16.11.2017, 17:58 Uhr

Digitalisierung lässt Schweizer Wirtschaft kalt

Die Digitalisierung hat bis anhin zu keinem bedeutenden Wirtschaftswachstum in der Schweiz geführt. Nun erwarten die Firmen aber Veränderungen und investieren.
UBS-Schweiz-Chefökonom Daniel Kalt sieht noch wenig positive Effekte der Digitalisierung
Die Schweizer Wirtschaft hat sich durch die Digitalisierung noch nicht verändert. Indikatoren wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP), die Beschäftigtenzahl, das Unternehmenseinkommen und die Lohnentwicklung zeigen keine der durch die Digitalisierung erwarteten Effekte. Das ergab eine Analyse der UBS, die am Donnerstag in Zürich vorgestellt wurde. Laut UBS-Schweiz-Chefökonom Daniel Kalt haben sich das BIP-Wachstum und die Firmengewinne in den vergangenen zehn Jahren verringert, während die Beschäftigtenzahlen und die Löhne leicht gestiegen respektive stabil geblieben sind. Bei allen vier Indikatoren sei durch die Digitalisierung eine gegenläufige Entwicklung zu erwarten, sagte Kalt.
In einer Umfrageunter 2500 Unternehmen hat UBS die Meinung der Schweizer Wirtschaft zur Digitalisierung ermittelt. 41 Prozent der Teilnehmer antworteten, dass die Digitalisierung ihre Geschäftstätigkeit stark beeinflussen wird und erhebliche Anpassungen am Geschäftsmodell notwendig macht. Investitionen in Digitalisierung werden von der Mehrheit der Unternehmen als ein strategischer Entscheid angesehen. Bei 44 Prozent werden Investitionen in Digitalisierungsprojekte in den kommenden fünf Jahren steigen. Das Geld für die Projekte stammt bei 87 Prozent aus eigenen Mitteln. Banken sind nur in den wenigsten Fällen die Geldgeber. Wenn Fremdkapital genutzt wird, berichten nur 27 Prozent von Schwierigkeiten bei der Akquise für Digitalisierungsprojekte. Diese Stimmen stammten meist aus dem verarbeitenden Gewerbe, sagte Kalt. Nächste Seite: Jobkiller Digitalisierung Neue Jobprofile durch vermehrt digital unterstützte Tätigkeiten könnten in der Schweiz zu weniger grossen Umwälzungen auf dem Arbeitsmarkt führen als erwartet, sagte Kalt. Ein Hauptgrund ist die demografische Entwicklung: Die geburtenstarken Jahrgänge der heute 48- bis 53-Jährigen gehen in den nächsten zehn Jahren in Pension. Damit dürften rund 690'000 Erwerbstätige aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden.  Gleichzeitig treten aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge viel weniger Personen ins Arbeitsleben ein. Kalt bezifferte die jährliche Lücke mit bis zu 50'000 Beschäftigten. Weil der Bedarf an Arbeitskräften voraussichtlich weiterhin wachsen wird, dürften der Schweizer Wirtschaft bis in zehn Jahren gegen eine halbe Million Arbeitskräfte fehlen, warnte der UBS-Ökonom.

Digitalisierung der UBS

Für das Bankwesen erwartet Martin Blessing, Präsident von UBS Schweiz, allerdings sehr wohl Auswirkungen der Digitalisierung auf die Beschäftigtenzahlen. Wie er an dem Anlass sagte, werde die Zahl der Angestellten in den nächsten zehn Jahren rückläufig sein. Dabei nahm er auch die UBS nicht aus. Die Grossbank sehe die Digitalisierung aber hauptsächlich als Chance und werde weiterhin stark investieren, sagte Blessing. Allein in der Schweiz soll in den nächsten Jahren ein dreistelliger Millionenbetrag in Digitalisierungsprojekte fliessen. Ein Beispiel sei das digitale Onboarding von Neukunden: Heute können Konsumenten bereits ein Konto am Smartphone und mit digitaler Signatur eröffnen. Anschliessend bekommen sie allerdings noch Unterlagen per Post zugeschickt und können erst nach circa zehn Tagen das das Konto tatsächlich verwenden. Diesen Prozess will UBS im nächsten Jahr auch noch digitalisieren. Das neue Konto soll dann innerhalb fünf Minuten bereit für die erste Transaktion sein, sagte Blessing. Das elektronische Onboarding soll bis zum Ende des Jahrzehnts auch in den Filialen ausgerollt werden. Dort braucht es dann immer noch Mitarbeiter – mit teilweise neuen Skills.



Das könnte Sie auch interessieren