«Digitalisierung senkt Kosten um bis zu 50 Prozent»

Förderbanken neuer Wachstumsmarkt

CW: Das Open Banking gilt als eines der Wachstumsfelder für Crealogix. Welche Rolle spielt Open Banking in der Schweiz?
Der CEO Oliver Weber konnte jüngst mit den Förderbanken einen ganz neuen Markt für Crealogix erschliessen
Quelle: Samuel Trümpy
Weber: Open Banking ist generell eine hervorragende Chance für Banken, viel erfolgreicher zu sein als heute. Das eben genannte Ökosystem der DKB ist ein Musterbeispiel: Banken und Fintechs vereint auf einer Plattform, um den Konsumenten den grösstmöglichen Mehrwert zu bieten. Denn das Ziel von Open Banking lautet: Der Kunde steht im Zentrum. Er entscheidet, wer seine Finanzdaten verwaltet, seine Anlagen managed und auch seine Vorsorge sichert. Damit muss sich nicht einmal viel verändern aus Kundensicht: Die Hausbank kann weiter die Konten führen und die Finanzen verwalten. Neu kann sie aber auch die Informationen von Fremdkonten einsammeln und dem Kunden auf einer Finanzplanungsansicht präsentieren.
Eine Finanzgesamtsicht wird von den Schweizer Banken mitunter auch schon angeboten. Dafür müssen frühere Wettbewerber nun kooperieren. Allerdings ist die Kooperation hierzulande freiwillig – im Gegensatz zur EU, wo die Öffnung der Banken-Schnittstellen per Gesetz vorgeschrieben ist. Crealogix hatte mit der Implementierung der Schnittstellen alle Hände voll zu tun.
CW: Die Open-Banking-Implementierungen waren sicher lukrativ. Aber allenfalls nicht so sehr spektakulär. Gibt es ein Projekt, das Sie wirklich begeistert hat?
Weber: Da gäbe es einige. Faszinierend fand ich aber den Eintritt in einen für uns vollkommen neuen Markt. Wir haben uns an einer Ausschreibung für eine Plattform für Förderbanken beteiligt und konnten uns gegen die Wettbewerber durchsetzen. Eine Kooperation aus sieben Förderbanken hat Crealogix ausgewählt, weil sie unsere Banking-Plattform überzeugend fanden, sie sich bei uns fachlich und bezüglich Sicherheit gut aufgehoben fühlten und sie unsere hohen Standards schätzen. Für uns war das Geschäft mit den Förderbanken allerdings in diesem Umfang neu.
Bei den Förderbanken ist das Potenzial durch digitale Prozesse noch viel höher als bei den traditionellen Geldinstituten. Es gibt nicht nur eine Vielzahl von Fördermitteln innerhalb der EU, die alle unterschiedlich adressiert werden müssen, sondern auch noch tausende Projekte, die sich um die Fördermittel bewerben. Dazwischen stehen die Förderbanken, die Gelder verwalten, auszahlen und einen Erfolg der Förderung kontrollieren sollen. Viele ihrer Prozesse sind nicht standardisiert und/oder basieren auf Papierdokumenten. Keine dieser «Antragsstrecken» ist identisch mit einer anderen. Und ein grosser Teil aller Förderanträge sind aufgrund mangelnder Digitalisierung fehlerhaft.
CW: Welche Lösung haben Sie für die Förderbanken realisiert?
Weber: Für die Förderbanken von sechs deutschen Bundesländern haben wir eine einzige Plattform aufgebaut, in der die verschiedenen Anforderungen für die Fördermittel der sechs Länder hinterlegt sind. Denn beispielsweise braucht es je nach Bundesland unterschiedliche Anforderungen für Fördermittelanträge für Wohnungsbauförderung oder Existenzgründungsdarlehen. Diese Fälle sind abgedeckt auf der modularen Plattform, die sich beliebig um andere Länder oder auch Förderzwecke erweitern lässt. Zunächst starten wir aber mit den sechs Kunden, für die wir die Plattform während der nächsten zehn Jahre betreiben, managen und warten dürfen.
Für mich ist dieser Kunden-Case deshalb so bemerkenswert, weil er erstens musterhaft für unser neues Geschäftsmodell steht: eine Plattform im «as a Service»-Modus, die uns nun wiederkehrende Erlöse einspielt. Zweitens zeigt der Case, dass wir innerhalb von nur zwölf Monaten einen vollkommen neuen Kundenkreis erschliessen und bedienen können. Wir haben zwar auch viel investiert, sehen aber zum Beispiel allein in der EU eine Zielgruppe von mehr als 250 Förderinstituten.
CW: Ist die Lösung für zum Beispiel die Kulturförderung in der Schweiz nutzbar?
Weber: Die Lösung ist so aufgebaut, dass theoretisch jede Förderstrecke – sprich: vom Förderantrag über die Bewilligung, die Auszahlung und die Erfolgskontrolle – abgebildet werden kann. Mit allen Vorzügen, die eine moderne digitale Plattform mit sich bringt, also Adaptierbarkeit, Modularität und Skalierbarkeit. 
Schon heute sind z.B. Banken in Indonesien und Saudi-Arabien auf die Lösung aufmerksam geworden. In beiden Fällen geht es ebenfalls um Kulturförderung.
CW: Wer sind Ihre Wettbewerber in diesem Markt?
Weber: In dem Markt gibt es einige kleinere Anbieter, die sich auf einzelne Module innerhalb der Förderstrecken spezialisiert haben.



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