Hard- und Software 25.08.2006, 09:44 Uhr

Rückgrat der IT

Hard- und Software gelten als unspektakuläre Bausteine der IT, im Scheinwerferlicht stehen andere Hype-Themen. Doch auch Hard- und Software haben das Zeug zur Innovation. Und zunehmend sind sie miteinander verwoben.
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Wer wissen möchte, welches die Trendthemen der IT sind, der folgt am besten den Geldströmen der Risikokapitalgeber. Denn die investieren dort, wo sie künftige, lukrative Nachfrage vermuten. Bei den Anwendern steht «konventionelle» Hard- und Software nicht sehr hoch im Kurs. Das zeigt auch die aktuelle Computerworld-Umfrage, die wir unter den Bewerbern für die Top-500-Rangliste erhoben haben: Gerade 5,5 Prozent der Antwortenden bezeichnen Hardware als eines der «Zugpferde in der IT» in den nächsten zwei Jahren. An Software glauben immerhin 21,8 Prozent. Am anderen Ende der Skala liegen die Themen Internet-Business und Webservices: Jeder zweite unserer Leser bescheinigt ihnen das Zeug zum Branchenmotor.

Doch auch wer nicht im Rampenlicht steht, kann dynamisch sein. So hat eine aktuelle, unter Federführung von Pricewaterhousecoopers durchgeführte Studie ergeben, dass die Softwarebranche unter den Venture-Kapitalisten nach wie vor als hoch interessant gilt: Rund eine Milliarde Dollar schossen sie allein im dritten Quartal 2005 in dieses Segment ein. Dabei gehen sie allerdings selektiv vor: Nur Software für Business Intelligence, für Security und das Management mobiler Applikationen galten als förderungswürdig. Gute Chancen attestieren die Marktbeobachter auch denjenigen Start-ups, die Software im Servicemodell anbieten.
Den Puls der IT geben nach wie vor die USA vor. So verwundert es nicht, dass unter den ersten zehn Plätzen der Schweizer Top-500-Liste 2005, und wie schon in den Vorjahren, die grossen Hard- und Softwareanbieterinnen Hewlett-Packard (HP), IBM, Dell und Microsoft figurieren. Nur Letztgenannte ist ein reines Softwarehaus. Dell wiederum verkauft nur Hardware. HP und IBM tun beides, wobei HP trotz aller Bemühungen, sich als Dienstleisterin zu etablieren, drei Viertel ihres Umsatzes 2005 mit Hardware einfuhr. Bei IBM war es immerhin noch ein Drittel, vom PC bis hin zum Grossrechner. Fazit: Hardware gilt zwar als unsexy - einträglich kann sie dennoch sein.

Enge Verflechtungen

Gleichzeitig ist zu beobachten, dass immer mehr IT-Anbieter sich als One-Stop-Shop zu etablieren versuchen. Eine EMC etwa, einst rein hardwarebasiert mit Speichern gross geworden, hat durch Akquisitionen vielerlei Know-how zugekauft und bietet heute eine Gesamtpalette rund um die Informationsverarbeitung in Unternehmen an: von den Gerätschaften über Management- und Applikationssoftware bis hin zu Services.

Hard- und Software: Rückgrat der IT

Just vor einigen Wochen meldete HP ihr Kaufinteresse an Mercury Interactive an. Sie holt sich damit die Softwarekompetenz ins Haus, um Rechenzentren effizient zu betreiben und zu kontrollieren. Ein drittes Beispiel: AMD (Advanced Micro Devices), ewige und findige Widersacherin der grossen Intel, greift nach ATI, die auf Grafikprozessoren und -Chipsets spezialisiert ist. Es locken Mobile Computing und Unterhaltungselektronik, beides Segmente, in denen die Nachfrage demnächst explodieren soll. Mit ATI unter ihrem Dach fühlt sich AMD gewappnet als Lieferantin kompletter Chipplattformen, etwa für digitales Fernsehen.
Die Verflechtung von Hard- und Software klappt auch unternehmensübergreifend: Wer 64-bittige Betriebssysteme ausschöpfen will, braucht passende Software. Wer virtuell rechnen will, profitiert erst richtig mit Prozessoren, die dank spezieller Funktionen die Softwarevirtualisierung unterstützen.
Dem Gros der Anwender allerdings reichen indes Standardrechner, egal ob Desktop, Notebook oder Server. Deren Verkaufspreise sinken weiterhin kontinuierlich. Rund ein Viertel der heute verkauften Server sind Blades - auch sie gelten also bereits als Massenware. Dabei verdienen kann hier nur noch, wer gewaltige Stückzahlen absetzt sowie Fertigung und Logistik optimiert. Analoges gilt im Chipsektor: Waren zweikernige Prozessoren 2004 noch etwas besonderes, sind sie heute Normalität. Innovation heisst inzwischen: vier oder noch mehr Kerne.
Das bleibt nicht ohne Auswirkung für die Software: Die grossen Softwareanbieter wenden sich zunehmend ab von herkömmlichen Lizenzmodellen, wo pro User, allenfalls pro CPU, verrechnet wird. Software wird heute im Abonnement bezogen, oder ihre Kosten variieren je nach Anzahl der Prozessorkerne - oder beides.
Oder aber sie wird ganz ohne Abgaben eingesetzt. Legal und sehr im Trend ist das, und nennt sich Open Source. Illegal wirds, wenn ihre Nutzer zu denjenigen 35 Prozent aller User weltweit gehören, die 2005 mit Raubkopien arbeiteten. 34 Milliarden Dollar, lamentieren die Anbieter, seien ihnen dadurch durch die Lappen gegangen.
Catharina Bujnoch



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