Aus stürmischer See in ruhige Gewässer

Der Untergang der PPC

CW: Wie kam es letztendlich zur Schliessung der PPC?
Weber: Das Aus kam mit der Franken-Aufwertung Ende der 2000er-Jahre. 2008 war der Euro noch Fr. 1.60 wert, ein Jahr später nur noch Fr. 1.20. Als reines Exportunternehmen haben wir ein gutes Drittel des Umsatzes eingebüsst und sind infolgedessen tief in die roten Zahlen gerutscht. In den anschliessenden zwei Jahren sind wir als Unternehmer nur noch dem Geld nachgerannt. Die Löhne mussten gezahlt, die Lieferantenrechnungen beglichen, die Banken beruhigt und die Kunden beliefert werden. In dieser angespannten Situation sinkt ganz automatisch die Qualität der Produkte. Das mündete in Klagen der Kunden, die mit ihren Anwälten drohten, sodass hohe Entschädigungen bezahlt werden mussten. Es entstand ein Teufelskreis und der Druck auf uns als Kader und auf mich als Person wurde täglich grösser. Schliesslich gab es doch noch Land in Sicht, denn eini­ge Investoren erwogen, die Firma zu übernehmen. Es gab ernsthafte Verhandlungen, an deren Ende ein Investor sein substanzielles Interesse signalisierte. Bevor es zu einem Abschluss kam, nahm ich eine lange vorher geplante Auszeit und reiste mit meiner Familie für einige Tage nach Mallorca. Dort erreichte mich dann allerdings die Absage des Investors. Nach der Rückkehr haben meine Geschäftsleitungskollegen und ich die Überschuldung beim Kantonsgericht Zug abgegeben. Am Tag darauf gab es eine Betriebsversammlung. Dann war die Firma leer.
CW: War das Ende der PPC die grösste Enttäuschung, die Sie persönlich je erlebt haben?
Weber: In den zwei bis drei Jahren Kampf um das Über­leben der PPC hatte sich ein unglaublicher Druck auf­gebaut. Nach der finalen Konkursanmeldung war die erste Reaktion: eine ganz grosse Erleichterung. Mir fiel eine riesige Last von den Schultern. Ich war die Verantwortung für die Mitarbeiter los, musste keine Kunden mehr vertrösten und keinem Geld mehr nachrennen. Für mich begann quasi ein neues Leben. Nach dieser ersten Erleichterung haben wir mit allen Beteiligten das Gespräch gesucht. Die Mitarbeiter konnten durch eine Versicherung alle schadlos gehalten werden. Die Lieferanten waren nicht so gut dran, der grösste hat beispielsweise über 700 000 Franken verloren. Ich habe jedoch jedem einzelnen Lieferanten die Lage persönlich erklärt und dafür viel Wohlwollen erfahren. So kam es dann nach dem Konkurs auch zu keiner einzigen Klage. Der letzte Akt war das Abwickeln des Unternehmens, inklusive Entsorgung der Chemikalien und Demontage der wertvollen Maschinen. Innerhalb dreier Monate haben meine Kollegen und ich sämtliche Gebäude leergeräumt. Das war für uns alle ein echter Abschluss. Mich erreichte just in dieser Zeit das Angebot des früheren Geschäftsführers der GS.
CW: Für Sie persönlich ist das Ende der PPC offenbar glimpflich ausgegangen. Das war sicher nicht bei allen so. Hegen frühere Mitarbeiter einen Groll gegen Sie?
Weber: Überhaupt nicht, ganz im Gegenteil. Der eine oder andere frühere Kollegen arbeitet heute bei GS. Wenn wir uns hier in den Gängen treffen, schwärmen sie oft von den tollen vergangenen Zeiten bei PPC.
CW: Waren diese turbulenten Jahre bei PPC Ihr persönlich grösster Erfolg?
Weber: Spontan würde ich das tolle Betriebsfest zum 30-jährigen Bestehen von PPC im Jahr 2000 als grössten persönlichen Erfolg benennen. Wir standen wirtschaftlich hervorragend da und die Mitarbeiter waren zufrieden. Selbst ihre Familien feierten mit uns. Für mich persönlich war aber der grösste Erfolg, dass ich nach dem Fall der PPC hier bei GS Swiss PCB wieder einen verantwortungsvollen Posten übernehmen konnte. So bin ich heute wieder ein glücklicher Mensch. Das ist mein persönlich grösster Erfolg!
CW: Wie haben Sie den Wechsel vom Geschäftsführer respektive sogar Inhaber hin zum «normalen» An­gestellten erlebt?
Weber: Rückblickend hatte ich tatsächlich Angst vor dem Angestelltenverhältnis. Die Befürchtungen drehten sich hauptsächlich darum, dass mir ein Vorgesetzter in meinem Job zu viele und zu enge Leitplanken setzt und jeden meiner Schritte verfolgt. Nach dem Wechsel zu GS habe ich mich zunächst für das gesamte Unternehmen verantwortlich gefühlt. Es fiel mir schwer, Verantwortung abzugeben. Damals habe ich mich in Themen eingemischt, die überhaupt nicht zu meinen Aufgaben zählten, und bin natürlich auch angeeckt. Es gab glücklicherweise aber nie wirklich Streit. Dennoch habe ich eine Zeit gebraucht, um mich an die neue Situation zu gewöhnen. Diese Zeit bekam ich von meinem Vorgesetzten. Er war sehr verständnisvoll.



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