16.01.2015, 15:04 Uhr
Wie Amazon in Luxemburg illegal Steuern spart
Amazons Europasitz befindet sich in Luxemburg. Dort profitiert der Online-Versandhändler von vorteilhaften Konditionen. Von viel zu vorteilhaften, sagt ein Untersuchungsbericht der EU-Kommission.
- EU-Kommisson kommt vorläufig zum Schluss, dass Amazon und Luxemburg ein illegales Steuerabkommen haben.
- Wird ein entsprechender Untersuchungsbericht bestätigt, drohen Amazon Schadenszahlungen von mehreren hundert Millionen Franken.
- Amazon und Luxemburg wehren sich dagegen.
- der aktuelle EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ist in besonders heikler Lage, da er beim Entstehen des Abkommens Regierungschef von Luxemburg war
- auch Beziehung zwischen Apple und Irland wird untersucht
Die Mühlen der Öffentlichen Verwaltungen sind dafür bekannt, oft langsam zu mahlen. Nicht so in Luxemburg. Als dort Amazon im Jahr 2003 die neue Europazentrale Amazon EU Sàrl eröffnen wollte, erhielten sie innerhalb von 11 Arbeitstagen ihren Freibrief. In dieser Zeit prüften die Luxemburger das komplexe Steuermodell von Amazon und befanden es für gut. Der EU-Kommission war ob des hohen Tempos etwas schwindlig geworden und startete eine Untersuchung, ob die Vereinbarung Gesetzeskonform ist. Heute wurden erste Ergebnisse verffentlicht, das Fazit eindeutig: Amazon profitiert in illegalem Masse vom Steuerdeal mit Luxemburg.
Geldfluss in der Kritik
Nebst der kurzen Prüfdauer stört sich die Kommission vor allem daran, dass die Vereinbarung seit 2003 nicht geändert wurde, obwohl der Umsatz von Amazon seither fast um das 15-fache gestiegen ist. Im Grossherzogtum darf Amazon damit weiter sein sehr vorteilhaftes Steuersystem durchziehen. Dieses sieht vor, dass Amazon alle Gewinne aus dem europäischen Geschäft in der Amazon EU Sàrl zusammenführt. Dort müssten demnach die Gewinne versteuert werden. Doch die Amazon EU Sàrl führt einen Grossteil ihres Geldes an eine andere Konzerntochter ab, die in Luxemburg keine Steuern zahlen muss, weil sie wiederum alle Einnahmen an amerikanische Amazon-Töchter weiterleitet. Die Amazon EU Sàrl muss Gebühren an eine dieser Firmen zahlen, weil die Online-Shops der europäischen Länder die Software nutzen, mit welcher der Versandhandel läuft. Je erfolgreicher die Software eingesetzt wird, je mehr Steuern müssten bezahlt werden. Müssten. Denn Amazon und Luxemburg haben sich auf ein anderes Modell geeinigt. Dieses basiert gemäss EU-Kommission darauf, dass Amazon die Lizenzgebühren anhand des Gewinns der Amazon EU Sàrl berechnet. Weil diese aber wie beschrieben ihr Geld an eine andere europäische Filiale, genauer die Amazon Europe Holding Technologies SCS, weiterleitet, zahlt sie in Luxemburg fast keine Steuern. Denn nur maximal 0,55 Prozent des Umsatzes muss in der Amazon EU Sàrl bleiben. Für die EU-Kommission ist dieses Limit zu niedrig, sie spricht von einer «kosmetischen Vereinbarung zwischen Luxemburg und Amazon».
Was macht Juncker?
Die Ergebnisse sind noch nicht definitiv. Sollten sie aber bestätigt werden, droht Amazon eine hohe Nachzahlung. Im schlimmsten Fall müssten alle Steuervorteile zurückgezahlt werden, dabei geht es um mehrere hundert Millionen Franken. Brisant an der Sache ist auch, dass der Bericht noch vom damaligen Kommissionspräsidenten Joaquin Almunia stammt. Mittlerweile hat Jean-Claude Juncker diesen Posten übernommen. Und Juncker war zu der Zeit, als Amazon den neuen Europasitz eröffnete, Regierungschef und Finanzminister Luxemburgs. Sowohl Amazon wie auch Luxemburg wehren sich gegen den Bericht. Luxemburg hat seit der Erstellung weitere Dokumente nach Brüssel gesendet, welche die Kommission von der Legalität des Deals überzeugen sollen. Nebst Apple wird unter anderem auch die Beziehung zwischen Apple und Irland in der Kommission untersucht. Dieser Untersuchungsbericht steht noch aus. Das Ausnutzen günstiger Steuergesetzgebung an sich ist nicht verboten. Allerdings verbietet es das europäische Wettbewerbsrecht, dass ein Staat bestimmten Firmen unter die Arme greift und anderen nicht. Disclaimer: Die Informationen im Text basieren zum Teil auf einem Artikel der Süddeutschen Zeitung.