scale-out, der tausende von verteilten In-Memory-Instanzen umfassen könne. Eine "normale", bedienfreundliche Hadoop-Variante mit Query-Optimizer gibt es schon: Pivotal HD. Sie soll performanter sein als die Hadoop-Systeme der Konkurrenz, wie Cloudera oder Hortonworks. Maritz präsentierte auf der EMC World beeindruckende Query-Benchmarks. Ausserdem wirft EMC seine Analytics-Engine Greenplum und VMware seine Cloud-App-Plattform vFabric (mit Java Spring) in die Waagschale. Allesamt, so Maritz, bereits nützliche Komponenten für Pivotal One. Fest steht wohl, dass Pivotal One über drei Fabrics gebaut wird: ein Data Fabric (In-Memory, Hadoop, Next-Gen-Scale-out), ein Application Fabric und ein Cloud Fabric (automatisches App-Provisioning, Service Registry, Cloud-Abstraktion). Auf Maritz Keynote in Las Vegas klang das alles extrem spannend und hochinteressant.  Fragt sich eben nur, wie gut es später in der Praxis funktioniert. Pivotal One soll anfangs klassisch wie Software lizensiert, später aber "as a Service" angeboten werden. Nächste Seite: Ex-Intel-Mann Patrick Gelsinger VMware-Chef Patrick Gelsinger hatte am Nachmittag des zweiten Konferenztages seinen grossen Auftritt. Joe Tucci sah sich seine Performance von der ersten Zuschauerreihe aus an. So richtig wohl scheint sich der Ex-Intel-Mann und Elektrotechniker Gelsinger in der Rolle des Software-Gurus immer noch nicht zu fühlen. Er identifizierte für VMware drei strategische Säulen, das macht sich in Keynotes immer gut: (i) Software-definierte Rechenzentren, (ii) die hybride Cloud und (iii) End-User-Computing. Ausserdem treibt VMware die Netzwerk-Virtualisierung, die nach Server- und Storage-Virtualisierung dritte Welle, energisch voran: mit der hypervisor-unabhängigen Netzwerk-Virtualisierungslösung VMware NSX. Dave Cohen, Cloud-Chefarchitekt bei EMC, erklärte auf einer der konferenzbegleitenden Breakout-Sessions, wie ein software-definiertes Rechenzentrum denn nun eigentlich funktioniert. Laut Cohen sind software-definierte Infrastrukturen letztlich eine Weiterentwicklung von ARP (Adress Resolution Protocol). ARP ist ein Netzwerk-Protokoll,  das den frei wählbaren Netzwerkadressen der Internetschicht die fixen physikalischen Hardware-Adressen einzelner Maschinen (wie Server, Switch, Router, Storage) zuordnet. Durch diese Entkoppelung von den fixen, nicht änderbaren Hardware--Maschinenadressen gewinnt man an Flexibilität. Software-definierte Rechenzentren deaggregieren nun konsequent nach Computing/Server, Storage und Netzwerk. Eigentlich sei das alles ganz einfach und auch nichts Neues; Anbieter wie Amazon praktizierten sowas schon seit Langem, meinte Cohen. Die Details scheinen allerdings vertrackt zu sein, denn am Ende seines Vortrages liess Cohen, wie er selbst bemerkte, ein recht verwirrtes Publikum zurück.

Purgatorium für alle Sünden

"Wir arbeiten hier an einigen der härtesten Prrobleme der IT", meinte Gelsinger daher nicht zu Unrecht am Ende seiner Keynote, so als ob man seine Leistungen gar nicht richtig zu würdigen wisse. "Mein Freund Paul Maritz und ich unterhalten uns öfter; er war früher Mister Windows (Maritz war bei Microsoft), ich war Mister Intel, und VMware ist nun so etwas wie das Purgatorium für alle Sünden, die wir beide damals begangen haben", meinte Gelsinger nicht ohne Witz und Selbstironie. Goulden, Maritz oder Gelsinger, Joe Tucci lässt seine glorreiche Dreierbande noch ein wenig zappeln. Wer wird ihn beerben? Tucci will 2014/15 zurücktreten, bald muss er sich entscheiden. Computerworld vermutet: Der neue EMC-Chef wird keiner der Kronprinzen, sondern höchstwahrscheinlich ein Externer von aussen sein, den heute noch niemand auf der Shortlist hat.



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