«Innovation sichert den Bestand unseres Betriebes»

«Wir sollten den Betrieb schliessen»

CW: Haben Sie überlegt, die Giesserei durch einen 3D-Metalldrucker zu ersetzen?
Christen: Ja. Wir sind wie jedes Jahr für ein Wochenende in eine Klausur gegangen und haben uns intensiv mit der Metalldrucktechnologie auseinandergesetzt. Zu Beginn wurde uns ein Werbevideo gezeigt, nach dem wir eingestehen mussten, dass wir eigentlich den Betrieb schliessen sollten. Denn was dort gezeigt wurde, war extrem beeindruckend und wir sahen uns in diesem Moment als komplett substituiert. Im Anschluss hatten wir zwei Referenten aus der Praxis eingeladen, die uns dann auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt haben.
Der Metalldruck hat sehr viel Potenzial. Die Technologie hat aber mehrere Probleme, die wir in der Giesserei nicht haben. Ein Nachteil ist sicherlich noch der Preis, ein anderer die geringe Bauteilgrösse. Der Guss erlaubt viel grössere Produkte als der Druck. Ausserdem ist die Materialzusammensetzung der Bauteile noch lange nicht vergleichbar mit dem, was wir in der Giesserei herstellen können. Und am Ende zählt meist der Preis, bei dem der Guss unschlagbar ist. Das wird sich in den nächsten zehn Jahren auch nicht ändern. Aber ich beobachte die Technologie weiterhin.
Konventionelle Herstellung einer Gussform aus mit Kunstharz gebundenem Sand bei Christenguss
Quelle: Samuel Trümpy
CW: In einem früheren Interview haben Sie sich als Fan von Elon Musk geoutet. Welche Eigenschaft des Tesla-Gründers fasziniert Sie?
Christen: Musk hatte schon vor Jahren seine Vision, wie beispielsweise die Mobilität in Zukunft aussehen wird. Auf diese Vision arbeitet er hin, ausgehend vom heutigen Stand der Technik. Mit Tesla geht er nun Schritt für Schritt den Weg in die Zukunft – unbeeindruckt von aller Kritik und allen Neidern. Anfangs waren die Elektro-Autos von Tesla nur ein Nischenprodukt für die Oberschicht. Mittlerweile gibt es das Model 3, das auch für normale Konsumenten erschwinglich ist. Und die gesamte Industrie, die Musk als Spinner tituliert hat, obwohl sie selbst seit Jahrzehnten an der Elektromobilität arbeitet, will Tesla nun plötzlich den Markt nicht mehr allein überlassen.
Die Visionskraft und das unbeirrte Hinarbeiten auf das Ziel sind die Eigenschaften Musks, die mich sehr faszinieren. Ob er immer die richtigen Mittel wählt, um das Ziel zu erreichen, ist eine andere Frage. Hier gehe ich auch nicht immer mit ihm konform. Aber dass er seine Vision verfolgt, macht ihn zum Vorbild für mich. Wir als Schweizer KMU können von Musk lernen, eine Vision von unserem Geschäft in der Zukunft zu entwickeln. Es muss vielleicht nicht fünfzig Jahre sein, aber die nächsten zehn bis zwanzig Jahre doch sicher. Auf diese Vision können wir dann hinarbeiten.
CW: Wie weit plant Christenguss in die Zukunft?
Christen: Unsere Geschäftsstrategie ist für die nächsten drei bis vier Jahre ausgelegt, was aus heutiger Perspektive schon ein ultralanger Zeitraum ist. Aber wir als Familienbetrieb haben glücklicherweise die Freiheit, auch bei der Planung etwas opportunistisch sein zu können, wenn unvorhersehbare Dinge geschehen wie beispielsweise eine globale Pandemie.
Zur Firma
Christenguss
wurde 1923 durch Fritz Christen in Küsnacht ZH gegründet. 1956 zügelte der Betrieb an den heu­tigen Standort in Berg­dietikon. Das Familien­unternehmen wird seit 2012 in der vierten Generation von Florian Christen geführt. Christen­guss ist auf Aluminium- sowie Kupferguss spezialisiert und beschäftigt rund 20 Mitarbeiter.



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