«Die IT lief trotz Corona-Flaute»

Cloud ersetzt jeden dritten Server

CW: Können Sie bitte einige Eckdaten der IT der Hotelplan-Gruppe nennen? Wie sieht die Systemlandschaft aus, wie viele Standorte hat die IT?
Castillo: Gerne. Wir betreiben zwei Rechenzentren in der Schweiz. Hinzu kommen Rechenzentren im Ausland, die wir derzeit allerdings ablösen und die Workloads in die Schweiz holen. In den Rechenzentren laufen rund 850 Server. Einen Teil der Workloads, die wir unter anderem für das dynamische Packaging von Reiseofferten benötigen, lagern wir derzeit in die Google Cloud aus.
CW: Wie viele Server können Sie durch die Auslagerung in die Cloud ablösen?
Castillo: Ungefähr ein Drittel. Für das Packaging halten wir derzeit sehr viel Ressourcen vor. Die Migration ist für das erste Quartal nächsten Jahres geplant.
CW: Stehen diese Systeme derzeit still angesichts der niedrigen Nachfrage?
Castillo: Nein, die IT-Systeme arbeiten ganz normal weiter. Da die Last nicht so hoch ist wie üblich, konnten wir während der vergangenen Monate einige Redundanzen eliminieren. Denn wenn kaum Traffic auf der Website ist, müssen nicht unbedingt vier Webserver laufen. Zwei oder drei genügen dann auch.
Trotz der wenigen Neubuchungen sind unsere IT-Systeme allerdings sehr gut ausgelastet. Denn für rund 100'000 Kunden mussten wir die Reisebuchungen während der letzten Monate annullieren. Und allein, um die Fantasie der Kunden anzuregen, stellen wir weiterhin attraktive Reiseangebote zusammen. Uns freut es dann immer, wenn die Konsumenten sich für eine Offerte entscheiden – auch in diesen unsicheren Zeiten.
CW: Wie hoch war die Annullationsrate – und: Wie hoch ist sie üblicherweise?
Hotelplans Pablo Castillo will sich auch Asien bei der Digitalisierung zum Vorbild nehmen
Quelle: Samuel Trümpy
Castillo
: Üblicherweise annullieren rund 10 Prozent der Kunden eine Reise. In der Pandemie waren es um die 90 Prozent. Die Reiselustigen haben wir teilweise dabei unterstützt, neue Ziele für ihre Ferien zu finden. Wenn die ursprüngliche Buchung auf Spanien lautete, das Land aber auf der Quarantäneliste stand, haben wir den Kunden zum Beispiel nach Zypern umgebucht. Als die Schweiz diese Destination auf ihre Liste setzte, haben wir die Kunden nach Griechenland umgebucht. Und so weiter. Einige Buchungen haben wir fast ein Dutzend Mal geändert, um sie letztendlich dann doch zu annullieren. Jedoch hatten unsere IT-Systeme dabei immer noch gut zu tun.
Ich bin froh, kamen die Systeme nicht an den Anschlag. Denn hätten wir zusätzliche Server-Kapazitäten zukaufen müssen, wäre es eine Herausforderung gewesen. Denn wenn auch die Hersteller und die Zulieferer im Lockdown sind, werden auch keine Server mehr zeitnah geliefert.
CW: Wie gross ist die Nachfrage in der jetzigen Situation – im Jahresendgeschäft?
Castillo: Wir sind bei ca. 20 Prozent des üblichen Traffics. Die Kunden durchstöbern unsere Reiseangebote, die wenigsten von ihnen buchen dann aber tatsächlich. Wir raten derzeit jedoch auch dazu, Reisen kurzfristig zu buchen.
Angesichts des Interesses der Kunden habe ich keine Befürchtungen, dass die Nachfrage nicht zurückkommt. Die Leute sind hungrig und wollen reisen. Aktuell üben sich viele Konsumenten aber noch in Zurückhaltung und verzichten, bis die Pandemie vorbei ist.



Das könnte Sie auch interessieren