«Worldline kann den Konsum in Echtzeit abbilden»

Datenanalyse bei Worldline

CW: Der Zahlungsverkehr ist streng genommen ein Datengeschäft. Wie viel Analytik kommt bei Worldline zum Einsatz? Können Ihre Kunden beispielsweise auf einem Dashboard ablesen, wie viel Umsatz sie voraussichtlich in der nächsten Stunde machen werden?
Schluep: Prädiktive Analytik bieten wir bis anhin noch nicht an. Den angeschlossenen Händlern steht aber unser «MyPaments»-Portal zur Verfügung, in dem sie Zugriff auf die Transaktionshistorie haben und auch Auswertungen machen können. An der Integration von künstlicher Intelligenz und fortgeschrittener Analytik arbeiten wir noch.
Weiter werden wir von Kunden aus dem Finanzsektor mit Anfragen nach «Alternative Data» konfrontiert. Die Banken besitzen riesige Mengen an Finanzdaten, seien es Börsenwerte, Devisenkurse, Fonds oder Zertifikate. Diese wollen sie mit «Alternative Data» kombinieren, um durch ausgeklügelte Algorithmen und schlaue Auswertungen beispielsweise bessere Investitionsentscheide treffen zu können. Unsere Zahlungsdaten lassen sich hier durchaus verwenden. Stand heute sind wir aber noch nicht so weit, die Transaktionsdaten zu monetarisieren.
CW: Dabei könnten Sie die Daten aufgrund der schieren Masse durchaus auch anonymisiert auswerten…
Schluep: Richtig. Beispielsweise liessen sich mit den Transaktionsdaten auch Indikatoren für den Konsum bilden. Sie werden heute vom Bundesamt für Statistik oder der Konjunkturforschungsstelle der ETH ausgeliefert – jedoch mit erheblicher zeitlicher Verzögerung. Wir könnten nahezu in Echtzeit liefern – selbstverständlich nur für den Retail, den wir aber immerhin grösstenteils abdecken. Die Händler könnten dann, bezogen auf ihre Branche, einzelne Kundensegmente oder eine geografische Region, Antworten bekommen, ob bei Regenwetter der Konsum sinkt oder ob an einem typischen Dienstagmorgen mehr umgesetzt wird als am Mittwochvormittag. Hier muss ich allerdings gestehen, dass wir die Daten zwar besitzen, die Auswertungen aber heute noch nicht anbieten können.
CW: Woran fehlt es?
Schluep: Es sind immer die gleichen limitierenden Faktoren: die fehlenden Ressourcen und die fehlende Zeit.
CW: Danke für das Stichwort: Hat der Zusammenschluss mit Worldline das Fachkräfteproblem verkleinert?
Schluep: Leider ist das Fachkräfteproblem durch den Merger nicht kleiner geworden. Dafür gibt es aber mehrere Gründe. Erstens limitiert uns das Budget: Wir würden gerne noch Hunderte Applikationsentwickler für die Umsetzung ebenso vieler Ideen einstellen, müssen hier aber selbstverständlich priorisieren.
Zweitens gibt es nur wenige gute Fachleute. Durch den Merger ist der Pool zweifellos grösser geworden, aber genügend Spezialisten gibt es nie. So müssen wir heute auch weiterhin gewisse Projekte hintanstellen.Das ist aber keine neue Situation für Worldline – und Worldline ist nicht die einzige Firma mit diesem Problem. Die Kunden und auch wir haben genügend Ideen, wie sich der Markt und auch wir uns weiterentwickeln könnten.
Zur Firma
Worldline
ist der europäische Marktführer bei Zahlungsverkehrs- und Transak­tionsdienstleistungen. Das Portfolio umfasst das Commercial Acquiring für den Handel, die Abwicklung von Zahlungs­verkehrstransaktionen für Finanzinstitute sowie Transaktionsdienst­leistungen im Bereich E-Ticketing. In über 30 Ländern beschäftigt Worldline rund 11'000 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2018 einen Umsatz von rund 2,2 Milliarden Euro.



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