Man sollte aufräumen, bevor man zügelt

 Umstieg auf BaNCS

CW: Sie steigen auf BaNCS des indischen Anbieters TCS um. Gab es hierzulande nichts Passendes?
Fuhrer: Nicht für unsere hohen Performance- und Stabilitätsanforderungen. Wir sind in der Schweiz Marktführerin im Zahlungsverkehr und verarbeiten mehr als 1 Milliarde Transaktionen pro Jahr. Das Kernbankensystem TCS BaNCS ist zum Beispiel bei der State Bank of India und bei der Bank of China installiert – das ist der Proof of Concept, dass es unsere Transaktionszahlen meistern kann.
CW: Liegen Sie im Plan?
Fuhrer: Aktuell sind wir gut im Plan. Wichtig ist ein konsequentes Timeboxing, also die Meilensteine konsequent zu einzuhalten, denn sämtliche Ressourcen kosten Geld. Dabei ist es wichtig, den Inhalt straff zu managen. Manchmal muss man auch auf die Umsetzung gewisser Kann-Anforderungen verzichten. So hat man auch die Termine und Kosten im Griff. Ende Februar dieses Jahres haben wir die letzte Software- Lieferung aller beteiligten Systeme und Applikationen erhalten. Nun integrieren und testen wir. Die Einführung werden wir in Dress Rehearsals – Generalproben – viermal durchspielen, bevor wir an Ostern 2018 live gehen.
CW: Das klingt sehr nach traditionellem Wasserfall. Wo sind Sie denn schon agil unterwegs?
Fuhrer: Unsere App-Entwicklung und unser Internetauftritt werden schon seit mehreren Jahren von agilen Teams mit Scrum vorangetrieben. Vor allem bei den Kundenschnittstellen müssen wir agil vorgehen. Wir haben beispielsweise parallel zu CBT im Jahr 2014 Twint gegründet. Wir sind Kooperationen eingegangen und konnten im Markt Spuren hinterlassen, obwohl das Grossprojekt CBT viele personelle Ressourcen bindet. Dies war möglich, weil wir konsequent priorisiert und entschieden haben, was wir machen und was nicht. Jetzt geht es bei CBT vor allem um die Stabilität des Release. Der letzte grosse Release, unser neuer Webauftritt, ist erst ein paar Wochen her. Ab jetzt bis zum Go Live an Ostern 2018 gibt es nur noch kleinere Veränderungen wie regulatorische Anpassungen oder Security-Patches. Im Herbst 2018 lancieren wir dann die ersten Themen für das Digital Powerhouse.
CW: Ein ziemlicher Spagat …
Fuhrer: Die grosse Herausforderung ist es, gleichzeitig mit der Einführung des neuen Kernbankensystems auch die Entwicklung des Unternehmens zum digitalen Powerhouse aufzugleisen. Einerseits führen wir CBT mit der Wasserfall- Methode, anderseits fördern wir die Agilität des Unternehmens. Das Ziel ist, keine Wasserfall-Grossprojekte mehr zu fahren, sondern komplexe Projekte aufzuteilen und schon von Beginn an agil und mit Prototyping zu arbeiten.
CW: Fühlen sich Ihre Entwickler in den altmodischen Wasserfall-Projekten gegenüber den trendigen agilen Teams nicht benachteiligt?
Fuhrer: Nein. Mittelfristig werden alle Mitarbeitenden agil arbeiten, denn das ganze Unternehmen soll sich – soweit es geht – agil entwickeln.
CW: Auch ausserhalb der IT?
Fuhrer: Ja. Zum Beispiel haben wir bei CBT mit dem Fach das ganze Requirement Engineering in agilen Teams gemacht. Wir haben in dreiwöchigen Sprints die Requirements beschrieben, Stand-up-Meetings abgehalten, Backlogs gemanaged und alles sehr iterativ abgewickelt. Unsere Erkenntnis ist, dass man grundsätzlich in allen Unternehmensbereichen agil vorgehen kann.
CW: Wenn Sie dem Projektleiter des Berliner Flughafens einen Tipp für erfolgreiche Grossprojekte geben sollen, was wäre das?
Fuhrer: (kurze Denkpause) Ich kann hier keine Ratschläge erteilen, denn jedes Projekt hat unterschiedliche Herausforderungen. Aber aus meiner Erfahrung meine ich: Ganz klar, sich mit dem Inhalt zu beschäftigen und nicht nur die Anwesenheit der Mitarbeiter oder den Budget- und Zeitrahmen zu überwachen. Man muss ein klares Zielbild vor Augen haben, mit dem man die Mitarbeitenden inspirieren kann. Das entsteht erst einmal aus dem Wissen, über das man zu Beginn verfügt. Wichtig ist, schnell auszuprobieren, ob die kritischen Dinge so funktionieren, wie man sie sich gedacht hat, und das Zielbild aus diesen Lehren anpasst. Man muss die Meilensteine konsequent einhalten und auch Kompromisse eingehen, zum Beispiel weniger wichtige Inhalte auf später verschieben – es müssen nicht immer vergoldete Türklinken sein. Und nicht zuletzt braucht man die richtigen Leute am Steuer.



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