05.06.2013, 08:19 Uhr

EU will Netzneutralität gesetzlich verankern

Die EU-Kommission will, dass die Netzneutralität Europa-weit gesetzlich geschützt wird. Der Vorstoss ist auch eine Reaktion auf die Pläne der Deutschen Telekom, die Bandbreite für bestimmte Nutzer künftig zu drosseln.
EU-Kommissarin Neelie Kroes will die Netzneutralität gesetzlich verankert wissen
Die EU-Kommission will den Grundsatz der Netzneutralität, der auch in der Schweiz Anlass zur Diskussion gibt, europaweit zum Gesetz machen. Das Internet brauche Wettbewerb, Transparenz und Auswahlmöglichkeiten für Verbraucher, betonte die zuständige Kommissarin Neelie Kroes am Dienstag in einer Rede vor EU-Parlamentariern. Netzneutralität bedeutet, dass alle Daten im Netz gleich behandelt, dass keine Web-Anbieter beim Transport der Datenpakete bevorzugt oder benachteiligt werden.

Damit dürften zum Beispiel Telekommunikationsanbieter die konkurrierenden Internet-Telefoniedienste in ihren Netzen nicht mehr behindern, wie Kroes, die EU-Kommissarin für die Digitale Agenda, betonte. Zugleich sollen die Telekom-Firmen nach Vorstellungen der EU weiterhin die Möglichkeit haben, unterschiedliche Surf-Geschwindigkeiten oder Datenpakete zu gesonderten Tarifen anzubieten.

Reaktion auf die «Drosselkom»

In Deutschland wurde über Netzneutralität zuletzt im Zusammenhang mit den Plänen der Deutschen Telekom für eine Tempo-Bremse im Festnetz diskutiert. Sie will ab 2016 teurere Flatrates anbieten oder die Surf-Geschwindigkeit kappen, wenn die festgelegte Obergrenze bei der Datenmenge überschritten wird. Zugleich hatte die Telekom angekündigt, dass der hauseigene Fernsehdienst Entertain nicht bei der Berechnung des Datenverbrauchs berücksichtigt werden solle. Deshalb warfen ihr Kritiker einen Verstoss gegen die Netzneutralität vor. Seit Wochen dauert der Protest gegen das jetzt als «Drosselkom» attackierte Unternehmen an. Die Telekom erklärt, Entertain sei ein gesondert regulierter und bezahler Mediendienst und könne deswegen anders als Online-Videoangebote behandelt werden. Nächste Seite: Ganzes Paket zur weiteren Telekom-Liberalisierung in Planung

Die Kommissarin betonte, dass sie sich nicht gegen innovative Zusatzdienste sperren wolle. «Zum Beispiel, wenn sie gerade ein Videokonferenz-System gekauft haben, wollen sie wahrscheinlich auch eine Internet-Versorgung, die eine richtige Qualität garantiert. Wenn jemand bereit ist, dafür mehr zu bezahlen, sollten dem keine EU-Regeln im Weg stehen», erläuterte sie. Zugleich müssten Anbieter ihre Kunden transparenter über Vertragsdetails informieren und den Wechsel zur Konkurrenz einfacher machen.

Kroes will, dass die Europa-Parlamentarier zum Auslaufen ihres Mandats im nächsten Frühjahr ein Gesetzespaket zur umfassenden Reform der Telekom-Industrie annehmen. Sie will vor allem einen einheitlichen Markt für Telekommunikationsdienste durchsetzen und dabei auch die Roaming-Gebühren für Telefonate im europäischen Ausland abschaffen. Kroes will ihre konkreten Gesetzesvorschläge im Sommer vorlegen.


Dabei dürfte sie auf einige Widerstände treffen. So sperrten sich einzelne Länder gegen Pläne für eine zentrale EU-Regulierungsbehörde für den Telekom-Markt. Kroes schlägt jetzt als Kompromiss vor, dass sich Unternehmen einen Regulierer in einem Land aussuchen können, der für sie europaweit zuständig wäre. Ausserdem gibt es differenzen zwischen Brüssel und den Telekom-Konzernen bei der Wettbewerbs-Politik. Die Unternehmen hätten gern mehr Spielraum für Fusionen in einzelnen Ländern, die EU-Wettbewerbshüter favorisieren stattdessen ein Zusammenwachsen der Branche über nationale Grenzen hinweg.



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