«Das Gesundheitswesen braucht offene Plattformen»

Cloud Computing in der Schweizer Versicherungsbranche

CW: Skalierung ist ein gutes Stichwort. Welchen Stellen­wert hat Cloud Computing heute im Schweizer Versicherungsgeschäft?
Progin: Der Markt ist insbesondere durch die technischen Entwicklungen sowie den Wandel der Gesellschaft stark geprägt. Der Bedarf nach einer kosteneffizienteren und übergreifenden Gesundheitsvorsorge erfordert eine starke Vernetzung, womit Cloud-Lösungen Einzug auch in den Gesundheitsmarkt halten. Dabei fungieren Schweizer Provider zu den Hyperscalern (Public Cloud) als Integrator für Beratungs-, Umsetzungs- und betriebliche Themen. Wir sind mittendrin und im engen Dialog mit allen Anspruchsgruppen. Denn auf absehbare Zeit wird die Cloud für Versicherungen zum Standard werden. Die Frage ist nicht ob, sondern einzig wann es so weit ist. Und ausserdem: Wer macht den Anfang?
Centris binde seine Kunden heute langjährig, sagt Patrick Progin im Interview
Quelle: Centris
CW: Das klingt jetzt so, als würden die Krankenkassen in die Public Cloud streben.
Progin: Die Kunden wollen vor allem Möglichkeiten, die ihnen einen bedarfsgerechten und flexiblen Bezug von Software- und Plattform-Services erlauben. Wir sehen den Boom der Public Clouds differenziert: Unsere Aufgabe ist es, unsere Kunden technologisch vor allem mit dem Back­end zunächst Schritt für Schritt dahin zu führen, indem sie erst von den Vorteilen des Cloud Computings – aber in einer Private Cloud – profitieren, ohne dabei hohe Risiken für den Betrieb in Kauf zu nehmen.
CW: Was bedeutet das für die Strategie der Centris?
Progin: Für Centris erschliessen sich mit Cloud-Lösungen vor allem neue Geschäftsfelder im Bereich der Ökosysteme und Plattformtechnologien. Dabei kann eine gemeinsame und vernetzte Plattform den Datenaustausch unterstützen und vereinfachen, die Informationssicherheit gewährleisten und Grundlagen für die Datenanalyse schaffen. Unsere Strategie ist es, alle Services in die Cloud zu bringen, aber nicht ohne die Vor- und Nachteile der jeweiligen Lösungen abzuwägen. Für uns ist klar, dass wir mitunter eine eigene Cloud (Private Cloud) betreiben.
Die Backend-Systeme sind heute weitgehend nicht bereit für die Cloud. Zudem sind Fragen zum Schutz und zur Haltung von Gesundheitsdaten bei Hyperscalern nicht endgültig geklärt. Deshalb machen wir zunächst – konkret im Rahmen einer exklusiven Partnerschaft mit Adcubum – die Systeme Cloud-fähig, wobei der erste Schritt, die Containerisierung, in unserer Private Cloud erfolgt. Damit erhalten unsere Kunden bereits Vorteile bezüglich Skalierung, zum Beispiel bei der Bereitstellung von Testsystemen. In der Folge können die Systeme dann in geplanten Schritten auf die Hyperscaler gebracht werden.
Services wie Integration und Data Analytics würden wir dann direkt in der Public Cloud anbieten, da gerade in diesen Bereichen von den Kapazitäten der Public-Cloud-Anbieter zur Beschleunigung von Innovation und der hohen Skalierbarkeit profitiert werden kann. Parallel dazu müssen die Compliance-Fragen hinsichtlich Datenhaltung auf Hyperscalern geklärt werden, und die Organisation muss sich auf das Adaptieren eines neuen Operating Models vorbereiten.
CW: Ist die Datenhaltung in der Schweiz für die Krankenkassen zwingend vorgeschrieben?
Progin: Bisher war das so. Allerdings kann und wird diese Hürde in absehbarer Zeit vollständig überwunden werden. Die Hyperscaler und auch andere Provider können diese Option mittlerweile anbieten.



Das könnte Sie auch interessieren