09.03.2015, 17:57 Uhr
IT-Vergabe im Kanton Thurgau lässt weiter Fragen offen
Im Kanton Thurgau sorgte eine IT-Vergabe an einer Primarschule für Wirbel. Zwar ist diese für das Gericht mittlerweile erledigt, Computerworld liegen aber Unterlagen vor, die ein genaueres Hinschauen nötig machen.
Öffentliche Beschaffungen sind so eine Sache. Nicht einmal auf Stufe Bund, wo man ein eigenes Amt dafür hat, klappen diese reibungslos. Im Kanton Thurgau hat das Departement für Erziehung und Kultur deshalb die Fachgruppe Kick ins Leben gerufen, die Schulen und Lehrkräfte bei der Integration neuer ICT-Mittel unterstützt. Seit 2001 hat die Fachgruppe insgesamt 65 Verfahren mit einer Beschaffungssumme von 9,2 Millionen Franken begleitet. Vor gut einem Jahr gab es Kontroversen, als der unterlegene Anbieter gegen eine IT-Vergabe der Primarschule Sulgen klagte. Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau gab ihm recht, die Vergabe musste wiederholt werden. Vor allem die Gewichtung des Preises in der Ausschreibung wurde kritisiert. Gemäss Gerichtsprotokollen bewertete die Schule den Preis mit 18 Prozent. Experten sind aber der Meinung, dass für einfache Arbeiten der Preis mit 60 bis 80 Prozent, bei komplexen Aufträgen mit 20-50 Prozent gewichtet werden sollte. Wobei die Ausstaffierung eines Schulhauses mit Laptops, PCs und der Einrichtung von WLAN für einen ICT-Anbieter eher zu den Standarddienstleistungen gehören dürfte. Das Gericht beurteile die Sachlage ähnlich und legte fest, dass bei der neuen Ausschreibung der Preis mit 40 bis 50 Prozent gewichtet werden muss. Für diese Ausschreibung nahm die Primarschule Sulgen erneut die Beratung der Fachstelle Kick in Anspruch und legte den Preis bei 40 Prozent fest. Mit dem Resultat, dass derselbe Anbieter wie bei der ersten Ausschreibung gewann. Auch gegen dieses Verfahren legte der unterlegene Anbieter Einspruch ein, musste aber kürzlich erfahren, verloren zu haben. Die Begründung des Gerichts lässt aber Fragen offen. So wird im Urteil die Berechnungsmethode der Primarschule Sulgen kritisiert. Während grundsätzlich eine steile Preiskurve benutzt werden soll, wurde in diesem Fall mit einer flachen Kurve gerechnet. Dies führte laut Gericht dazu, dass ein Anbieter mit einem doppelt so hohen Preis immer noch die Hälfte der Punkte des billigsten Anbieters erhält. «Dadurch wird die Gewichtung des Preises als wichtiger Faktor völlig verwässert», heisst es im Urteil. «Es muss darum festgehalten werden, dass die Punktierung des Preises anhand der benutzten Formel nicht zulässig war.» Weil aber der Ausschreibungsverlierer laut Verwaltungsgericht auch mit einer erheblich besseren Punktzahl beim Preis das schlechtere Angebot gehabt hätte, wurde die Beschwerde abgewiesen.
Die Kundin entscheidet
Gemäss Auskunft der Fachstelle Kick liegt die Gewichtung der Zuschlagskriterien im Rahmen eines Ermessensspielraums immer bei der Kundin. Dokumente, welcher der Computerworld vorliegen zeigen aber, dass zumindest die Bewertungsmatrix von der Fachstelle Kick erstellt wurde. So stellt sich die Frage, wie der Preis bei Vergaben der Fachstelle Kick in den letzten Jahren gewichtet wurde. Darauf gibt es auf Nachfrage keine Auskunft. Dafür schreibt Priska Sieber, Rektorin der pädagogischen Hochschule Thurgau, welcher die Fachstelle Kick angegliedert ist: «Die Beurteilung der Preise im von Ihnen erwähnten Verfahren (Anm. der Redaktion: ersten Verfahrens) – die vom Verwaltungsgericht (VG) moniert wurde – war auf zwei Kriterien aufgeteilt und lag bei einem der beiden Kriterien bei 18 Prozent, zusammen mit der Preisgewichtung in einem anderen Kriterium in der Summe aber deutlich über 30 Prozent.» Bei der Frage nach der Preiskurve verwies Sieber auf die Verantwortlichkeit der Kundin - in dem Fall die Primarschule Sulgen. Es bleibt zu hoffen, dass in künftigen Ausschreibungen die Fachstelle Kick ihren Kunden rät, den Preis richtig zu bewerten. Entsprechende Bemühungen sind ersichtlich: Sieber schreibt, dass das Verwaltungsgericht die Art der Preisaufteilung und die Kommunikation als verbesserungswürdig taxierte. Man werde dies bei künftigen Beratungen beachten.