03.09.2014, 06:32 Uhr

Streit um Vorratsdatenspeicherung spitzt sich zu

Da der Bund an der Vorratsdatenspeicherung festhalten will, hat nun die Organisation «Digitale Gesellschaft» eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht.
Die Digitale Gesellschaft hat vor dem Schweizerischen Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen Beschwerde gegen die gesetzliche Verankerung der Vorratsdatenspeicherung eingereicht
Man sei zudem bereit, den Fall bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) weiterzuziehen, heisst es in einer Medienmitteilung der Digitalen Gesellschaft kämpferisch. Worum geht's? Der Dienst Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr (ÜPF) des Bundeshatte am 30. Juni 2014 eine Beschwerde der Digitalen Gesellschaft abgelehnt und die Vorratsdatenspeicherung im entsprechenden Bundesgesetz (Büpf) belassen. Dabei handelt es sich um die Sicherung von Positions- und Kommunikations-Metadaten durch die Anbieter von Internet- und Mobilfunkdienstleistungen. In der Begründung für die Ablehnung hiess es, dass «die Provider ohnehin alle oder einen Teil der betreffenden Daten vor allem aus geschäftlichen Gründen und zum Zwecke der Rechnungsstellung aufbewahren» würden. Zudem würden diese Daten nur bei einem Prozent der Delikte konsultiert. Schon damals hatte die Digitale Gesellschaft angekündigt, gegen diesen Entscheid Klage beim Bundesverwaltungsgericht einzureichen. Nun hat die netzpolitisch aktive Gruppe ihre Ankündigung wahrgemacht und gelangt mit einer Beschwerde vor das Gericht. Für die Digitale Gesellschaft ist die Vorratsdatenspeicherung ein schwerwiegender Eingriff in die Privatsphäre, und zwar unabhängig davon, ob diese Daten im Einzelfall tatsächlich ausgewertet werden. Von dieser Massnahmen sei zudem die ganze Bevölkerung der Schweiz unterschiedslos und verdachtsunabhängig betroffen, wird von den Gegnern argumentiert. Selbst Anwälte, Ärztinnen und Journalisten würden so präventiv überwacht. Die Beschwerdeführerin stösst sich zudem daran, dass die Informationen zu benutzten Handyantennen, E-Mail-Informationen oder die Zuordnungen von dynamischen IP-Adressen für 6 Monate oder neu 12 Monate aubewahrt, für die Behörden strukturiert zusammengeführt sowie über standardisierte Schnittstellen den Staatsanwaltschaften und neu auch dem Nachrichtendienst zur Verfügung gestellt werden müssen. Dies «verändert die Art und Gefährlichkeit der Datensammlung entscheidend», meint die Organisation. Bei Straftaten im Internet seien die Provider darüber hinaus verpflichtet, alle Informationen zur Identifizierung der Täterschaft bekanntzugeben, wird kritisiert. «Dieser Massnahme muss kein Richter zustimmen, und es gilt keine Beschränkung auf den sowieso schon weit gefassten Deliktskatalog gemäss Eidgenössischer Strafprozessordnung», so die Gruppe weiter. Sogar bei einfachem Diebstahl und nicht nur bei schwersten Straftaten fände der Zugriff auf die Metadaten Verwendung, so die Argumentation der Gegner weiter. Für die Digitale Gesellschaft ist folglich die Vorratsdatenspeicherung sowohl grundsätzlich wie auch in der tatsächlichen Umsetzung grundrechtswidrig und unverhältnismässig. Rückendeckung bei ihrem nun juristischen Streit erhofft sich die Digitale Gesellschaftdurch das Urteil des Europischen Gerichtshof (EuGH) vom 8. April 2014. In diesem Entscheid gegen die Vorratsdatenspeicherung hatte der EuGH festgehalten, dass «sich die Ausnahmen vom Schutz personenbezogener Daten und dessen Einschränkungen auf das absolut Notwendige beschränken müssen». Die Europäische Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung wurde danach per sofort ausser Kraft gesetzt. Die für die Richtlinie zuständige Europäische Kommission hat nach Analyse des Urteils ? und entgegen ihrer ursprünglichen Absicht ? beschlossen, keine neue Regelung der Vorratsdatenspeicherung anzustrengen. Der Verfassungsgerichtshof in Österreich folgte am 27. Juni 2014 dem EuGH-Urteil und hob das österreichische Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung auf.



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