18.10.2013, 08:10 Uhr

Windows 8.1 im CIO-Check

Microsoft lanciert das erste grosse Update für Windows 8. Computerworld hat bei den IT-Leitern von Schweizer Firmen nachgefragt, welche Erwartungen sie an Windows 8.1 haben.
Neu lässt sich der Startbildschirm von Windows 8.1 individuell konfigurieren
Windows 8.1 bringt den Startkopf zurück, Windows 8.1 erlaubt das Starten im Desktop-Modus, Windows 8.1 wird persönlicher. Diese drei Funktionen sind auf den ersten Blick die grössten Neuerungen am ersten Update für das Microsoft-System. CIOs von hiesigen Unternehmungen blicken aus einer anderen Perspektive auf Windows 8.1. Computerworld hat die Sichtweisen von drei IT-Leitern und zwei Implementierungspartnern abgefragt. Alle fünf Unternehmungen – bfu, Diwisa, Glarner Kantonalbank, Baggenstos und redtoo – haben bereits auf Windows 8 migiert oder sind inmitten eines Projekts. Mit dem Wechsel des Betriebssystems geht vielerorts eine Erneuerung der Client-Hardware einher. Dabei arbeitet aber nur eine Minderheit der Anwender in Zukunft mit Tablets, vielfach setzen die Firmen noch auf herkömmliche Desktops oder Notebooks. Augenscheinlich hat sich die Situation auf dem Hardware-Markt seit dem Start von Windows 8 vor einem Jahr bedeutend verändert, denn das Fehlen geschäftstauglicher Tablet-Computer wird kaum noch als Grund für den Verzicht genannt. In der Business-Praxis fehlen oftmals die Anwendungen, die Fingerbedienung und Tablet-Modus erfordern würden. So bekommen vielfach die Mitarbeiter im Verkauf und die Geschäftsleitungen repräsentative Tablets, während die Büroangestellten mit Desktops respektive Notebooks weiterarbeiten. Nächste Seite: bfu löst Windows 7 ab Die schweizweit tätige Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) plant für den Jahreswechsel den kompletten Umstieg von Windows 7 auf Windows 8.1. Alle 125 bfu-Mitarbeiter sollen statt der aktuell vorhandenen Desktops und Notebooks ein Tablet bekommen. Der Favorit ist zurzeit Surface Pro 2 von Microsoft. Die Organisation verspricht sich mehr Möglichkeit zum Betrieb von mobilen Geräten. «Die Tablets sollen den Desktop ersetzen», definiert Peter Schönthal, Leiter IT der bfu, das Projektziel.
Der Informatikverantwortliche rechnet für die nächsten Wochen und Monate mit einem überschaubaren Migrations- sowie Schulungsaufwand. Für die Angestellten sind zurzeit vier einstündige Kurse geplant. Themen sind nach Auskunft von Schönthal: «Grundfunktionen von Windows 8.1 und dem neuen Tablet», «Microsoft-Konto und dessen Konfiguration und Nutzung», «Neuerungen bei Office 2013» sowie «mobile Nutzung und OneNote 2013». Vom App-Store verspricht sich der Leiter IT eine höhere Autonomie der Mitarbeiter. Die Angestellten werden die Startseite an ihre individuellen Arbeitsanforderungen und Bedürfnisse anpassen können. Eigene Business-Apps und einen firmeneigener App-Store sind nach Auskunft von Schönthal geplant, werden wohl aber erst im nächsten Jahr realisiert. Nächste Seite: Diwisa prüft das Update Bereits ein Jahr Erfahrung mit Windows 8 hat Marcel Mosimann, IT-Leiter der Distillerie Willisau SA (Diwisa). Er prüft aktuell, ob er die Desktops und Tablets in seinem Betrieb auf Windows 8.1 aktualisieren kann. Die grösste Hürde dabei ist die Kompatibilität mit einigen Anwendungen, sagt Mosimann. So wird die Antivirenlösung aktuell noch nicht unterstützt. Auch setzt Diwisa auf ein selbst entwickeltes Warenwirtschaftssystem, das aktuell das Update der Clients verhindert. Grund ist die für das ERP erforderliche, alte Java-Version, die vom Internet Explorer nicht supportet wird. Heute hilft sich das Unternehmen mit einem alternativen Browser, bis das ERP eine neuere Java-Version verwendet.
Von den neuen Funktionen an der Betriebssystem-Oberfläche erwartet der IT-Leiter dagegen keine entscheidenden Vorteile. Die Diwisa-Angestellten arbeiten sowohl mit Desktop-PCs, Laptops als auch Tablets. «Wir verwenden Windows 8 ausschliesslich im Desktop-Modus. Der Kachelmodus wird nur für Kundenpräsentationen auf den Tablets verwendet», gibt Mosimann einen Einblick in den Arbeitsalltag. Der Start-Button ist allerdings kein Grund für den Wechsel. «Der wiederbelebte Knopf nützt nichts, da es nur eine Umschaltung zwischen Kachel- und Desktop-Modus handelt. Diesen Zweck erfüllte bereits die Windows-Taste», führt er aus. Für Mosimann und seine Kollegen in der Divisa-Informatik stehen bei dem Windows-Update die erweiterten Einstellungsoptionen für den Support im Vordergrund. Im Zusammenspiel mit dem firmeneigenen Windows Server 2012 gewährt die Funktion DirectAccess beispielsweise der Verkaufsorganisation mit 20 Key Accounts unterwegs einen verschlüsselten Zugriff auf die unternehmensinternen Ressourcen. Dafür müssen sich die Anwender beim Kunden vor Ort genau wie im Büro nur mit Benutzername/Passwort anmelden. Die zuvor erforderliche, separate VPN-Tunnel-Authentifikation entfällt, was eine markante Zeitersparnis bedeutet. Nächste Seite: Bank-Tablets mit Full HD Auf einen ähnlich grossen Erfahrungsschatz wie Diwisa kann die Glarner Kantonalbank zählen. Ralf Luchsinger, Leiter IT, startete am 1. November 2012 den Produktivbetrieb mit Windows 8. Damals eröffnete die Bank eine neue Filiale in Näfels, in der nur Rechner mit dem neuen System eingesetzt werden.
Parallel hat die Kantonalbank Windows 8 auf alle rund 240 Arbeitsplätzen ausgerollt und strebt heute das Update an. «Die Gründe für Version 8.1 sind neue Möglichkeit der Anzeige-Skalierung und Miracast», sagt der Leiter IT. Die Helix-Modelle von Lenovo bei der Bank besitzen Full-HD-Bildschirme, die Arbeitsplatz-TFTs ebenfalls. Bis anhin mangelte es seitens des Betriebssystems an Unterstützung für die Skalierung von Full HD auf kleinen Displays. Das ändert sich nun, da Microsoft die Systemanforderungen aktualisiert hat und den Geräte-Herstellern mehr Freiheiten einräumt. Der Miracast-Standard ist knapp einem Jahr definiert, was nun Microsoft in Windows 8.1 ebenfalls berücksichtigt. Mit der Technik können die Angestellten der Kantonalbank in Zukunft das Monitorbild auf Beamer und Fernseher darstellen, ohne ein Kabel anschliessen zu müssen. Während die verbesserte Hardware-Unterstützung ein Plus für Windows 8.1 ist, sieht Luchsinger bei den Software-Funktionen noch Schwierigkeiten: «Microsoft bietet auch weiterhin keine Lösung für das zentrale Ausrollen von nativen Windows-8-Apps oder Einspielen von App-Updates innerhalb der Private Cloud ohne Zugang zum Store», kritisiert er. Nächste Seite: Baggenstos aktualisiert sofort
Microsoft-Partner Baggenstosaus Wallisellen plant am heutigen Erstverkaufstag das Update auf Windows 8.1. Das Betriebssystem soll mit System Center Configuration Manager verteilt werden. Der Ausgangspunkt ist Windows 8: Anfang Jahr hatte das Unternehmen alle 70 Benutzer auf Notebooks sowie Tablets umgestellt. Nun sieht Verwaltungsratspräsident Thomas Baggenstos die verbesserte Suche und die stark erweiterte PC-Einstellungen als überzeugende Argumente für den Umstieg. Daneben zählen für Baggenstos die modernen Funktionen zur Software-Verteilung zu den Stärken von Windows 8.1. «Aus dem firmeneigenen App-Store können sich Benutzer bei Bedarf die Apps herunterladen, die nicht flächendeckend verteilt werden», erklärt der Manager. Auf dem neuen Startbildschirm könnten sich Angestellte ihre Arbeitsumgebung gemäss den individuellen Erfordernissen der Tätigkeit einrichten.

Windows 8 nicht immer erste Wahl

Wie Baggenstos ist auch der IT-Dienstleister redtooin diversen Kundenprojekten mit Windows 8.1 engagiert. CTO Daniel von Büren gibt jedoch zu: «Die meisten Kunden setzen bisher nach wie vor auf Windows 7. Das wird sich nun mit Windows 8.1 hoffentlich ändern.» Wenn das Gespräch auf Windows 8 komme, stünden oftmals die Devices ein wichtiges Thema und weniger das Betriebssystem. «Die Herausforderung sind die neuen Möglichkeiten, die Windows 8 eröffnet. So ist das Vermischen geschäftlicher und privater Nutzung, Apps, Roaming der Benutzereinstellungen zwar hochinteressant, jedoch für viele Firmen kaum vorstellbar», sagt von Büren. Die Aufgabe von redtoo sei es hier, den Kunden zu vermitteln, wie sich die Technologie sinnvoll im Unternehmen einsetzen lässt und so neue Aspekte im Business genutzt werden können.
Gute Argumente für Windows 8.1 im Unternehmensumfeld sind laut von Büren die BYOD-Funktionalität (Bring Your Own Device) und die höhere Sicherheit. Mit Funktionen wie Work Folders und Workplace Join liessen sich Privatgeräte in Firmenumgebungen einbinden. «Für unsere Geschäftskunden sind die erweiterten Security-Funktionen wie die voreingestellte Rechnerverschlüsselung sehr wichtig», weiss der redtoo-Mann. Dagegen werden heute Business Apps oder firmeneigene Apps nur bei sehr wenigen Kunden verwendet. Der Grund ist offenbar: Microsofts App-Store enthält zu wenig Business-Apps. Der Appell von Bürens adressiert die Hersteller, mehr Business-Software für die Microsoft-Plattform zu schreiben.



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