So forscht China seine Bürger aus

Ein Klick reicht aus, um Dissidenten zu terrorisieren

Auf der anderen Seite eignet sich SCS natürlich hervorragend, um systemabweichendes Verhalten zu ahnden. Das kann – wenn der Social Score des Einzelnen kein Geheimnis ist – bei Funktionsträgern in niederen und mittleren Hierarchiestufen als Korrektiv dienen. Wenn sich ein Funktionär sichtbar schlechte Angewohnheiten leistet, so die Theorie, müsste sich das auch in seinem Social Score zeigen – und seine Mitbürger würden es mitbekommen.
Aus Sicht des Westens weit besorgniserregender ist die Möglichkeit, mit dem SCS Dissidenten und Regimekritiker unter Druck zu setzen. Wer etwa den Social Score eines Andersdenkenden zerstören kann, muss sich keine Mühe mehr mit weiteren Sanktionsmöglichkeiten geben. Die Schikanen, die autoritäre Regimes gern auf Gegner anwenden, geschehen mit SCS vollautomatisch – vom Zugticket, das man nicht mehr kaufen kann, bis zum Internet-Anschluss, der immer langsamer wird. Denn High Speed bekommen selbstverständlich nur die High Scorer.

Ein manipulierter Punktestand

Und ein manipulierter Punktestand liesse sich vom Geheimdienst ebenso spurlos wieder nach oben korrigieren, sobald der Bürger auf Linie ist – oder eine Verpflichtung zum Schnüffeln unterschrieben hat.
Angesichts solcher Aussichten ist es nur ein schwacher Trost, dass ein solches digitales System auch digital ausgehebelt werden könnte. So haben anonyme Blogger bereits in Aussicht gestellt, dass es, sobald der Staat das Aufrufen bestimmter News-Seiten im Netz als Zeichen aufrechter kommunistischer Gesinnung belohnt, nur noch eine Frage der Zeit sein könne, bis es einer programmiert – das Script, das automatisch jene Seiten am Computer aufruft, von denen das Regime meint, dass ein guter Staatsbürger sie gelesen haben muss.



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