08.08.2007, 09:09 Uhr

Das E-Marketing muss massgeschneidert sein

E-Marketing hat heute nur dann Erfolg, wenn es den modernen Menschen im Blick hat. Dieser hat nämlich mittlerweile genug von E-Mails, die er nicht haben will.
Vom Empfänger als Spam-Mails empfundene Kundennachrichten schaden mehr als dass sie nützen.
Peter Heinz ist Geschäftsführer von Wilken in Freidorf.
Wenn das Postfach vor lauter unerwünschten E-Mails überquillt, werden Anwender sauer und ärgern sich über das Unternehmen, das als Adressat zu identifizieren ist. Als Spam empfundene Kundennachrichten schaden mehr als dass sie nutzen. Gleichzeitig dürfen sich Marketeers die Chance des Webs nicht entgehen lassen. Wer sich heute über ein Unternehmen informieren will, nutzt mehr und mehr das virtuelle Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Und es kommt noch eines hinzu: «Konsumenten möchten am liebsten von Menschen bedient werden, die aber möglichst so schnell wie ein Computer sein sollten. Man möchte sich persönlich behandelt fühlen, der Verkäufer sollte aber am besten nichts von einem wissen.» Diese Aussage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) bringt die Krux des E-Marketings auf den Punkt.

Interessenten werden zu Kunden

Gut gemachtes E-Marketing indes macht das scheinbar Unmögliche möglich. Doch es müssen die passenden technischen Werkzeuge her, um nicht all jene negativen Begleiterscheinungen heraufzubeschwören, die sich rund um das Spam-Thema ranken. Schon lange nutzen Firmen Programme, die «Klickwege» und «Seitensprünge» auf ihren Internetseiten registrieren. Damit stellen sie fest, welche Seiten gut ankommen und optimieren so ihr Angebot. Doch die Vorlieben eines bestimmten Kunden kennen sie nicht. Pfiffiges E-Marketing muss weiter gehen: Software darf nicht nur - wie ein herkömmliches CRM-System - alle Kundenanfragen per Telefon, Briefpost, E-Mail oder Fax registrieren. Das System muss aus den gesammelten Daten auch zielgerichtete Schlüsse ziehen können. Ziel ist es, von Anfang an Spam zu vermeiden und dem einzelnen Kunden nur das zu bieten, was dieser wirklich will und wozu er auch die Einwilligung gegeben hat. Das gelingt erstens, indem die Software das Verhalten jedes Einzelnen berücksichtigt, also sein Surfen im Internet. Und zweitens, indem sie alle für ihn zum Zeitpunkt des Angebots unnötigen Informationen ausblendet. Sie unterstützt so den Interessenten, von der Informations- in die Kaufphase zu wechseln.

Dem Kunden ein Profil geben

Wie macht man ein individuelles Angebot, ohne das Individuum zu kennen? Noch bevor ein Interessent Name und Adresse preisgibt, registriert die Software anonymisiert sein Surfverhalten und zieht damit Schlüsse über Vorlieben und Interessen. Sobald sich der potenzielle Neukunde anmeldet und seine Einwilligung zur Speicherung seiner Daten gibt, wird dem Datensatz der entsprechende Name zugeordnet. Die Richtlinien des Datenschutzes werden dabei eingehalten. Jetzt ist es für den Vertrieb leichter, ein massgeschneidertes Angebot zu unterbreiten. Denn der bislang unbekannte Kunde ist greifbar geworden. So verstandenes E-Marketing muss als Marketing Backend zu einem umfangreichen Webauftritt konzipiert werden. Gesamtziel ist es, Profildaten von Kunden und Interessenten zu ermitteln.
Und dabei dienen nicht nur das Surfverhalten im Internet, sondern alle Kundenkontakte wie Anrufe im Call-Center, Briefverkehr oder persönliche Kontakte als Basis. So werden E-Mails beispielsweise automatisiert nach Keywords gescannt, die als Schlüssel für zuvor definierte Profile dienen. Erst in der Gesamtschau können der Vertrieb und das Marketing die Daten gemeinsam optimal verwerten.

Kundengewinnung nach Plan

Mit einem sogenannten «Kampagnen-Manager kann ein Unternehmen ein- oder mehrstufige Marketing-Kampagnen planen, erstellen und administrieren. Anschliessend werden die Ergebnisse ausgewertet. Anhand der vorliegenden Profile können Adressaten-Pools und daraus resultierend beispielsweise zielgruppengerechte Newsletter angelegt werden. Neben den drei Kernbausteinen sind weitere Anbindungen möglich, zum Beispiel ein E-Mail-Administrator. Eine integrierte Timerfunktion versendet die E-Mails genau in der Zeit, zu der die Kunden sie lesen möchten - etwa für den Pizzadienst am späten Vormittag, wenn die Kunden hungrig im Büro sitzen. Oder man sendet Urlaubsprospekte an die private Mail-adresse erst nachts, um die Internet-Anbindung tagsüber nicht zu verstopfen. Weitere ergänzende Komponenten eines erfolgreichen E-Marketings können ein Web-Reporting oder ein Umfrage-Designer sein, mit dem ein Unternehmen interaktive Umfragen gestalten und die Rückmeldungen direkt auswerten kann.

Die Kombination machts

In cleveren E-Marketing-Suiten sind mehrere Module miteinander kombiniert. Erst daraus resultiert der Mehrwert gegenüber herkömmlichen Beantwortungssystemen. Content Management System (CMS) und Customer Relationship Management (CRM) müssen zusammenarbeiten. Beide münden schliesslich in einen Workflow-gesteuerten Kampagnen-Manager. Ausserdem sollte ein Data-Mining-Informationssystem (IS) integ-riert sein. Dieses ermöglicht multidimen-sionale Auswertungen.
Eine Matrix-Organisation aller Daten ermöglicht die Zuordnungen von Informationen nicht nur hierarchisch auf Personen, sondern auch zu Projekten oder Kampagnen. Dies ist die Grundlage für die Anbindung an eine betriebswirtschaftliche Standardsoftware. Die Integration der Reaktionsdaten in die Profile des CRM garantiert, dass im Falle eines «Opt Outs» (Verlangte Löschung aus der Mailingliste) auch möglicherweise schon vorbereitete Mailings automatisch gelöscht werden. Die Praxis zeigt, dass herkömmliche Methoden hier oft versagen - sehr zum Ärger der Kunden.
E-Marketing-Suiten sind die zeitgemässe Reaktion auf Kundenwünsche. Die Software muss blitzschnell die Vorlieben eines Kunden registrieren und alle unnötigen Informationen ausblenden können.
Genau so, wie es ein guter Verkäufer auch machen würde.
Praxisbeispiel

Wie Schweiz Tourismus dafür sorgt, dass gesammeltes Kundenwissen nicht verstaubt

Schweiz Tourismus bekommt monatlich bis zu 10000 Anfragen per E-Mail und versendet gut 250000 Newsletter. Die E-Mails individuell zu beantworten, wäre eine Herkulesaufgabe - zumal die Anfragen in verschiedenen Sprachen erfolgen.
Stattdessen setzt Schweiz Tourismus die E-Marketing-Suite von WiIken ein. Diese erkennt bis zu sieben Sprachen und leitet E-Mails an die entsprechenden Mitarbeiter weiter. Die Software scannt die Nachrichten zudem nach Schlüsselwörtern. Begriffe wie «Ferienwohnung» oder «Hotel» geben die Kategorie der Unterkunft an, «Ski» oder «Mountainbike» beschreiben die Interessen. Diese Vorlieben werden - sofern der Interessent dies erlaubt - gespeichert.
Ziel der so erfolgenden Profilbildung ist es, Interessen über die tagesaktuelle Anfrage hinaus für eine langfristige Kundenbindung zu erkennen. Das System leitet Profile aus drei Quellen ab: Erstens werden E-Mail-Anfragen verschlagwortet. Dazu sind im System etliche Wörter inklusive Deklinationen hinterlegt. Diese stammen aus Broschüren von Schweiz Tourismus. Die in E-Mails gefundenen Suchwörter werden zuvor festgelegten Profilen zugeordnet und diese im Profilbaum des Interessenten abgespeichert. Zweitens wird das Klickverhalten auf der Website und in elektronischen Newslettern analysiert. Klickt der Surfer einmal binnen eines halben Jahres auf Mountainbike-Touren, ist das nur blosse Neugier. Klickt er jedoch binnen drei Monaten fünfmal auf entsprechende Angebote, kann davon ausgegangen werden, dass hier echtes Interesse vorliegt. Nur dann wird es im Profilbaum abgespeichert.
Das System berücksichtigt auch nachlassendes Interesse. Und, dass Kinder älter werden. Schliesslich möchte der fünfjährige Junge nicht länger in den Babyclub. Datenmüll kommt so erst gar nicht auf. Drittens führen Online-Umfragen zu Profilen.
Die Kundenprofile machen auch Massendaten verwertbar - und Kampagnen automatisierbar. Denn bei Angeboten sucht das System nach Interessenten mit entsprechend hinterlegten Profilen. Das Kundenwissen verstaubt nicht länger im CRM-System. Interessenten bekommen Angebote, die auf sie zugeschnitten sind. Der Wilken-Kampagnen-Manager protokolliert alle Reaktionen (lesen, löschen, blockieren sowie Antwort oder Klick auf einen enthaltenen Link) mit. Das ermöglicht statistische Auswertungen im Browser oder in Papierform.
Das System läuft bereits in den Destinationen Arosa, Zermatt und Zürich. Weitere Regionen sind in der Einführung. Schweiz Tourismus betreibt das System auf Linux-Servern mit J-Boss-Webserver und Oracle-Datenbanken.
Peter Heinz



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