Consulting 29.10.2009, 11:01 Uhr

Wohin geht die Reise?

Die aktuelle Krise spüren auch Managementberater. Wohin werden die Marktveränderungen die betroffenen Anbieter führen?
In den vergangenen zehn Jahren sind Beratungsunternehmen nahezu stetig gewachsen. Die geplatzte Immobilienblase in den USA und die darauf folgende Finanzkrise haben diesem kontinuierlichen Aufschwung ein jähes Ende gesetzt. Die Rezession hat zu einem spürbaren Nachfrageeinbruch bei Managementberatungs-Leistungen geführt. In dieser Umbruchphase stellen das Zürcher Meta-Consulting-Unternehmen Cardea, die Wissenschaftliche Gesellschaft für Management und Beratung in Bonn und die Analysten von Lünendonk Thesen über die Zukunft des Managementberatungs-Marktes zur Diskussion.
Einbruch führt zu Reifephase
Den Experten zufolge wird der deutlich Einbruch kein vorübergehendes Phänomen bleiben und weitere Auswirkungen auf die Zukunft haben. Vielmehr gehe der Beratungsmarkt von der Wachstums- in eine Reifephase über. Auf Dauer könne die Branche nicht mehr mit den vergangenen Wachstumsraten rechnen. Zwar wird sich Entwicklung der Beratung weiter am Bruttoinlandsprodukt orientieren, aber nicht mehr exorbitant oberhalb des Wachstums der Gesamtwirtschaft und bereits reifer Branchen, heisst es.
Berater verlieren Vordenkerstellung
Vor allem in Branchen, in denen die grossen Management-Consultants den Hauptteil ihres Geschäfts erwirtschaften - im Finanz- und Telekomsektor sowie der Energiewirtschaft - sei der intellektuelle, kreative Anteil der Beratungsleistung gering. Hier haben sich die Consultants ihren Platz nicht als innovative Vordenker erarbeitet, sondern waren vor allem operativ erfolgreich. Mit hoher Kreativität könnte aber nach wie vor gepunktet werden. Aktuell zeichnen sich jedoch wenig innovative Denk- und Beratungsmodell ab, meinen die Experten.
Honorare im Sinkflug
Die bislang üblichen Tagessätze seien vor diesem Hintergrund nicht mehr zu rechtfertigen. Angesichts der zunehmenden Markttransparenz, der steigenden Professionalisierung der Kunden sowie der weltweiten Krise wird der Druck auf die Honorare zunehmen. Dazu trägt auch bei, dass Interims-Manager und andere Dienstleister die Umsetzungsarbeit oft günstiger anbieten.
Neue Geschäftsmodelle erforderlich
Mit den sinkenden Tagessätzen stehen die Unternehmensstrukturen der grossen Strategieberater auf dem Prüfstand. Kurze Karrierewege, ein wesentlicher Anreiz bei der Rekrutierung von Nachwuchskräften, werden bei moderatem Marktwachstum kaum noch realisierbar sein.
Grösse und Know-how siegen
Der Trend zur Grösse wird den Experten zufolge anhalten. Im globalisierten Umfeld müssen Unternehmen ein umfassendes Wissen über fremde Märkte und Kulturen aufbauen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, müssen die Beratungshäuser selbst globale Präsenz zeigen, was eine gewisse Mindestgrösse der Organisation voraussetzt. Hinzu kommt, dass die Verflechtung von Unternehmensfunktionen zunimmt. Eine ganzheitliche Betrachtung erfordere interdisziplinäre Spezialisten, die sich meist nur grosse Beratungshäuser leisten könnten. Zudem müssen die Anbieter wegen des zunehmenden Implementierungsanteils am Consulting-Geschäft für längerfristige Projekte umfassende Personalkapazitäten bereitstellen können, heisst es. Zwar können auch kleinere, spezialisierte Beratungsfirmen nach wie vor lukrative Nischen besetzen. Die Struktur entspricht jedoch immer mehr der eines klassischen Dienstleistungsmarkts - das heisst: eine starke Spitzengruppe und ein atomisierter Restmarkt.
Consulting muss wertschöpfend sein
Management-Beratung hiess früher, den Kunden innovative Lösungen zu aktuellen und künftigen Herausforderungen bereitzustellen. Diese Rolle ist nach wie vor wichtig und wird von den Anwendern auch gefordert - allerdings immer häufiger in Verbindung mit ergebnisorientierten Empfehlungen und praktischen Tipps für die Umsetzung. In Krisenzeiten haben Unternehmen keine Zeit für lange Analysen und Konzeptionsphasen. Verlangt wird eine schnelle Umsetzung. Die Beraterleistung wird zunehmend an den konkreten Wertschöpfungsbeiträgen gemessen. Die Consultants sollen helfen, im Wettbewerb zu überleben oder erfolgreicher am Markt zu agieren.
Alte Werte erleben Renaissance
Die Vertrauenskrise auf den Finanzmärkten hat eine Renaissance «alter» Werte und die Besinnung auf ethische und nachhaltige Prinzipien der Geschäftsführung zur Folge, so die Spezialisten. Berater wie Kunden müssen sich bemühen, das negative Image des Kapitalismus zu korrigieren. Auch gegen ihren Ruf als «abgehobene Besserwisser» sollten die Consultants ankämpfen.
Weiche Faktoren gewinnen an Bedeutung
Mit der wachsenden Verantwortung der Unternehmensberater für nachhaltige Ergebnisse bei ihren Kunden werden «weiche» Faktoren wie Teamfähigkeit, partnerschaftliche Zusammenarbeit, gemeinsame Lösungsfindung, Akzeptanz und Mitarbeitermotivation einhergehen.
Globalisierung erfordert neue Ansätze
Die Beratungshäuser sollten ihre Kunden dabei unterstützen, die globalen Chancen zu nutzen und sich auf die damit einhergehenden Veränderungen einzustellen. Sie sollten aber auch selbst so aufgestellt sein, dass sie ihren Kunden grenz- und kulturüberschreitende Consulting-Leistungen anbieten können.
Management wird zunehmend virtuell
Um Kosten zu sparen und zum Klimaschutz beizutragen, senken immer mehr Unternehmen die Reisetätigkeit ihrer Manager. Damit müssen nicht nur die internen Führungskräfte ihre Arbeitsweise neu organisieren. Auch externe Berater werden angehalten, weniger zu reisen. Insgesamt reduziert sich die Präsenz der Consultants bei ihren Kunden zunehmend auf die wesentlichen Aufgaben.
idg , Harald Schodl



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