Interview mit Martin Kull
09.10.2025, 14:25 Uhr
«Erfolg entsteht nur durch Vertrauen»
Er reite kein Pferd in den Sonnenuntergang, erklärt Martin Kull. Der Manager, Mentor und Macher spricht über Innovation, Vertrauen und Transformation.

Martin Kull seit 2016 führend bei Orange Business in der Schweiz tätig und wurde 2022 zum Managing Director für die gesamte DACH-Region und Osteuropa ernannt.
(Quelle: Artefakt Fotografie/Marcello Keller)
Als Managing Director DACH und Osteuropa bei Orange Business war Martin Kull in einer komfortablen Führungsposition. Dann entschied sich der Top-Manager plötzlich für einen Neuanfang. Disruptiv und doch irgendwie logisch. Wir sprechen über Hintergründe und Erfahrungen.
Computerworld: Martin, du bist schon lange im IT-Business tätig. Wie bist du gestartet?
Martin Kull: Den Anfang nahm meine Laufbahn bei der Etrali S.A., einem Produkthaus und Systemintegrator für die Finanzindustrie, deren Schweizer Niederlassung ich von einem kleinen Unternehmen mit 800'000 Franken Umsatz und 14 Mitarbeitenden zu einer etablierten Marke und einem höchst profitablen Standort ausbauen konnte. Später wurde die Etrali S.A. erfolgreich an France Télécom verkauft. Eine weitere wichtige Station war Avaya, wo ich mehrere Jahre als Managing Director tätig war. Die letzte prägende Etappe erlebte ich in den acht Jahren bei Orange Business.
CW: Bestimmt auch ein emotionaler Entscheid.
Kull: Auf jeden Fall. Man bleibt nicht so lange bei einem Unternehmen, ohne dass man ohne Emotionen weggeht. Inzwischen fühle ich mich entspannt und bestätigt, dass es für mich der richtige Entscheid war, loszulassen und ein neues Kapitel einzuläuten.
CW: Lassen wir die Vergangenheit auf sich beruhen. Du verfügst über sehr viel Erfahrung im Management von IT-Firmen. Was war dein Antrieb über all die Jahre in deiner Karriere als Führungskraft?
Kull: Bis zu einem gewissen Punkt muss ich wohl ein Masochist sein (lacht). Ich bin selbstgetrieben und versuche stets, das Beste für meine Mitarbeitenden zu erreichen. Für mich war es immer wichtig, dass meine Mitarbeitenden erfolgreich sein konnten. Deshalb habe ich sie stets gefördert. Okay, das haben jene vielleicht nicht so empfunden, welche ihre eigene Agenda hatten und selbst nicht restlos überzeugt waren.
CW: Das tönt eher harmlos und konform. Wie bist du wirklich?
Kull: Ich bin sicher eher auf der disruptiven Seite, um das diplomatisch zu sagen. Das heisst, wenn es zu ruhig und bequem wird, fange ich an die Dinge zu hinterfragen. Ich bin fest überzeugt, dass ein stetiger Wandel nötig ist, damit die Leute nicht einschlafen. Einer Firma, einem Team tut es gut, immer wieder neue Herausforderungen zu haben. Das heisst konkret, den Kunden zuzuhören und gemeinsam innovativ zu sein. Nicht einfach, Bestehendes zu akzeptieren, sondern zu hinterfragen und besser zu machen. Eine Transformation ist nie abgeschlossen. Alles Vorhandene – Firma, Team, Produkte, Strategie – muss immer wieder auf den Prüfstand. Ich betone, Transformation ist ein laufender Prozess.
CW: Resignieren dann die Mitarbeitenden nicht irgendwann und sagen, ich weiss nicht was morgen ist, daher mache ich mal gar nichts?
Kull: Transformation heisst ja nicht, dass man jeden Tag etwas Neues erfinden muss. Aber wenn Kunden beispielsweise nach neuen Lösungen suchen, weil sie unter Umständen mit bestehenden Technologien nicht mehr zufrieden sind, dann braucht es den Mut, bestehende Produkte zu hinterfragen und bessere, innovativere Ansätze zu suchen. Das verstehe ich unter Transformation. Es ist die Bereitschaft, neue Wege zu gehen.

“Wenn es zu ruhig und bequem wird, fange ich an die Dinge zu hinterfragen.„
Martin Kull
CW: Das gefällt vermutlich nicht allen...
Kull: Tatsächlich steht Innovation häufig in Konkurrenz zu alten Lösungen und löst Konflikte aus. Trotzdem, wenn ich merke, dass etwas geändert werden muss und dies auch möglich ist, dann setze ich mich dafür ein. Altes zu verwalten, ist nicht mein Ding. Ich bin nicht der Typ, der ein Pferd gemütlich in den Sonnenuntergang reitet.
CW: Ist das grundsätzlich dein Führungsstil, dass du die Dinge eher Hands-on anpackst?
Kull: Ich bin weder Ingenieur noch Produktspezialist oder Softwareentwickler. Meine Stärke liegt im Erkennen von Geschäftsprozessen und deren Optimierung. Aufgaben bespreche ich gerne im Team mit den jeweiligen Fachleuten. Für mich sind Partnerschaften wichtig, weil man im Innovationsprozess auf die Kombination unterschiedlicher Stärken angewiesen ist. Ich bin jemand, der Innovationen vorantreibt, aber nur selten Entscheidungen über alle Köpfe hinweg trifft. Das war nicht immer so, aber heute habe ich eine gewisse Reife gewonnen, welche das ermöglicht. Gleichzeitig habe ich auch das Gefühl, dass diese persönliche Evolution noch lange nicht abgeschlossen ist. Ich bin neugierig aufs Morgen, lebe aber voll und ganz im Heute.
CW: Könntest du dir vorstellen, darüber ein Buch für Führungskräfte zu schreiben?
Kull: Gerade kürzlich habe ich eine entsprechende Anfrage erhalten. Ich habe mir dazu Gedanken gemacht, sehe mich aber weniger als Buchautor. Was mich viel mehr interessiert, ist es, Menschen zu unterstützen, welche ich mag und die mir etwas bedeuten. Ich glaube, die Fähigkeit zum Mentorship liegt mir.
CW: Du hast die Bedeutung von Partnerschaften erwähnt. Was ist für dich dabei wichtig?
Kull: Ich spreche gerne von einem Partner-Ecosystem. Für mich ist es wichtig, dass jeder Partner gleichwertig behandelt wird. Wir haben gemeinsame Ziele, also wollen wir diese auch als gleichwertige Partner erreichen. Das ist die Basis für die Entwicklung von kundenorientierten, innovativen Lösungen. Jede Partnerschaft ist ein Miteinander und nicht das Erreichen von Einzelinteressen. Ehrlichkeit und Transparenz sind für mich ein Muss.
CW: Wie wichtig ist für dich dabei das strategische Feld der Geschäftsentwicklung?
Kull: Das war und ist für mich ein zentraler Bereich. Damit verbunden ist wiederum das Thema der Innovation. Leider gibt es in vielen Unternehmen zu viele «professionelle Überlebenskünstler», welche Veränderungen scheuen wie der Teufel das Weihwasser. Für mich sind innovationsbedingte Konfrontationen enorm wichtig. Darin steckt viel Energie. Auch wenn es dabei manchmal zu Reibungen und Konflikten kommt.
CW: Hast du auch Rivalitäten und Konkurrenzkampf auf Führungsebenen erlebt?
Kull: Klar, diese Rivalität gibt es. Solange man gut performt und die Budgets erreicht, findet diese eher im Verborgenen statt. Sobald man aber die Ziele nicht erreicht, kommen die Hyänen aus allen Löchern und versuchen alles, um dich kaputt zu machen. Um das auszuhalten und damit umzugehen, braucht es eine starke Persönlichkeit. Nicht nur, um sich selbst zu schützen, sondern auch um seine Mitarbeitenden und sein Team zu schützen. Schnell wird man zur Zielscheibe von Angriffen aus allen Richtungen. Wer das als negativen Stress erlebt, geht früher oder später unter.
CW: Was würdest du zum Schluss Führungskräften in Unternehmen als Kernbotschaft auf den Weg geben?
Kull: Der Erfolg von Führungskräften hängt vom Erfolg ihrer Teams ab. Gute Führungskräfte orchestrieren die Performance ihrer Mitarbeitenden, welche ja im Endeffekt die Arbeit leisten. Jede Führungskraft ist nur ein Teil des ganzen Teams. Auf die Zusammenarbeit kommt es an. Erfolg entsteht nur durch Vertrauen.
CW: Vielen Dank, Martin Kull, für das hochinteressante Gespräch.
Zur Person
Martin Kull
Als erfahrener Manager mit tiefem Hintergrund in der Telekommunikations- und IT-Branche war Martin Kull seit 2016 führend bei Orange Business in der Schweiz tätig und wurde 2022 zum Managing Director für die gesamte DACH-Region und Osteuropa ernannt. Bekannt ist er für seine strategische Führung, seine Expertise in digitalen Transformationsprojekten sowie für seine Fähigkeiten im Team- und Partnermanagement. Abseits des Berufs zeichnet sich Kull durch persönliche Leidenschaften wie Kochen, Segeln und Skifahren aus.
Als erfahrener Manager mit tiefem Hintergrund in der Telekommunikations- und IT-Branche war Martin Kull seit 2016 führend bei Orange Business in der Schweiz tätig und wurde 2022 zum Managing Director für die gesamte DACH-Region und Osteuropa ernannt. Bekannt ist er für seine strategische Führung, seine Expertise in digitalen Transformationsprojekten sowie für seine Fähigkeiten im Team- und Partnermanagement. Abseits des Berufs zeichnet sich Kull durch persönliche Leidenschaften wie Kochen, Segeln und Skifahren aus.