Test 19.10.2011, 11:08 Uhr

iPhone 4S

Das iPhone 4S geht weg wie warme Weggli. Was taugt das aktuelle Apple-Smartphone aber in der Praxis?
Am ersten Wochenende hat Apple bereits mehr als vier Millionen iPhone 4S verkauft -  das sind rund 400'000 Stück mehr als vor über einem Jahr beim iPhone 4. Apple hat aber auch ein Smartphone-Portfolio geschnürt, das es in diesem Umfang noch nicht gegeben hat: Neben dem iPhone 4S mit Speichergrössen von 16, 32 und 64 Gigabyte behält Apple sowohl den Vorgänger iPhone 4 wie auch das noch ältere iPhone 3GS im Programm. Beide Modelle gibt es nur mit acht Gigabyte Speicher und zu vergleichsweise günstigen Preisen von 549 Franken beziehungsweise 399 Franken. Während das iPhone 4S im benachbarten Deutschland bereits erhältlich ist, muss man sich in der Schweiz noch bis zum 28. Oktober 2011 gedulden.

Was kann Siri?

Die spektakulärste Neuerung des iPhone 4S heisst Siri und sollte alle trösten, die ein iPhone 5 ersehnt hatten. Innerhalb kürzester Zeit kursierten zahlreiche Videos im Internet, die zeigen, wie der Sprachassistent Siri in der Praxis arbeitet. Damit Siri funktionieren kann, benötigt das iPhone 4S einen Internet-Zugang. Über das Web sendet das Smartphone Sprachbefehle an ein Rechenzentrum von Apple, in dem die Spracheingabe analysiert und die entsprechende Antwort beziehungsweise der entsprechende Befehl an das iPhone 4S zurückgesendet wird. Siri antwortet mit einer Stimme und in menschlicher Form. Intelligente Gesprächspartner lassen zwischendurch ihren Humor aufblitzen. Und Siri ist in dieser Hinsicht recht schlagfertig. Selbst auf nicht ganz ernst gemeinte Fragen wie «Was ist der Sinn des Lebens?» hat Siri in begrenztem Umfang Antworten parat, die von einem schlichten «42» bis hin zu «über Fragen wie diese nachzudenken» reichen. Um Siri zu aktivieren, hält man einige Zeit die Home-Taste gedrückt. Auf diese Art hat man schon am iPhone 4 die Sprachsteuerung aktiviert, die im Vergleich zu Siri aber nur sehr rudimentäre Features bietet. Der Funktionsumfang von Siri ist in der deutschen Fassung nicht so umfangreich wie in der englischen Version. Apple stellt den Dienst derzeit noch als Betaversion vor. Neben Deutsch und Englisch unterstützt Siri derzeit nur noch Französisch, die Sprachen lassen sich in den Einstellungen umschalten. Siri kann allerdings nicht automatisch zu einer anderen Sprache wechseln: Möchte man beispielsweise auf einem iPhone 4S mit deutschem System eine Anweisung auf Englisch geben, versteht Siri das nicht. Auch eine auf Englisch diktierte Nachricht kann der Assistent nicht umsetzen. Bleibt man jedoch bei der deutschen Sprache, funktionieren elementare Büroaufgaben schon recht gut. Aktiviert man Siri und sagt «Hilfe», zeigt Siri eine Übersicht möglicher Funktionen. Weiter gehts auf der nächsten Seite. Beeindruckend ist, wie Siri sich an einem bestimmten Ort an etwas erinnern kann. Auf die Bitte: «Erinnere mich daran, Mama anzurufen wenn ich nach Hause komme», gibt Siri an der angegeben Privatadresse des Benutzers die Nachricht aus. Allerdings ist diese Aufgabe für Siri recht komplex und weicht man nur leicht von dieser Formulierung ab, muss Siri nachfragen.  Eine Notiz zu verfassen sowie eine E-Mail oder SMS zu versenden, ist für Siri hingegen in den meisten Fällen kein Problem. Auch Termineintragungen funktionieren sehr gut und sollte der Termin bereits verplant sein, weist Siri darauf hin und löscht oder verschiebt einen der beiden Termine. Recht gut klappt es auch, mit Siri Musik abzuspielen oder einen Wecker zu stellen. Bei allem Komfort, den Apples Sprachsteuerung bietet, sollte man bedenken, dass gesprochene Inhalte automatisch erkannt werden und so die Informationen Apple ebenso zugänglich sind, wie bei alle anderen Dienste des Konzerns. Durch die Verknüpfungen dieser Informationen erhält Apple ein recht exaktes Bild eines Nutzers, beispielsweise in welcher Beziehung er zu Kontakten im Adressbuch steht.  Auch durch den Ortungsdienst erhält Apple ein detaillierteres Profil des iPhone-Benutzers. Wie Apple mit den gesammelten Daten umgeht, kann man auf Apple.com nachlesen. Dort erfährt man, dass der iPhone-Hersteller unter Umständen persönliche Daten auch an Dritte weitergibt. Wer seine Privatsphäre schützen möchte, kann Siri deaktivieren. Apple gibt an, ab diesem Zeitpunkt alle Informationen des Benutzers zu löschen, die Siri bis dahin gesammelt hat. Ist Siri deaktiviert, lässt sich die schon vom iPhone 4 bekannte Sprachsteuerung nutzen. Nächste Seite: neue Antenne

Neue Antenne

Aus dem Antennenproblem des iPhone 4 hat Apple offenbar gelernt. Das iPhonew 4S hat jedenfalls zwei Antennen, die laut Apple durch ein intelligentes Zusammenspiel für einen besseren Empfang sorgen. Neben GSM versteht das neue iPhone auch den Standard CDMA und lässt sich so besser international einsetzen. Auch unterstützt das iPhone 4S nun die doppelte Download-Geschwindigkeit von HSDPA. 
Bei unseren Tests messen wir auf einem iPhone 4S in direkter Nähe zu einem Sendemast eine 3G-Download-Geschwindigkeit von 5,6 MBit/s, das sind 1,6 MBit/s schneller als beim iPhone 4. Steigt die Entfernung zum Sendemast auf rund einen Kilometer, sinkt die Übertragungsrate des iPhone 4S auf 1,4 MBit/s und ist geringer als beim iPhone 4, das bei diesem Test 2,1 MBit/s erreicht. Dafür kann sich die Empfangsstärke für das Telefonnetz sehen lassen, sie ist in unseren Tests höher als beim iPhone 4. Weiter gehts auf der nächsten Seite. Auch bei unseren Tests tritt ein Problem auf, von dem schon andere iPhone-4S-Nutzer berichtet haben: Verliert das Smartphone wegen einer schlechten Verbindung oder weil man den Flugmodus aktiviert, das Telefonnetz, kann es sich nicht wieder automatisch einwählen. Erst nachdem man das iPhone 4S komplett ausschaltet und neu startet, funktioniert es wieder.
Die genaue Ursache des Problems ist noch unklar, doch es scheint, dass eine ältere Micro-SIM-Karte daran schuld ist. Wie einige Benutzer berichten, tritt der Fehler mit einer neuen SIM-Karte nicht mehr auf. Eine vorläufige Lösung des Problems ist, die SIM-Sperre zu deaktivieren und das iPhone nur durch die Code-Sperre zu schützen.
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Kamera

Das iPhone 4S verwendet einen Bildsensor mit acht Megapixel Auflösung sowie ein neues Objektiv mit einer Lichtstärke von f/2,4. Ein überarbeiteter Hybrid-IR-Filter sorgt für eine bessere Bildqualität. Dank des A5-Prozessors arbeitet auch die Kamera zügiger: Sie startet schneller und ist bei Serienbildaufnahmen doppelt so schnell wie die Kamera des iPhone 4. Dies bestätigen unsere Tests. Mit iOS 5.0 dient der Plus-Schalter der Lautstärkeregelung als Auslöser und man kann Fokus und Belichtung für weitere Aufnahmen fixieren, indem man während einer Aufnahme auf ein Motiv tippt und einige Zeit hält. Mit seiner technischen Ausstattung kann das iPhone 4S sogar Full-HD-Video-Aufnahmen mit 1080p und 30 Bildern pro Sekunde erstellen. Bei unseren Testaufnahmen stellen wir eine sichtbar bessere Video-Qualität des iPhone 4S fest, allerdings liefert auch das iPhone 4 schon recht gute Videos. Die Bildqualität der Fotos ist deutlich höher geworden, die Bilder sind rauschrmer und wirken natrlicher. Nächste Seite: Geschwindigkeit

Geschwindigkeit 

Apple hat dem iPhone 4S einen schnelleren Prozessor spendiert: Der Dual-Core-Prozessor A5, bisher nur im iPad 2 im Einsatz, löst den A4 ab. Laut Apple soll der A5 bis zu doppelt so schnell wie der Vorgänger sein und die Grafik um das bis zu Siebenfache gegenüber dem A4 beschleunigen - zumindest rein theoretisch. Die höhere Leistung geht laut den Angaben von Apple nicht auf Kosten der Batterielaufzeit, die wie beim iPhone 4 sein soll. Im Praxistest erledigt das iPhone 4S je nach Anwendung seine Aufgaben tatsächlich deutlich schneller als das iPhone 4, wir messen allerdings maximal einen vierfachen Geschwindigkeitszuwachs. Auch bei der Grafik hat das iPhone 4S kräftig zugelegt, Testreihen mit der Benchmark-App GLBenchmark für die Szene Egypt High ergeben eine 5,4-fach höhere Framerate als beim iPhone 4 mit iOS 5.0. Nächste Seite: Akkulaufzeit & Airplay

Akkulaufzeit

Die Akkulaufzeit ist nach unseren Tests noch besser geworden: Wir spielen bei voller Display-Helligkeit und aktiviertem WLAN sowie Bluetooth einen Film ab und das iPhone 4S hält sieben Stunden durch, immerhin 70 Minuten länger als das iPhone 4. Dennoch: Apple gibt für das iPhone 4S eine Standby-Dauer von gerade mal 200 Stunden an, bei dem iPhone 4 und 3GS sind es noch 300 Stunden.

Airplay

Mit iOS 5 kann neben dem iPad 2 auch das iPhone 4S Bildschirminhalte per Airplay auf einen Fernseher streamen. Allerdings ist dazu ein Apple TV 2 nötig. So ausgerüstet, kann man jedoch Fotos und Videos, die sich auf dem iPhone 4S befinden, am Fernseher betrachten. Nächste Seite: Bluetooth & Testfazit

Bluetooth

Völlig untergegangen ist bisher eine weitere Neuerung des iPhone 4S. Denn Apple hat auch die Bluetooth-Schnittstelle auf den neusten Stand gebracht: Jetzt nutzt das iPhone 4S Bluetooth 4.0, wie bereits die aktuellen Modelle von Mac Mini und Macbook Air. So soll eine deutlich höhere Reichweite möglich sein, als bei dem bisher vom iPhone verwendeten Standard 2.1: In der Theorie steigt die Reichweite von zehn Metern auf bis zu 50 Meter. Darüber hinaus verbrauchen Geräte, die Bluetooth 4.0 unterstützen, deutlich weniger Strom. Leider ist die direkte Datenübertragung via Bluetooth nicht von Apple vorgesehen, so lässt sich nach wie vor keine Adresse von einem anderen Mobiltelefon via Bluetooth zum iPhone übertragen.

Fazit

Für einen Wechsel von einem iPhone 4 reichen die technischen Neuerungen des iPhone 4S nicht aus. Wer aber Siri verwenden will, kommt nicht umhin, sich für das iPhone 4S zu entscheiden. Empfehlenswert ist das iPhone 4S vor allem für Besitzer eines iPhone 3GS, deren Vertragslaufzeit zu Ende geht. Wer sein erstes iPhone kauft, dem raten wir ebenfalls zum 4S - nicht zuletzt wegen der Wahlmöglichkeiten beim Speicherplatz, da iPhone 3GS und iPhone 4 nur noch acht Gigabyte bieten. Dieser Testbericht stammt im Original von unserer deutschen Schwesterpublikation Macwelt (Autoren: Christian Möller, Markus Schelhorn)