Wie die Blockchain Geschäftsmodelle umkrempelt

Verwaltung von Lieferketten

Bereits im Einsatz steht Blockchain auch im Management von Lieferketten, was eine Nachverfolgung vom Ursprung eines Produkts über die gesamte Supply Chain hinweg lückenlos und erstmals eben dezentral ermöglicht. So fokussiert das Zürcher Start-up Modum mit Blockchain auf die pharmazeutische Lieferkette. Deren Kommunikationschef Mike Taylor erklärt, dass die kürzlich überarbeitete Good Distribution Practice für Arzneimittel (GDP-Regulierung) verlangt, dass ein auditierbarer Nachweis über die Temperaturen, denen Medikamente während des Transports ausgesetzt sind, von Distributoren im Pharma-Umfeld aus­gewiesen werden muss. Marktbedingt sei dringend eine effektive Lösung für die sichere und verlässliche Aufzeichnung der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften gefragt gewesen. Modum habe dafür Hard- und Software zu einem kombinierten Blockchain-IoT-System entwickelt, das eine passive Überwachung liefere, die bei den Kosten wie der Effizienz deutlich wettbewerbsfähiger sei als derzeit verfügbare aktive Kühllösungen.
“Vor allem Public Blockchains verzeihen keine Fehler. Es kann nichts geändert, korrigiert oder im nachhinein gelöscht werden.„
Matthias Loepfe ist Head of AdNovum Incubator

Blockchain für das Handelsregister

Das Modum-System ist nur ein Beispiel von vielen in der Schweiz. Im Kanton Genf wird in einem Pilotprojekt das Handelsregister auf Blockchain-Basis getestet. Und auch der ebenfalls in Genf ansässige Rohstoffhändler Trafigura probiert die neue Technik beim Handel mit Rohöl aus. Stets geht es darum, von der Auftragsvergabe bis zur Kontrolle der Transportwege das Supply-Chain-Management ein­facher gestalten zu können.
Für den Finanzsektor verweist Zühlkes Hirzel auf erste zu erwartende Produkte, etwa von Melonport. Das ebenfalls in Zug ansässige Jungunternehmen arbeitet an einem Online-Marktplatz für Fondsmanager auf Basis der Ethereum-Blockchain. Ebenfalls in Entwicklung befindet sich «Car Dossier», das digitale Dossier für Fahrzeuge, das von AdNovum in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus dem Hochschulbereich umgesetzt wird. Ebenso daran beteiligt sind Firmen wie Amag, Axa und Mobility. Das Projekt wird zudem vom Strassenverkehrsamt Aargau und der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) mitfinanziert.
Mit «Car Dossier» wollen die Initianten einen sicheren und transparenten Standard für ein offenes Ökosystem rund um Fahrzeuge bauen. Das Blockchain-basierte Dossier soll Daten von Herstellern, Versicherungen, Garagen, Stras­senverkehrsämtern, Occasionshändlern und Fahrzeug­bewertern bis hin zu Käufern umfassen.
Bei der Swisscom, die erst kürzlich eine eigene Blockchain-Tochter gründete, arbeitet man aktuell an Projekten, die in den Bereichen Gesundheit, Versicherung und Banken neue Wege der dezentralen, vernetzten Zusammenarbeit ermöglichen sollen. So entsteht derzeit beispielsweise ein Handelsregister-Prototyp auf Basis der neuen Technik. Bereits realisiert habe man im Konglomerat mit der ZKB und anderen Partnern die Swiss OTC Blockchain als Software-Prototyp, erzählt Michael Lewrick, COO der Swisscom Blockchain AG. Bei allem keineswegs nur in der Schweiz spürbaren Aufbruch bestehen gleichwohl noch zahlreiche Risiken. So sind international etablierte öffentliche Blockchains wie jene der Kryptowährung Bitcoin für viele Anwendungen zu langsam, da ein höchst aufwendiges Rechenverfahren auf Computern nötig ist, um die Sicherheit vor Manipulationen zu gewährleisten. «Das führt dazu, dass sich einige wenige starke Pools bilden, welche die nötige Rechnerkapazität bündeln, und dadurch den Grossteil der Beglaubigungen neuer Einträge in die Blockchain, auch Konsensusmechanismen genannt, durchführen», erklärt Deloittes Blockchain-Spezialist Seffinga das Dilemma.



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