26.01.2006, 19:53 Uhr

Kosten im Griff oder

Ein Blick in Schweizer Unternehmen zeigt, dass IT-Organisationen in Bezug auf Serviceorientierung und Kosteneffizienz zwar auf gutem Weg sind, aber teilweise noch beträchtliches Verbesserungs­potenzial in sich bergen. * Fredy Frei
Das IT-Kostenmanagement scheint vor dem Hintergrund der zunehmenden Serviceorientierung und konsequenteren Ausrichtung auf Realisierung von Kundennutzen für einen Teil der IT-Leiter - und vielleicht auch für deren Vorgesetzte - immer noch eine Art Stiefkind zu sein. Dies zeigen die Erfahrungen aus mehreren durchgeführten Kosten-/Leistungs-Assessments und drei IT-Management Studien mit Schweizer Unternehmen in den letzten fünf Jahren. Wenige Unternehmen haben für die IT-Kosten-/Leistungsrechnung ausgereifte Methoden und Werkzeuge etabliert. Eine Konsequenz ist die Schwierigkeit, wertmässig detaillierte Einblicke in die IT-Leistungserstellung zu erhalten. Eine systematische und schrittweise Weiterentwicklung des IT-Prozess- und Kostenmanagements ist daher gefragt, und zwar durch die konsequente Orientierung auf:
o Hohen Kundennutzen in den IT-Dienstleistungen zu vertretbaren Kosten
o Planbarkeit und Steuerbarkeit der IT Leistungserbringung durch Key Performance Indicators
o Schrittweise Verbesserung der Prozesse und Entwicklung der Organisation
Hoher Kundennutzen
Basis für eine moderne kundenorientierte Leistungserbringung und Kostenmanagement ist einerseits die Strukturierung der IT-Prozesse zu eigentlichen Dienstleistungen und Produkten und andererseits deren Zuordnung zu den Geschäftsprozessen. Die von KPMG eingesetzte Service Map (siehe Abbildung) unterteilt die Informatik-Prozesse in:
*Fredy Frei ist Senio Manager bei KPMG Fides Peat, Zürich

Kosten im Griff oder

o Management Services für die Planung, Steuerung und Optimierung der IT
o Change the Business: Services für die Definition sowie Realisierung der Kundenanforderungen
o Run the Business: Sämtliche operative Services, welche notwendig sind, die Applikationen und Infrastruktur sicher und performant zu betreiben, die Kundenbeziehungen zu pflegen sowie die Anwender in ihrem Tagesgeschäft zu unterstützen.
Um längerfristig die Kostenmanagement-Prozesse und IT-Kosten im Griff zu haben, ist unter anderem die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit in den IT-Prozessen zu steigern. Ein effektiver Service-Level-Management-Prozess mit messbaren Dienstleistungsvereinbarungen ist dafür eine zentrale Voraussetzung. Nur durch geklärte Erwartungshaltungen sowie definierte Servicequalität zu nachvollziehbaren Kosten entstehen hohe Kundenzufriedenheit und eine enge Zusammenarbeit zwischen der IT und den Fachbereichen («Value for money»). Die Erarbeitung eines IT-Servicekatalogs mit entsprechenden Preislisten stellt dabei einen ersten wichtigen Schritt dar. Für den Prozess «Run the Business» empfiehlt es sich zusammen mit den Kunden, mit der Definition der Dienstleistungsvereinbarungen für die wichtigsten Produkte zu starten. Beispiele dafür sind: Betrieb Standardarbeitsplatz/Office/Mail/Service Desk-Un-ter-stützung, unternehmensweites ERP, wichtigste Fachapplikationen.

Kosten im Griff oder

Die Fokussierung auf den Kundennutzen will heissen, die Erwartungen und Anfor-derungen der Kunden und Anwender in die Gestaltung des Kostenrechnungssystems mit einzubeziehen. In der Privatwirtschaft wird mit eher wenigen Kostenstellen gearbeitet. Anders bei öffentlichen Verwaltungen, die oft komplexe Kostenrechnungssysteme aufgebaut haben. Die Zuordnung der IT-Kostenarten zu den Subprozessen und übergeordneten IT-Dienstleistungen gestaltet sich in solchen Systemen sehr schwierig. Sowohl eine einfache Strukturierung als auch eine nachvollziehbare Verknüpfung der Kostentreiber eines IT-Prozesses mit denjenigen des Geschäfts- oder Verwaltungsprozesses muss als Zielhorizont an-gepeilt werden. Zum Beispiel scheiterte bei einer öffentlichen Verwaltung beinahe die Einführung einer Kosten-/Leistungsrechnung, weil die neue IT-Prozesslandschaft, deren Subprozesse und Kostentreiber so-wie die unzähligen Dienstleistungsvereinbarungen bis ins tausendste Detail konzipiert und weder vom Leistungsersteller noch vom -bezüger verstanden wurden. Mut zur Vereinfachung und die Berücksichtigung der Kundensicht bezüglich Kostenmanagement halfen schluss-endlich wieder aus der Sackgasse.

Key Performance Indicators

Es muss beim Aufbau des Planungs-, Steue-rungs- und Reportingsystems frühzeitig geklärt werden, wer welche Anforderungen zu welchem Zweck hat. Die Phase, in welcher die Informatik für die Fachbereiche und ihre Kunden als Blackbox auftrat, neigt sich definitiv dem Ende zu. Der integrierte Einsatz beispielsweise von Methoden und Standards wie Itil, Cobit, Balanced Scorecard ist in vielen Unternehmen nur eine Frage der Zeit. Itil zeigt beispielsweise für jeden der zehn Service Management-Prozesse eine ganze Reihe von Key Performance Indicators sowie kritische Erfolgsfaktoren auf, welche im Sinne von Best Practice nutzbringend eingesetzt werden können.
Mittels IT-Kennzahlen lassen sich Zielwerte und Messgrössen für das IT-Management, die Projekte und den IT-Betrieb -definieren. Hinzu kommen die Kundenanforderungen bezüglich Planung und Steuerung ihres IT-Leistungsbezugs. Eine Reduktion der IT-Kosten gelingt über die Einbindung der Kunden besser. So können entsprechende Kennzahlen oder Key Performance Indicators für informations- und entscheidungs-relevante Bereiche aus Sicht der Kunden und IT-Verantwortlichen definiert werden. Bei der eigentlichen Erbringung der IT-Dienstleistungen zur Unterstützung der Geschäftsprozesse wird es somit auch für den Kunden zukünftig besser möglich sein, mittels transparenten Steuergrössen die Menge, Qualität und Kosten der bezogenen IT-Services zu beeinflussen.

Kosten im Griff oder

Einzelne IT-Kennzahlen liefern isolierte Messgrössen und messen nur Einzelaspekte. Soll-/Ist- oder Trend-Analysen, Total Cost of Ownership-Berechnungen, Schwellwertüberschreitungen und die Übersicht über Ressourcenauslastungen sind einige Beispiele dafür. Einzelkennzahlen haben gegenüber einem Kennzahlensystem nur eine begrenzte Aussagekraft und liefern einen punktuellen Nutzen als Führungsinstrumente. Für den Aufbau eines ganzheitlichen Kennzahlensystems werden die Erwartungshaltungen bezüglich Planung und Steuerung der IT-Leistungserstellung und Leistungsbezugs mehrerer Stellen mit einbezogen: Kunden, IT-Management, Management der IT-Projekte und IT-Betrieb. Es ist wenig nutzbringend, ein Kennzahlensystem als «Schrankware» zu kaufen. Auch das punktuelle Teilnehmen an Studien oder breit angelegten Benchmarking-Studien sowie das Nutzen von so genannten objektiven Massgrössen wie die IT-Betriebskosten pro Arbeitsplatz sind mit Vorsicht zu geniessen. Richtaussagen sind mit solchen Zahlen zwar recht gut möglich, aber die Vergleichbarkeit hält sich in Grenzen, da selbst rudimentäre Zahlen wie die IT-Betriebskosten in den Unternehmen ganz unterschiedlich zusammengestellt sind.
Schrittweise Verbesserung
Es ist auffällig, wie wenig Gewicht die IT-Organisationen auf eine ganzheitliche ziel- und ressourcenorientierte Veränderung legen. Obwohl die Methoden zur Gestaltung von organisatorischen und technischen Veränderungen seit längerem bekannt sind. Ein Grund mag sein, dass die technische Entwicklung der Informatik bis anhin im Fokus vieler Unternehmen stand. Ebenso wie das Handwerk der Informationstechnologie muss das Handwerk der Organisations-Entwicklung gelernt und in der Anwendung professionell zum Nutzen der Beteiligten und Betroffenen beherrscht werden. Das ganzheitliche Zusammenspiel von Mensch, Technik und Prozessen wird zukünftig vermehrt in den Vordergrund rücken. Dabei stehen sowohl die IT-Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten als auch das Management mit ihren verschiedenen Fähigkeiten, Rollen, Stärken und Schwächen sowie ihrem -Wachstumspotenzial im Zentrum der Entwicklung.
Es gilt also nicht nur eine modernisierte Kostenrechnung auf der technischen, instrumentellen Ebene zu implementieren, sondern parallel dazu die Grundhaltung und Denke der Stakeholders über interaktive Kommunikation, Schaffung von Bewusstheit und stufen- und rollengerechte Mit-beteiligung in die Lösungsgestaltung und -umsetzung mit einzubeziehen. Im über-tragenen Sinn heisst das: Lehre deine IT-Organisation eine serviceorientiertere Einstellung zu ihrer Leistungserstellung mit hohem Kostenbewusstsein zum Nutzen der IT-Kunden und deiner eigenen Organisation. Sie wird sich die für die Realisierung notwendigen Prozesse und Instrumente Schritt für Schritt aufbauen.



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