11.06.2009, 08:16 Uhr

HP präsentiert nackte Server-Familie

Hewlett-Packard (HP) hat ein Extreme-Scale-Out-Portfolio (ExSO) vorgestellt, das unter anderem Firmen aus dem Web-2.0-Umfeld ansprechen soll. Computerworld sprach mit Christian Keller, Vice President Industry Standard Server EMEA (Europa, Naher Osten, Afrika) bei HP.
HP ProLiant SL: die "nackte" Server-Familie
Mit dem ExSO-Angebot adressiert HP Unternehmen wie beispielsweise Yahoo oder YouTube, die tausende Server in ihren Rechenzentren betreiben. Kernstück des neuen Portfolios ist die Server-Familie HP ProLiant SL, die ohne traditionelles Gehäuse auskommt. Ausserdem gehören Dienstleistungen und Support zum Angebot. Anwender sollen damit ihre Investitionen und Energiekosten reduzieren können. Computerworld unterhielt sich über das ExSO-Portfolio mit dem HP-Verantwortlichen Christian Keller.
Computerworld: Mit ExSO adressieren Sie eigenen Angaben zufolge Unternehmen, die im Web-2.0-, Cloud- und High-Performance-Computing-Bereich tätig sind. Warum sollen diese Firmen ausgerechnet auf Ihr Angebot und nicht auf Lösungen der Mitbewerber setzen?
Christian Keller: Wir haben durch unser Know-how im x86-Bereich über Jahre hinweg viel Wissen gewonnen und unseren Kunden konkreten Mehrwert geschaffen. Wir denken, dass wir Kundenanforderungen besonders gut verstehen und das Know-How haben, die zu erfüllen. Beispielsweise klingt die Verwendung von Industriestandardkomponenten einfach. Wenn man sich ansieht, wie IBM das mit dem iDataPlex-System für Large-Scale-Computing macht, so ist dies kein Industriestandard-Rack, da es nur die Hälfte der Tiefe aufweist. Dies bedeutet, dass in einem traditionellen Rechenzentrum die Hälfte des Platzes ungenutzt bleibt. Basierend auf dem Rucksack, den wir hinsichtlich Servern mit Intel-Prozessoren mitbringen, sind wir sehr gut positioniert, um eine Architektur zu definieren, die als Vorlage für die gesamte Industrie gilt.
Computerworld: Was hebt Ihr Angebot konkret von dem der Konkurrenz ab?
Christian Keller: Die Konkurrenz hat gar kein wirklich vergleichbares Angebot. Das ist wie bei den Blade-Servern, wo wir als erster Mainstream-Vendor Blades auf den Markt gebracht haben. Wir waren auch die ersten, die einen Industriestandard-Server im Tower-Umfeld hatten. Wir setzen mit unserem Angebot neue Masstäbe hinsichtlich Stromverbrauch, höhere Dichte, weniger Gewicht,niedrigere Anschaffungskosten und Skalierbarkeit.
Computerworld: HP verspricht, dass das Kernstück des ExSO-Portfolios - die neue ProLiant-SL-Familie - pro Server 28 Prozent weniger Energie verbraucht als traditionelle Rack-basierte Lösungen. Können Sie mir erläutern, wie Sie diese massive Reduktion erreicht haben?
Christian Keller: Eine Komponente ist das thermische Design. Wir haben herausgefunden, dass man einen Server besser ohne Gehäuse kühlen kann, als wenn man jeden einzeln einfasst. Ausserdem haben wir ProLiant-G6-Technologie implementiert, die uns einen Vorteil gegenüber Konkurrenzprodukten verschafft.
Computerworld: Was können sich Anwender in punkto Leistung und Effizienz von der SL-Server-Familie erwarten?
Christian Keller: Absolute Skalierbarkeit zu den tiefsten Kosten in einem globalen Industriestandardumfeld.
Computerworld: Verglichen mit bestehenden Angeboten konnten Sie laut Ihrer Pressemitteilung das Gewicht der SL-Server drastisch senken. Wie ist Ihnen dies gelungen und was bedeutet diese Gewichtsreduzierung der Server für die Nutzer?
Christian Keller: Das hat sehr viel mit dem Design zu tun. Das 2U-Enclosure weist Aussparungen auf, die das Gewicht reduzieren. Der Server hat zudem keine Umfassung und das Power Supply ist im Chassis integriert. Somit hat nicht jeder der Server eine eigene Stromversorgung.
Computerworld: Auch das europäische Server-Geschäft leidet zurzeit unter der schwierigen Wirtschaftslage: IDC zufolge ist der Markt in der EMEA-Region im ersten Quartal 2009 um über 34 Prozent eingebrochen. Was hat HP dazu veranlasst, in dieser schwierigen Situation eine neue Server-Familie auf den Markt zu bringen?
Christian Keller: Unsere Antwort auf die Krise ist Innovation. So wird HP die Marktführerschaft in der Krise deutlich ausbauen. Wir können das, weil die fundamentalen Geschäftskennzahlen in Europa sehr gesund sind, bezüglich Margen, Channel Inventory oder Average Unitprice. Wir haben also ein gesundes Geschäft, trotz der Wirtschaftskrise. Sobald sich der Markt erholt, kann man von HP starke Umsatzsteigerungen erwarten. Wir denken, dass der Markt Lösungen für das High Performance Computing verlangt. Es gibt Kunden, die wir mit dem bisherigen Produktportfolio nicht optimal adressieren konnten. Auch diese Unternehmen werden in den nächsten drei bis fünf Jahren wachsen. Wir wollen jetzt die Chance wahrnehmen, um eine Lösung für diese Firmen anzubieten.
Computerworld: Cisco ist mit seinem Unified Computing System (UCS) vor kurzem auch in Ihr Stammgeschäft vorgedrungen. Jetzt hat das Unternehmen eigene Rack-Server vorgestellt. Analysten rechnen damit, dass der Wettbewerb mit alteingesessenen Server-Herstellern wie IBM oder HP zunehmen wird, da Cisco nun viel breiter im Server-Markt aufgestellt sei. Wie beurteilen Sie diesen Schritt des bisherigen Partners und was halten Sie von der Cisco-Lösung fürs Rechenzentrum - verglichen mit Ihrem eigenen Angebot?
Christian Keller: Wir reden hier über den Speicher-, Netzwerk- und Server-Markt. Cisco war bisher im Netzwerkgeschäft tätig und hatte dort sehr hohe Margen. Der Server-Markt ist traditionell sehr stark umkämpft und weist eher tiefere Margen auf. Das Speicher-Business liegt da irgendwo dazwischen mit hohem Wachstum und mittleren Margen. Ich denke, dass Cisco versucht, sein Geschäft in Bereiche mit eher tieferen Margen zu verlagern. Das wird ziemlich hart werden, zumal der Markt zurzeit eher gesättigt ist. Die Investitionen die benötigt werden, sind immens. Aufgrund von Ciscos Rack- und Blade-Portfolio erwarte ich schon, dass wir im Markt aufeinander treffen werden. Wie auch immer: Cisco ist und bleibt ein Partner - Coopetition ist in unserer Branche ja nicht unüblich. Schliesslich bieten wir ja auch in unserer Business Unit Procurve schon lange Produkte und Lösungen im Netzwerkbereich an - ein Geschäft, das sehr erfolgreich ist, schnell wächst. Wichtig ist zu verstehen: HP hat über Jahre und Jahrzehnte Erfahrung im Server- und Data-Center-Bereich gesammelt. Hier hat sich ein enormes Wissen kumuliert und es wurde viel Vertrauen bei den Kunden aufgebaut. Es wird für keinen Mitbewerber einfach werden, schnell in diese Bereiche vorzudringen. Es geht hier um Fragen des Know-hows und Vertrauens.
Computerworld: Welche Strategie wollen Sie mit der SL-Server-Familie im Schweizer Markt verfolgen?
Christian Keller: Wir werden uns in Gesamteuropa und in der Schweiz darauf fokussieren, Hosting-Firmen und Unternehmen mit High-Performance-Anforderungen anzusprechen. Aber auch bei öffentlichen Körperschaften und im Petaflop-Bereich wird sehr viel investiert werden.

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Harald Schodl



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