Arbeiten im Metaverse

Heisser Immobilienmarkt

Auch digitale Kunst braucht einen adäquaten Rahmen, glaubt das Beratungsunternehmen Inacta aus Zug. «Wenn man sieht, welcher Run in den letzten Monaten beispielsweise auf digitale Kunst eingesetzt hat, dann liegt es auf der Hand, dass die Besitzer ihre Kunstwerke und Sammlerstücke zudem in der digitalen Welt präsentieren ­wollen», so Blockchain-Experte Daniel Rutishauser. «Wir bei Inacta haben eine virtuelle Insel mit Pavillons erstellt, die Firmen für ihre Zwecke nutzen können.» Entsprechend tun auch Galerien und Museen gut daran, sich mit dem Metaverse zu beschäftigen und Ausstellungskonzepte für digitale Kunst zu entwerfen.
In der virtuellen Welt «Decentraland» existieren bereits Kunstgalerien, Spielhallen und Unterhaltungsparks. ­Diverse Projekte hat der spanische Computerspiele-­Designer Daniel García Aranda realisiert, der mit seinem Studio Polygonal Mind zu den wichtigsten Architekten von «Decentraland» gehört.
Der Zuger IT-Dienstleister Inacta ver­mietet im Metaverse einen Pavillon an seine Kunden
Quelle: Inacta
Die Welt ist neben «The Sandbox» eine der grössten Metaverse-Plattformen. Wer heute die Technologien ­erproben will, kann in beiden Welten Land kaufen – mit Krypto­währungen versteht sich. Da alle Transaktionen auf der Blockchain-Technologie basieren, braucht es weder Grundbuchämter noch Makler, denn der Handel erfolgt vollautomatisch über Smart Contracts. US-amerikanische Analysten haben ermittelt, dass 2021 mit dem Verkauf von Grundstücken und Gebäuden im Metaverse Umsätze von mehr als 500 Millionen US-Dollar generiert wurden. Zum Vergleich: Das Marktforschungsunternehmen BAK Economics registrierte nur im Hochbau in der Schweiz 2021 Investitionen von rund 54 000 Millionen Franken. Über die Ausgaben für Baugrund macht BAK keine Angaben. Und noch ein Vergleich: Die kleinste Parzelle auf «Decentraland» (16 × 16 Meter) kostet aktuell umgerechnet rund 6000 Franken, der (virtuelle) Quadratmeter also knapp 24 Franken. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis für Bauland in der Schweiz liegt bei ca. 600 Franken. Virtuelles Land wird also für einen Zwanzigstel des ­realen Baulands gehandelt.

Gucci-Taschen und Schweizer Mode

Das Bauland ist einerseits ein Spekulationsobjekt für Anleger, aber andererseits auch ein Ort für virtuelle Überbauungen wie eben Kunstgalerien, Event Locations oder auch Boutiquen. Ein Fortnite-Konzert von Travis Scott zählte 27,7 Millionen Besucher – weit mehr, als ein typisches Konzert unterbringen kann. Die Edelmarke Gucci schuf im Jahr 2021 «The Gucci Garden Experience» für virtuelle Produkte und verkaufte einen reinen digitalen Zwilling einer Handtasche zu einem höheren Preis als ihr reales Gegenstück. Den umgerechnet fast 1600 US-Dollar für die vir­tuelle Gucci standen 1350 US-Dollar für einen vergleichbaren «Dionysus Mini Chain Bag» gegenüber. Für die ­zusätzlichen Einnahmen im Metaverse musste Gucci nur ­einige Hundert Zeilen Programmcode schreiben, die sich nun wiederverwenden lassen. Zusätzliches Personal, das Engagieren einer Werbeagentur oder auch ein Lieferdienst für die Luxushandtaschen waren nicht erforderlich.
Den Schritt ins Metaverse bereits gegangen ist das Kaufhaus Jelmoli. Gemeinsam mit dem Zürcher Lehr­atelier Modeco und der STF Schweizerischen Textilfachschule wurde das Projekt «The Power of Craft» lanciert. Dafür hat Jelmoli einen eigenen Verkaufsraum realisiert, der mittels Virtual-Reality-Brillen betreten werden kann. Hier können Kundinnen und Kunden die von Studierenden der STF designten und von Lernenden des Ateliers Modeco produzierten Kleidungsstücke als NFT kaufen.
Wer mittels der Kryptowährung Ethereum ein solches ­Fashion-Piece ergattert, bekommt das physische, reale ­Designerstück kostenfrei mit dazu. Der Kaufhauskonzern rechnet bei dem Projekt zwar nicht mit einem Millionenumsatz, will aber die Möglichkeiten des Metaverse testen im Hinblick auf die Zukunft des Einkaufens. Für die Textil­fachschule ist das Metaverse eine Technologie, mit der die Studierenden die im Unterricht vermittelten Kenntnisse mittels Avataren auf ein neues Anwendungsfeld transferieren können. Jelmoli benötigt also weiterhin ­Detailhandelsverkäufer und die SFT Modedesigner, beide mit fortgeschrittenen Computerkenntnissen.



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