14.08.2009, 15:40 Uhr

Die Geburtsstunde des Internet

Im September 1969 ging in den USA das militärisch und wissenschaftlich genutzte Netzwerk Arpanet (Advanced Research Projects Agency Network) live. Damit wurde der Grundstein für das heutige Internet gelegt.
US-Präsident Dwight D. Eisenhower gründet 1958 das Arpa-Forschungsprojekt
Als Reaktion auf den sowjetischen Sputnik-Satelliten formierte US-Präsident Dwight D. Eisenhower 1958 die Arpa-Forschungsgruppe, die dem Verteidigungsministerium unterstellt war. Er konnte damals nicht wissen, dass er mittelbar die Welt revolutionieren würde, denn aus diesem Vorhaben entstand das Arpanet - die Mutter des Internet. Dieser Artikel unserer deutschen Schwesterpublikation «Computerwoche» wirft einen Blick zurück auf die Entstehungsgeschichte.
1966 startet das Arpanet-Projekt. Im April 1967 kommt der Vorschlag auf, beim Arpanet einen separaten Rechner zwischen Host und Netzwerk zur Kommunikation einzusetzen. Dieser Paketvermittlungsknoten (Interface Message Processor, kurz IMP) soll die Datenpakete sortieren und steuern. Aus dem IMP entwickelt sich später der Router. Die Ausschreibung zum Bau des IMPs gwinnt Bolt Beranek and Newman (BBN) im Dezember 1968.
1969 ist das eigentliche Geburtsjahr des Arpanet. Im April wird die erste Spezifikationsbeschreibung für Host-zu-IMP-Kommunikation veröffentlicht (BBN Report 1822). Noch im selben Monat beginnt auf Grundlage des RFC 1 (Requests for Comments = Sammlung technischer organisatorischer Dokumente) die Debatte um die Host-zu-Host-Kommunikation. Die Network Working Group (NWG) bildet sich, um passende Übertragungsprotokolle zu entwickeln. Im September geht der erste IMP vom Band und arbeitet angeschlossen an einen Sigma 7 an der University of California Los Angeles (UCLA). Damit ist der erste Arpanet-Knoten (Node) im Einsatz, der zugleich das Network Measurement Center zum Messen und Evaluieren der Netzperformance beherbergt. Im Oktober kommt der zweite Knoten am Stanford Research Institute (SRI) durch einen SDS-940-IMP hinzu. Zwischen beiden Punkten wird die erste digitale Nachricht erfolgreich verschickt. An der Universität von Santa Barbara kommt in November der dritte, an der Universität von Utah im Dezember der vierte Node hinzu.

Erste Netzüberlastung

1970: Das steigende Datenaufkommen führt im März zur ersten Netzüberlastung. Das Arpanet umspannt durch eine IMP-Installation bei BBN in Cambridge in Massachusetts mittlerweile die gesamten Vereinigten Staaten. Das Network Control Center (NCC) bei der BBN nimmt seine Arbeit auf - alle aktiven Paketvermittlungsknoten müssen nun einmal pro Minute ein Lebenszeichen an das NCC senden. Im November gibt es ein Update für die IMP-Software, damit die Knotenpunkte voneinander neue Programme herunterladen können. Hierdurch ist es möglich, auf einem Knotenrechner eine Software zu installieren und diese Rechner für Rechner über das Netz weiterzugeben. Sollte es umgekehrt Probleme mit einer Applikation geben, kann jeder IMP vom nächsten benachbarten Knoten ein Backup ziehen.
1971: Mit dem NCP (Network Control Program) geht das erste Host-zu-Host-Protokoll an den Start. Im September wird der Terminal IMP (TIP) im Arpanet installiert, mit dem die Anwender mit der Eingabekonsole direkt auf das Netz zugreifen können.
1972: Mit der Programmierung SNDMSG und READMAIL erscheint im März das erste E-Mail-System. Im Juli wird die erste FTP-Spezifikation (File Transfer Protocol) veröffentlicht (RFC 354) und im Oktober findet die erste öffentliche Arpanet-Präsentation im Rahmen der International Conference on Computer Communication (ICCC) in Washington statt.
1973: Der erste Versuch, zwei verschiedene Netze (Arpanet und Packet Radio Network) miteinander zu verbinden ("Inter-Networking"), startet. Im Mai findet im Xerox Palo Alto Research Center die erste Ethernet-Operation statt.

Von TCP zu TCP/IP und DNS

1974: BBN präsentiert im April ein überarbeitetes Routing-Programm für die Paketvermittlungsknoten. Im Mai wird die Spezifikation für das Transmission Control Protocol (TCP) festgelegt. Es soll das NCP ersetzen und das Vernetzen mehrerer Netze ermöglichen. Das TCP soll auch die netzinterne Qualitätskontrolle vom IMP-Subnetz übernehmen. Im September ist das Arpanet wieder grösser geworden - es umfasst jetzt auch drei Knotenpunkte ausserhalb des nordamerikanischen Festlandes: im norwegischen Kjeller, am University College in London (UCL) und in Honolulu auf Hawaii.
1977: Im Oktober beginnt der produktive TCP-Einsatz im Arpanet, Packet Radio Net und dem Satnet (Satellite Network).
1978: Im März wird TCP in die Protokolle TCP und IP (Internet Protocol) aufgeteilt. TCP übernimmt ab sofort die Ende-zu-Ende-Steuerung, IP das Routing innerhalb des Netzes.
1983: Das Milnet (Military Network) löst sich aus dem Arpanet heraus. Das Arpanet umfasst nunmehr nur noch 68 Knotenpunkten, hält über Gateways aber Verbindung zum Milnet. Im Januar vollzieht sich der offizielle Wechsel hin zu TCP/IP. Im November wird das Domain Name System (DNS) entwickelt (das Buchstaben-Endungen bei Internetadressen erlaubt wie beispielsweise .com, .gov, .mil, .org, .net und .int).
1989: Nach 20 Jahren im Einsatz, geht das Arpanet vom Netz und macht den Weg frei für das Internet in heutiger Form, das die Grundtechniken beibehält und weiterentwickelt. Im selben Jahr formulierte Tim Berners-Lee am Genfer Kernforschungsinsitut Cern in einem Thesenpapier die Idee für ein umfassendes Informationsnetzwerk. Der Text gilt als Grundstein für die weitere Entwicklung des WWW, das deshalb im vergangenen März seinen 20. Geburtstag feierte (siehe hierzu: «Happy Birthday, WWW!»).



Das könnte Sie auch interessieren