Schweizer Medgate 09.11.2018, 06:01 Uhr

Virtuelle Sprechstunde mit KI

Der Schweizer Telemedizinanbieter Medgate hat zusammen mit dem IBM-Forschungslabor in Rüschlikon ein System entwickelt, das mit Hilfe von künstlicher Intelligenz Patienten schneller mit dem richtigen Arzt verbindet.
Medgate-CEO Andy Fischer will mit KI von IBM die Effizienz in der Interaktion mit dem Patienten verbessern
(Quelle: Jens Stark / NMGZ)
Medgate hat sich zum Ziel gesetzt, die einst üblichen Hausbesuche des Arztes wieder zurückzubringen, allerdings in virtueller Form. Seit 18 Jahren bietet die Firma in der Schweiz daher telemedizinische Dienste an. Über das Telefon – und seit Kurzem auch über eine Smartphone-App – erhalten Patienten von einem der 90 Ärzte, die für Medgate tätig sind,  medizinischen Rat.
Dieses Konzept sei nur schon durch die Zentralisierung um 40 Prozent effizienter als das traditionelle Gesundheitssystem und führe zu 15 bis 20 Prozent Kosteneinsparung, wie Medgate-CEO Andy Fischer am Medientag des IBM-Forschungslabors in Rüschlikon bei Zürich berichtet. Mit Hilfe eines Systems mit Künstlicher Intelligenz (KI), das von den IBM-Forschern entwickelt wird, soll nun vor allem die Effizienz des Buchungsprozesses von Telemedizin-Konsultationen gesteigert werden.
So soll ein Chat-Bot in der App, der von einem KI-gestützten Fragekatalog unterstützt wird, eine gewisse Vorselektion der Patientenanfragen vornehmen. Dabei will man jene Patienten aussortieren können, die direkt an einen Spezialisten aus dem Medgate-Partnernetz verwiesen werden können und die Dienste des Telemedizinzentrums gar nicht in Anspruch nehmen müssen. Auch Notfälle sollen so früher erkannt und gleich richtig vermittelt werden. Alle anderen Patienten sollen dank des Chat-Bots präziser mit einem für Medgate tätigen Arzt verbunden werden können oder mit Ratschlägen versorgt werden, wie sie sich auch selbst behandeln können. Um das KI-System zu trainieren, konnten die IBM-Forscher mit Daten arbeiten, die Medgate anhand von insgesamt 7,4 Millionen Telemedizinkonsultationen bereits sammeln konnte.

Nachfragen dank KI

Wie die Interaktion mit dem System funktionieren soll, wenn es im Laufe des nächsten Jahrs operativ geht, demonstrierte sodann Daniel Karpati, Digital Product Manager von Medgate. Dabei gab er sich zunächst als Grippepatient aus und erwähnte gegenüber dem Chat-Bot, dass er derzeit hauptsächlich an Kopfweh und Husten leide. Auf Grund dieser Angaben fragte das System dann, ob er sich fiebrig fühle. Wie Fischer hinzufügte, komme hier die KI zum Tragen. «Diese hilft dem System dabei, welche Frage es als nächste dem Patienten stellen soll», erklärt er. Nach Abschluss der virtuellen Voruntersuchung, konnte Karpati sodann einen Termin mit einem der Medgate-Ärzte vereinbaren, der ihn zum gegebenen Zeitpunkt entweder telefonisch oder per Videokonferenz kontaktiert. Der grosse Vorteil: Durch den Chat-Verlauf erhält der Arzt bereits wichtige Informationen über den von ihm zu behandelnden Patienten und dessen Zustand.
Daniel Karpati, Digital Product Manager von Medgate, demonstriert den neuen KI-basierten Chat-Bot in der App des Telemedizinanbeiters
Quelle: Jens Stark / NMGZ
In einem zweiten Fall zeigte Karpati wie das System entscheidet, ob überhaupt die Dienste von Medgate beansprucht werden müssen. Dabei vermittelte er dem Chat-Bot, dass er Knieschmerzen habe. Dies führte dazu, dass das System ihn fragte, ob er kürzlich an dem Gelenk operiert worden sei. Als Karpati diese Frage bejahte, schlug das System vor, gleich den Hausarzt, respektive den behandelnden Spezialisten aufzusuchen, da der Fall womöglich für eine telemedinische Behandlung ungeeignet sei. «Allerdings kann der Patient sich trotzdem mit einem Medgate-Arzt verbinden lassen, wenn er dies möchte», erklärt Karpati.
Der KI-basierte Chat-Bot sei allerdings erst der Anfang, führte sodann Fischer aus. Künftig sollen auch Kontext-Informationen wie der Ort des Patienten für die Entscheidungsfindung des Systems eine Rolle spielen. «Die medizinischen Massnahmen können sich nämlich unterscheiden, ob sich ein Patient auf dem abgelegenen Urnerboden befindet oder am Paradeplatz in Zürich mit dem Notfall des Universitätsspitals in nächster Nähe», erklärt Fischer.



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