Spionage-Software 22.07.2021, 09:39 Uhr

Pegasus: Macron möglicherweise ausgehorcht - Israel gründet Spezialteam

Die internationale Gemeinschaft sorgt sich um das Ausmass der Überwachungsmöglichkeiten mit der Spionage-Software Pegasus der NSO Group. Derweil will die Regierung Israels die Auswirkungen des Skandals auf die eigene Techbranche mit einem Spezialteam eindämmen.
Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron könnte durch Pegasus ausgehorcht worden sein
(Quelle: Présidence de la République, Soazig de la Moissonnière)
Die mögliche Ausspähung der Mobiltelefone zahlreicher Staatschefs und Journalisten mit der Überwachungssoftware Pegasus hat die internationale Gemeinschaft alarmiert. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und mehrere Regierungsmitglieder waren der Tageszeitung «Le Monde» zufolge 2019 mögliche Ziele des an staatliche Stellen verkauften Spähprogramms des israelischen Unternehmens NSO. Eine von Macrons Mobilfunknummern stehe auf einer Liste eines marokkanischen Sicherheitsdienstes für eine mögliche Ausspähung, hiess es. Auch eine Nummer von EU-Ratspräsident Charles Michel ist womöglich ausgespäht worden.
Die an den internationalen Recherchen mehrerer Medien beteiligte «Süddeutsche Zeitung» schrieb, im Leak des Pegasus-Projekts seien die Nummern von 14 Staats- und Regierungschefs aufgelistet. Das Rechercheteam, zu dem auch NDR, WDR und die Wochenzeitung «Die Zeit» gehören, habe die Telefonkontakte von Regierungsmitgliedern aus 20 Staaten und von Hunderten Regierungsbeamten aus mehr als 30 Ländern identifiziert.

Macrons Smartphone: Verwanzt, aber nicht abgehört?

Unklar war aber, ob die in den Recherchen genannten Betroffenen tatsächlich ausgespäht wurden. Ob dies geschehen ist, lasse sich «im Einzelfall nicht verifizieren», heisst es in einem Bericht von NDR und WDR. Wie die belgische Zeitung «Le Soir» berichtete, wurde die Nummer Charles Michels 2019 zum potenziellen Ziel. Der damalige belgische Premierminister wurde in dem Jahr zum Präsidenten des Europäischen Rats gewählt. Auf Nachfrage der dpa bei Michels Sprecher hiess es, man sei sich einer Bedrohung bewusst gewesen, und es seien «Massnahmen» ergriffen worden, um Risiken zu begrenzen.
Auch aus Kreisen von Macrons Amtssitz hiess es bereits am Dienstag in Paris, die Medienberichte bedeuteten nicht, dass Macrons Handy tatsächlich ausgespäht wurde. Falls sich allerdings die berichteten Sachverhalte bewahrheiten sollten, seien «sie natürlich sehr schwerwiegend». Nach den Enthüllungen sei eine Aufklärung nötig. Macron nutze die betroffene Nummer seit 2017, schrieb «Le Monde». Er sei auch in den vergangenen Tagen darüber erreichbar gewesen. Um zu klären, ob mit der Software Pegasus tatsächlich das Telefon des Staatschefs ausgespät wurde, müsse das Gerät untersucht werden.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte mitgeteilt, die Überwachungssoftware Pegasus werde weltweit eingesetzt. Damit sollten auch Medienschaffende, Menschenrechtler und Aktivisten ausspioniert werden. Amnesty hatte gemeinsam mit der französischen Medienorganisation Forbidden Stories das Rechercheprojekt von mehr als 80 Medienschaffenden in 10 Ländern öffentlich gemacht. Demnach fanden IT-Experten von Amnesty die Spähsoftware auch auf Telefonen von Journalisten.
«Das Pegasus-Projekt legt offen, dass die NSO-Spyware das Mittel der Wahl für repressive Regierungen ist», sagte die Amnesty-Generalsekretärin Agnès Callamard. Es werde etwa versucht, Journalisten zum Schweigen zu bringen, Aktivisten anzugreifen und Meinungen zu unterdrücken. In dem Pegasus-Leak seien rund 50 000 Telefonnummern potenzieller Überwachungsziele untersucht worden.


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