«Open Source sichert den Kunden die Wahlfreiheit»

Das Ende der klassischen IT

Computerworld: Bahnt sich allenfalls ein Ende für die klassische Informatik-Infrastruktur an? Übernehmen die Cloud, Container und Hyperscaler?
Bodmer: Auch die Cloud ist mit Vorsicht zu geniessen. Die Hyperscaler und auch die kleineren Cloud-Anbieter können durchaus der nächste Vendor-Lock-in sein. Wie heute Anwendungen und Daten in bestimmten Systemen «gefangen» sind, können in Zukunft die Prozesse ausschliesslich in der Amazon-Cloud (oder Google, oder Microsoft, oder Oracle, oder Swisscom) lauffähig sein. Dann drohen wieder die Kosten zu explodieren, weil die Kunden keine Wahl haben. Eine Lösung heisst Open Source, was den Kunden die Wahlfreiheit sichert.
Red Hats Léonard Bodmer erwartet die Entwicklung von branchenspezifischen Clouds
Quelle: computerworld.ch
In Zukunft wird es immer mehr industriespezifische Clouds geben. Ein Anbieter spezialisiert sich auf Kunden aus der Finanzindustrie, ein zweiter auf die Pharmabranche, ein dritter auf die öffentliche Hand. In den Infrastrukturen sind dann branchenspezifische Regulatorien schon in Informatik abgebildet, so dass die Kunden diese Verantwortung noch abgeben können.
Computerworld: Sehen Sie schon Ansätze für diese industriespezifischen Clouds? Die Swisscom könnte in der Finanzdienstleistungsbranche schon ein Vorreiter sein.
Bodmer: In der Schweiz wird das Thema von den Independent Software Vendors getrieben, zum Beispiel Avaloq, Finnova oder Temenos. Die Anbieter müssen von den monolithischen Applikationen wegkommen und sich in Richtung von Containern entwickeln. Anschliessend können die Kunden den Betrieb den BPO- oder Managed-Services-Anbietern übergeben. Hierzulande wird die Entwicklung Bottom-up geschehen. Global könnte die Entwicklung durchaus Top-down passieren – wenn die Hyperscaler mit granularen Produkten oder nur Prozessen kommen.
“Wachstum ist für uns seit jeher eine Herausforderung„
Léonard Bodmer, Red Hat Switzerland
Computerworld: Welche Hindernisse hat Red Hat beim Wachstum?
Bodmer: Wachstum ist für uns seit jeher eine Herausforderung. Red Hat wächst seit 61 Quartalen mit rund 20 Prozent. Wenn das anhält, beschäftigen wir demnächst 20'000 Leute. Aber diese vielen neuen Kollegen müssen auch adäquat in die bestehenden Strukturen integriert werden.
In der Schweiz gibt es zwar viele hoch talentierte Kandidaten, die aber auch sehr umworben sind. In Gremien wie dem Branchenverband Swico ist immer wieder von einem Mangel die Rede. Circa 30'000 Leute fehlen, heisst es da. Das bestreite ich nicht. Meine Lösung lautet aber: Es muss eine Umverteilung stattfinden. Die klassischen Datenbank-Administratoren und Engineers sollten sich neu orientieren und sich mit den modernen Infrastrukturen auseinandersetzen. Leider ist der Widerstand in der Belegschaft gegen die Veränderung noch sehr gross.
Hinzu kommt, dass ein Unternehmen wie Google in der Schweiz stark expandiert. Bei den 4000 Mitarbeitern, die sie anstreben, bleibt dann für ein kleines Haus wie Red Hat nicht mehr viel übrig.



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