04.11.2010, 08:27 Uhr

Was Banken von Google lernen können

Google hat sämtliche Routineaufgaben in Software abgebildet. Die Mitarbeiter kümmern sich nur um Innovation. Das ist ein Modell für Banken, meint SunGard-Vordenker Till Guldimann.
Till Guldimann von SunGard sieht Google als Vorbild für die Finanzindustrie
Mit AdWords-Auktionen, AdSense-Werbeeinblendungen und den individualisierten AdXchange-Anzeigen auf Cookie-Basis realisiert Google jährlich einen Umsatz von mehr als 20 Milliarden US-Dollar. Bei den meisten dieser Geschäftsprozesse sind keine Angestellten des Suchmaschinengiganten involviert. Software-Algorithmen veranstalten automatisch Auktionen und verteilen Anzeigen auf Werbeplätze von Homepage-Betreibern. Wie Till Guldimann, Vizevorsitzender von SunGard, am Zürcher «Finance Forum» ausführte, fänden zum Beispiel in AdWord-Kampagnen täglich circa 300 Millionen Auktionen statt. Allein mit AdSense-Werbung auf kleineren Webseiten generiere Google pro Tag einen Umsatz von 70 Millionen US-Dollar.
Da Geschäftsprozesse bei Google weitgehend automatisiert sind, braucht das Unternehmen nahezu nur hochqualifizierte Mitarbeiter. Sie arbeiten an der Fortentwicklung der Technik und an Produktinnovationen. «Google hat mit Onlinewerbung ein neues Geschäft geschaffen», sagte Guldimann. «In einer so komfortablen Situation sind die Banken nicht, denn ihr Geschäft existiert bereits.» Trotzdem seien die Googles Praktiken zukunftsweisend auch für die Finanzindustrie.
Routineaufgaben automatisieren
Weltweit erledigen heute rund 50'000 Fond-Manager täglich Routinearbeiten wie das Anpassen und Prüfen von Einlagen. Bei diesen Tätigkeiten gibt es laut Guldimann grosses Optimierungspotential. Wenn etwa Software-Algorithmen auf Basis der Expertise der Fond-Spezialisten wiederkehrende Aufgaben erledigen würden, könnten 30 Prozent der Arbeiten eingespart werden. Auch liesse sich das Know-how von 12'000 Mitarbeitern in anderen Bereichen nutzen.
Welche Risiken das Automatisieren von Geschäftsprozessen birgt, lesen Sie auf der nächsten Seite.
Den Worten des SunGard-Vordenkers zufolge lehrt das Modell Google, dass sich mit heutiger Technik repetitive Entscheidungen automatisieren lassen sowie das Wissen und die Fähigkeiten der Mitarbeiter so auf Innovation konzentriert werden kann. Jedoch, wendete Guldimann auch ein, müssten einerseits fachlich versierte Mitarbeiter die Algorithmen programmieren und andererseits die frei gewordenen Kapazitäten genutzt werden. Zu diesen Aufgaben seien nicht alle Angestellten fähig und bereit.
Jedoch dränge die Zeit, denn die Entwicklung zu mehr Automatisierung auch in der Finanzbranche sei unumkehrbar, meinte der SunGard-Vizechef. Um Mitarbeiter jetzt zu involvieren, biete sich an, in kleinen Schritten voranzuschreiten. Gemäss Guldimann hat zurzeit noch keine Bank das Thema umgesetzt.
Risiko Software-Algorithmen
Einen Grund für die Zurückhaltung der Banken beim Einsatz von Algorithmen sieht Guldimann in der starke Regulierung im Finanzbereich. Wie wichtig diese sei, habe der «Flash Crash» im Mai dieses Jahres bewiesen. Damals brach der Dow-Jones-Index zwischenzeitlich um fast tausend Punkte ein. Die US-amerikanische Börsenaufsicht identifizierte den computergesteuerten Verkauf von Finanzwerten als Ursache für den Kursrutsch.



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