«Auch digital lässt sich nicht alles automatisieren»

Die Rechtsschutzversicherung der Zukunft

CW: Wie sieht für Sie, Herr Riniker, die Rechtsschutzversicherung der Zukunft aus?
Riniker: Das Geschäft der Zukunft sind personalisierte Versicherungsangebote. Mit unseren modularen Produkten sind wir dabei schon auf dem richtigen Weg.
Meine Vision ist, Dextra zu einem juristischen Concierge weiterzuentwickeln. Wenn ein Kunde ein juristisches ­Problem hat, kann er sich an uns wenden, auf welchem Weg auch immer. Sei es persönlich, per Telefon, E-Mail, Chat oder auch auf Papier. Um unsere Leistungen zu beziehen, soll er nicht zwingend ein bestimmtes Produkt kaufen oder eine Police abschliessen müssen.
CW: Wie wollen Sie diese Vision umsetzen?
Riniker: Wir wollen in Prozessen, Produkten und im Marketing digitaler und effizienter werden, aber gleichzeitig den persönlichen Kontakt zum Kunden beibehalten, den dieser so sehr an uns schätzt.
Viele juristische Probleme, die uns als Rechtsdienstleister erreichen, lassen sich sehr schnell lösen, wenn man die richtigen Informationen und Werkzeuge hat. Viele dieser Informationen und Werkzeuge, wie etwa Rechtsratgeber, Checklisten oder Musterschreiben, können wir unseren Kunden auch digital zur Verfügung stellen. In Zukunft kann dies durch Machine Learning immer mehr automatisiert werden – denn die Maschine lernt aus Tausenden Präzedenzfällen sowie Datenpunkten und liefert dem Kunden so die passende Lösung für seine Probleme.
Aber nicht alles lässt sich automatisieren. Jeder Rechtsfall und jeder Kunde ist einzigartig – und eine echte, kompetent und einfühlsam beratende Ansprechperson kann kein Computer ersetzen.
CW: Welches ist der von den Konsumenten am häufigsten nachgefragte Rechtsfall?
Riniker: Der Führerausweis-Entzug ist einer der häufigsten Streitfälle aktuell. Im Zuge der Corona-Pandemie bekommen wir aber auch vermehrt Anfragen zum Arbeitsrecht. Ein weiterer häufig auftretender Rechtsfall sind Auto­unfälle mit Körperschäden. Hier ist häufig spezialisierte Expertise gefragt, die schnell kostspielig wird. Nur schon aus diesem Grund rentiert sich eine Rechtsschutzversicherung.
Auch häufig sind die von mir liebevoll als «Kassensturz»-Fälle bezeichneten Streitigkeiten, wenn zum Beispiel ein Käufer auf einem Online-Marktplatz nicht zahlt, die Ware nicht geliefert wird oder der Konsument schlicht und ergreifend übers Ohr gehauen wurde. Dabei profitieren wir oftmals von unseren Erfahrungswerten mit problema­tischen Gegenparteien. So können wir einige Kunden beispielsweise besser im Umgang mit Inkassofirmen beraten. Hierbei haben sich bestimmte Vorgehensweisen bewährt, beispielsweise Zahlungsaufforderungen via E-Mail ver­senden, standardisierte Anfragen schicken oder eine Betreibung in Aussicht stellen. Diese Fälle bergen auch viel Potenzial für Automatisierungen.
CW: Sie haben vermehrte Anfragen zum Arbeitsrecht in der Pandemie erwähnt. Wie viel mehr Fälle gab es?
Riniker: Wir hatten im vergangenen Jahr zwischen 20 und 30 Prozent mehr Auskünfte und Fälle von Arbeitnehmern, zum Beispiel wenn zwischenzeitlich ihr Lohn ausgefallen ist oder sie gekündigt wurden. Mittlerweile hat sich die Lage allerdings glücklicherweise schon wieder beruhigt.
Zur Firma
Dextra Rechtsschutz
wurde 2012 als rein digitaler Versicherungsanbieter gegründet. Schon damals war der IT-Dienstleister sum cumo mit an Bord. Das gilt auch für die Ausgründung Dextra Versicherungen im Jahr 2016. Die neue Gesellschaft bediente zunächst den Markt der Autoversicherungen, 2020 kamen noch weitere Sparten hinzu und der Name änderte sich in Simpego. Heute beschäftigt Dextra Rechtschutz am Hauptsitz in Zürich und im Büro in Bern 114 Mitarbeitende. www.dextra.ch



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