08.09.2008, 11:09 Uhr

Wer sucht, muss finden

Eine gute Suchfunktion ist für jede Website zentral - ganz besonders für Onlineshops. Doch wie lässt es sich bewerkstelligen, dass die Besucher wirklich das Gewünschte finden? Und wie wahrt der Betreiber seine Interessen?
Kürzlich hatte ich die Website-Verantwortliche einer Bank darauf hingewiesen, dass ich erst nach längerem Suchen ihr Onlinebanking-Angebot gefunden habe. Sie könne das nicht verstehen, antwortete sie mir. Ihr Team überprüfe regelmässig, ob die Suchbegriffe in den gefundenen Webseiten vorkommen. Sie hat die Suchmaschinenproblematik offensichtlich nicht verstanden: In der Informationsbeschaffung (Information Retrieval, kurz IR) unterscheiden wir bei Suchresultaten zwischen relevanten und irrelevanten Webseiten. Eine Seite ist für eine Suchanfrage relevant, wenn das Informationsbedürfnis des Benutzers befriedigt wird. Deshalb kann eine Website mit den gesuchten Begriffen irrelevant sein, da sie nicht die benötigten Informationen enthält. Dafür ist für den Benutzer vielleicht eine Seite ohne den gesuchten Begriff sehr relevant. Das Pech ist, dass sie den Titel E-Banking statt Onlinebanking trägt.

Wer sucht, muss finden

Unterschiedliche Bedürfnisse

Nicht alle Informationsbedürfnisse sind so simpel wie unser E-Banking-Beispiel. Dabei handelte es sich um eine sogenannte Navigationsanfrage. Gesucht wurde der Einstieg ins Onlinebanking, um von dort aus weiter zu navigieren. Das konnte aber die Suchfunktion der Banken-Website nicht wissen. Nachträglich wurde jetzt der Suchbegriff "Onlinebanking" hinzugefügt. Hinter der Anfrage könnte auch das Informationsbedürfnis: "Wie funktioniert Onlinebanking?" stecken. Das wäre eine Informationsanfrage, bei der Informationen über etwas gesucht werden. Das dritte Beispiel für ein Informationsbedürfnis ist die Frage: "Wie viel kostet Onlinebanking?". Dabei handelt es sich um eine typische Faktenanfrage. Die Unterscheidung in Navigations-, Informations- und Faktenanfragen zeigt, dass eine Webseitensuche viele Unsicherheiten bewältigen muss. Hinzu kommt, dass die Beurteilung relevant/irrelevant eine subjektive Komponente enthält. Der Laie erachtet eine sehr technische Abhandlung über E-Banking-Zertifikate als irrelevant, während der IT-Sicherheitsspezialist genau diese Information sucht. Wir haben es also mit verschiedenen Unsicherheitsfaktoren zu tun, aufgrund derer das Suchproblem nicht perfekt lösbar ist.

Wer sucht, muss finden

Die Interessen der Betreiber

Ausser den Benutzern einer Webseitensuche haben auch die Betreiber der Website Interessen. Diese unterscheiden sich beträchtlich: Die grossen Suchdienstleister Google, Yahoo und Microsoft möchten ihre Werbeeinnahmen maximieren. Deshalb stellen sie ihre Suchmaschinen so ein, dass populäre Suchresultate bevorzugt werden. Je beliebter die Ergebnisse in breiten Benutzerkreisen sind, umso mehr wird die Suche benutzt. Damit ist die Wahrscheinlichkeit grösser, dass ein gesponserter Link angeklickt wird. Ein Onlineshop versucht hingegen, die Resultate so zu präsentieren, dass die kauffreudigen Kunden möglichst auch noch etwas anderes erstehen. Selbstverständlich lassen sich - wie in einem richtigen Laden - Produkte mit einer höheren Gewinnmarge besser positionieren. Auch Onlineshops nutzen zudem Data Mining, um ihre Umsätze zu maximieren. Ganz anders sieht es bei einer Onlinedatenbank aus, die Rechtsinformationen wie Urteile, Gesetzeserlasse und Literatur verkauft. Hier ist zu berücksichtigen, dass ein Verfassungsartikel wichtiger ist als ein Artikel aus einer Verordnung. Ebenso hat ein Leitentscheid des Bundesgerichts eine grössere Bedeutung als das erstinstanzliche Urteil eines Obergerichts. Wie sieht es bei einer Unternehmenswebsite aus? In der Regel wird die Website einer Firma als Kommunikationsinstrument betrachtet, um bestimmte Zielgruppen zu erreichen. Hier werden die Interessen des Webseitenbetreibers durch die Kommunikationsverantwortlichen definiert. Diese vier Beispiele zeigen, dass bei Suchanwendungen die Interessenslagen sehr unterschiedlich sein können.

Wer sucht, muss finden

Monitoring ist unerlässlich

Das Interesse einer Firma mit Website besteht darin, via Internet mit den relevanten Zielgruppen zu kommunizieren. Wie kann dies am besten realisiert werden? Die Antwort findet man bei den grossen Suchportalbetreibern. Diese setzen systematisch Monitoring- sowie Data-Mining-Werkzeuge ein und optimieren auf diese Weise laufend ihre Suchmechanismen. Bei kleineren Websites ist der Aufwand entsprechend geringer. Mit geeigneten Monitoring-Werkzeugen kann die Onlinekommunikation ohne Probleme überwacht werden. Wichtig ist, dass nicht nur die Zugriffe analysiert werden, sondern auch die Suche in die Statistik Einzug hält. Gemäss einer Studie von Forrester verwendet die Hälfte der Benutzer die Webseitensuche, um relevante Seiten direkt zu finden. Die andere Hälfte bevorzugt das Navigieren mittels Hyperlinks. Beide Zugriffsarten müssen überwacht und im Sinn der vorgegebenen Kommunikationsstrategie interpretiert werden. Reine Zugriffsstatistiken sind ungenügend.

Neue Aufgaben

Bei vielen Unternehmen und Organisationen wird heute der Onlinekommunikation eine grosse Bedeutung beigemessen. Sie bietet neue Möglichkeiten. Dies bedeutet häufig auch neue Aufgaben. Bei der Webseitensuche ist das ebenfalls der Fall. Es ist nicht damit getan, der Informatikabteilung einen Projektauftrag fürs Erstellen einer Webseitensuche zu erteilen. Es müssen auch Werkzeuge fürs Monitoring berücksichtigt werden. Eine wichtige Anforderung an die Suchfunktion ist, dass die Kommunikationsverantwortlichen die Ergebnisse im Sinne der Kommunikationsstrategie beeinflussen können. Die Erkenntnisse aus dem Monitoring müssen zu Verbesserungen der Suchresultate führen. Dies ist aber nur im Rahmen eines prozessorientierten Qualitätsmanagements möglich. Die Verantwortung dafür liegt bei der Corporate Communications. Wie viel Aufwand für diese Aufgabe sinnvoll ist, hängt von der spezifischen Bedeutung der Onlinekommunikation ab. Zu berücksichtigen ist auch die Anzahl Visits und Pageviews. Je höher diese Zahlen sind, desto mehr Aufwand ist gerechtfertigt.

Der Autor Dr. sc. techn. ETH Peter Schäuble ist CEO der

Zürcher Eurospider Information Technology




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