Brücke zwischen ERP und CRM

Eine Anwendung unter vielen

In der IP-Welt hingegen wurde Voice quasi zu einer Anwendung neben vielen anderen. In Grossunternehmen dominierten Voice-Server neben E-Mail- und anderen Servern, wofür günstige Standard-Hardware zum Einsatz kam. Bestenfalls in deren Niederlassungen – vor allem aber bei KMU – stand und steht oftmals bis heute herstellerspezi­fische Hardware, die Verbindungen via IP auf- und abbaut, ähnlich wie es früher Telefonanlagen auf Analognetzen oder ISDN taten. Solche proprietären Anlagen generierten bei deren Erstinstallation attraktive Umsätze, da man den Kunden neben der IP-fähigen Telefonanlage weiterhin teure Systemapparate verkaufen konnte.
Gleichwohl mussten sich die einstigen Anbieter mit klangvollen Namen nach neuen Geschäftsfeldern umsehen oder verschwanden vom Markt. Aastra wurde zu Mitel, Nortel zu Avaya und Siemens zu Unify. Mit Aastra verlor die Schweiz den letzten landeseigenen Entwickler und Anbieter voll IP-fähiger Telefonanlagen. Reine VoIP-Lösungen sind heute mehrheitlich passé, weil sie nur wenige Leistungsmerkmale und kaum Möglichkeiten zur Systemintegration boten. Zwar gibt es Apparate für Videotelefonie, aber Videokonferenz-Tools wie Skype, Teams, Zoom, Webex oder Chime sind funktional weit überlegen und verwenden den ohnehin vorhandenen PC. Professionelle Tools bieten zudem komfortable Möglichkeiten zum File- oder Screensharing – in komplexen Projekten essenziell.

Lokales Netz als Flaschenhals

So war es eine Frage der Zeit, bis die totale Abkehr von proprietärer und entsprechend teurer Hardware erfolgte und Voice zu einer App auf Standard-Servern wurde. Allerdings waren in der letzten Dekade viele KMU-Kunden immer noch auffällig aufs Telefon fokussiert und investierten munter weiter in Telefon-Hardware, nicht zuletzt wegen der Umstellung auf All IP. Leider erfolgte die Umstellung auf IP-Telefonie trotz frühzeitiger Ankündigung der Netzbetreiber bisweilen etwas arg kurzfristig. So wurden die Analyse und Erneuerung der lokalen Netzwerkinfrastruktur wie LANs und WLANs in KMU oft vernachlässigt. Das Transportmedium ist jedoch essenziell, um den Sprachverkehr in Pakete einzupacken und neben dem Datenverkehr schneller übers Netz zu bringen.
Eine zentrale Rolle kommt dabei den «SIP-Trunks» zu. Das Session Initiation Protocol (SIP) initiiert interaktive und multimediale User-Sessions über IP. Ein Trunk ist eine Leitung oder eine Verbindung, die mehrere Signale gleichzeitig transportieren kann, indem sie Kommunikationssysteme miteinander verbindet. Beide Begriffe verschmelzen im SIP-Trunk, der eine IP-fähige Telefonanlage an das Provider Gateway anbindet. Er ersetzt die früheren Telefon­leitungen (analog/ISDN) und wickelt alle Anrufe über das IP-Netz des Providers und nicht mehr über das öffentliche Telefonnetz ab. Das Unternehmen kann wie bisher weiterhin weltweit mit Festnetz- und Mobilfunkteilnehmern kommunizieren. Einer der wichtigsten Vorteile von SIP-Trunks ist deren Fähigkeit, Daten, Sprache und Video in einer einzelnen Leitung miteinander zu kombinieren, ohne wie früher separate physische Medien zu nutzen. Das Ergebnis ist eine Reduktion der Gesamtkosten und eine verbesserte Zuverlässigkeit für Multimediadienste über IP.
Im Gegensatz zu vielen Traditionsanbietern hat Microsoft den Ansatz von Voice und Video als einer Anwendung unter vielen seit mehr als 10 Jahren verinnerlicht und pflegt ihn weiter, seit einigen Jahren auch aus der Cloud. Warum teure Software-Lizenzen kaufen, wenn man alles aus einer Hand von einem Anbieter haben kann? Dieser Ansatz degradiert viele Telecom Operators (Telkos) zu reinen Connectivity-Anbietern und bedroht deren Geschäftsmodell. Denn immer schnellere Verbindungen möglichst überall bereitzustellen, kostet viel Geld und verspricht keine grossen Margen. Vorwärts gerichtete Unternehmen offerieren zusätz­liche Cloud-Angebote und gehen Kooperationen bei Netzinfrastrukturen ein wie kürzlich Salt und Swisscom.



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