Amazons Super-Gau 29.04.2011, 15:32 Uhr

Cloud Computing am Ende?

Totalausfall bei Amazon EC2: Kundendaten gingen unwiderbringlich verloren. Was ist passiert, und wer traut sich jetzt noch in die Cloud? Die Analyse der Katastrophe, Auswirkungen auf den Schweizer Markt.
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Gründonnerstag, den 21. April, ging Amazon in die Knie. Dem Totalausfall der EC2-Services folgten massive Performance-Probleme, die bei einigen Kunden bis zum Sonntagmorgen anhielten. Was eine solche Superpanne finanziell für ein Unternehmen bedeutet, kann sich jeder Schweizer Geschäftsführer an allen zehn Fingern selbst ausrechnen. Ursache der Probleme war, so meldete Associated Press, der Ausfall eines Amazon-Rechenzentrums in der Nähe des Dulls Airports am Stadtrand von Washington. Die Systeme hätten verrückt gespielt und jede Menge unnützer Backups auf die Platten gespült, sickerte durch. Von den Gerüchten am Wahrscheinlichsten (Amazon hat sich offiziell noch nicht geäussert): Ein mehrtägiger Ausfall deutet auf eine ernsthafte Hardware-Panne, also etwa einen Platten-Crash, hin. Software-Fehlfunktionen lassen sich in der Regel schneller fixen. Vor Kurzem rutschte Amazon schon einmal in die Schlagzeilen, nachdem der Cloud-Dienstleister auf seinen Servern gespeicherte Wikileaks-Dateien vom Netz genommen hatte. Hackerkreise waren «not amused» und schmiedeten Rachepläne, aber auch Geschäftskunden stellten sich wieder einmal die Frage: Wie sicher sind meine Daten eigentlich in der Cloud (wenn ein Provider sie auf Anweisung einfach vom Netz nehmen kann)? Weiter gehts auf der nächsten Seite.

Kundendaten verloren...

Durch seine Wikileaks-Aktion hat «Amazon dem Cloud Computing einen Bärendienst erwiesen», kommentierte damals Fujitsu-Vorstand Joseph Reger. Der Image-Schaden durch die Megapanne über Ostern dürfte noch weitaus grösser ausfallen. Was auch immer die Gründe für den Super-Gau waren, Fakt ist: Die Desaster-Recovery-Systeme des Cloud-Pioniers haben kläglich versagt, einige Kundendaten sind unwiderbringlich verloren. Amazon entschuldigte sich mittlerweile per E-Mail bei den betroffenen Unternehmen: "The hardware failed in such a way that we could not forensically restore the data. (...) We apologize for this volume loss and any impact to your business." (Business Insider, 28. April 2011) Amazon hatte im ersten Quartal 2011 mit schrumpfenden Gewinnen zu kämpfen. Möglicherweise hat der Cloud-Provider am falschen Ende, eben an der Ausfallsicherheit seiner Systeme, gespart. Denn echter Katastrophenschutz ist teuer und treibt in Folge die Preise in die Höhe. Im Prinzip muss der Anbieter, wie bei einem Zweitwagen mit laufendem Motor, alles doppelt oder gar dreifach vorhalten. Das war bei Amazon offensichtlich nicht der Fall. Backups sollen teilweise auf den gleichen Maschinen abgespeichert worden sein wie die Primärdaten - preiswert, aber riskant.

...Glaubwürdigkeit perdue

Die «Value Proposition» mit der Cloud-Anbieter lange Zeit auf Kundenfang gingen, lautete: Ihr Unternehmen konsumiert den Service, wir kümmern uns um den Rest. Dieses Versprechen hat seit dem 21. April erheblich an Glaubwürdigkeit eingebüsst. Schweizer Firmenchefs sahen die Cloud bisher mit skeptischen Augen. Daran wird sich in absehbarer Zeit wohl kaum etwas ändern.



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