Top 500 20.08.2008, 14:39 Uhr

Schweizer ICT-Szene gut in Form

Mit 3,9 Prozent durchschnittlichem Umsatzwachstum hat sie das Trainingsziel erreicht. Aber nur wer diese Punktzahl toppen kann, gewinnt.
Die fetten Boomjahre sind zwar passé, aber die Schweizer Informatik- und Telekommunikations-Branche (ICT) lässt weiterhin die Muskeln spielen. Die diesjährige Analyse der 500 umsatzstärksten Unternehmen aus dem ICT-Sektor hat ergeben, dass die Branche ihr Wettkampfgewicht im Laufe des letzten Jahres sogar noch steigern konnte: Der Erlös aller von Computerworld im Top-500-Report untersuchten Firmen kletterte 2007 auf ein Volumen von insgesamt 45,1 Milliarden Franken. Das entspricht einem Plus von 3,9 Prozent. Damit konnte die bereits im Jahr zuvor erzielte Wachstumsrate auf hohem Niveau gehalten werden - seit den Boomjahren 1999 und 2000 war das Wachstum nicht mehr so hoch.
Am kräftigsten zugelegt hat 2007 Swisscom. Der Konzern hat fast 1,5 Milliarden mehr eingenommen. Zum Vergleich: Das ist so viel wie der zweitgrösste IT-Riese, IBM, hierzulande total umsetzt. Die Zunahme basiert allerdings nicht auf «organischem» Wachstum, sondern ist auf die Übernahme des italienischen Internetproviders Fastweb zurückzuführen. Rechnet man deren Umsatz ab, geht es Swisscom nicht viel anders als ihren Mitbewerbern Sunrise und Orange, die auf stagnierende und leicht rückläufige Erlöse verweisen müssen.

Auf und ab im IT-Geschäft

Lässt man den Sonderfall Swisscom einmal beiseite, so ist auch das absolute Wachstum der Distributorin Tech Data mit 198 Millionen Franken auf den ersten Blick beachtlich. Allerdings handelt es sich hier ebenfalls kaum um organisches Wachstum: Sind doch im 2007er Ergebnis von Tech Data auch die Erlöse von Actebis enthalten.
Wachstum pur heisst es derweil bei Microsoft. Das Software-Haus hat hierzulande um 180 Millionen Franken zulegen können. Dies entspricht einem Plus von etwas über 25 Prozent. Microsofts Länderchef Peter Waser begründet den guten Geschäftsgang damit, dass Schweizer Unternehmen vor allem in die individuelle und Teamproduktivität investiert hätten. «Das heisst, dass in den Bereichen Mobile Computing und Collaboration Software funktional aufgerüstet wurde», erklärt Waser.

Top 500: Schweizer ICT-Szene gut in Form

Über ein gesundes Umsatzwachstum kann sich in der Schweiz auch Hewlett-Packard (HP) freuen. Der Computer-Konzern konnte seinen Umsatz um gut 160 Millionen Franken, also um gut 10 Prozent, steigern. Wie HP-Schweiz-Geschäftsführerin Hauke Stars gegenüber Computerworld ausführt, habe man in allen drei grossen Geschäftsbereichen der Firma zulegen können und sei überall «schneller als der Markt» gewachsen. Selbst in den schwierigen weil bekanntlich mit geringen Margen operierenden PC- und Drucker-Geschäften zieht Stars eine positive Bilanz. «Besonders gefreut hat mich, dass wir auch im dritten Bereich stark gewachsen sind: Sowohl mit Hardware, wie Server und Storage, als auch mit Dienstleistungen und Software für Unternehmenskunden konnten wir überdurchschnittlich zulegen», kommentiert Stars das in den Top 500 aufgeführte Geschäftsjahr.
«Nur» 7,8 Prozent Wachstum konnte derweil die helvetische Niederlassung von IBM verbuchen, der Abstand auf die Rivalin HP nimmt dadurch weiter zu. Das Geschäftsjahr, das absolut gesehen mit einem Plus von 110 Millionen Franken aufwartet, darf man trotzdem noch als erfreulich werten. Auch in der Schweiz habe sich die IBM-Strategie ausgezahlt, sich sukzessive aus dem Commodity-Geschäft zu verabschieden und sich auf hochwertige Dienstleistungen auszurichten, davon ist Daniel Rüthemann, Geschäftsführer von IBM Schweiz, überzeugt. «Ein Meilenstein war dabei sicher die Übernahme der Aktivitäten der Lausanner Unicible und der damit verbundene Aufbau eines IBM-Banking-Kompetenzzentrums», führt Rüthemann weiter aus.
Genauso interessant, wenn nicht noch spannender ist die Betrachtung der prozentualen Zuwächse. Hier rücken meist kleinere Firmen ins Rampenlicht wie die Zürcher Svox, die mit der Herstellung und dem Verkauf von Text-zu-Sprache-Software, wie sie in Navigationsgeräten zum Einsatz kommt, im Jahr 2007 um sage und schreibe 144 Prozent zulegen konnte.

Top 500: Schweizer ICT-Szene gut in Form

Wo es Gewinner gibt, sind auch die Verlierer nicht weit. Allerdings sind die meisten geschrumpften Umsatzzahlen auf Verkäufe von Firmenteilen zurückzuführen. Im Fall von Siemens beruht das Minus allerdings auf der Tatsache, dass heuer nur die Abteilung Siemens IT Solutions and Services ausgewiesen wurde.

Vorsichtig optimistisch

Trotz des durchwegs guten Jahres 2007 geben sich die Top-500-Firmen vorsichtig optimistisch, wenn es um die Frage geht, wie sich die Schweizer ICT-Konjunktur in den nächsten zwölf Monaten entwickeln wird. So erwarten 65 Prozent einen leichten, 7 Prozent einen kräftigen Aufschwung. Etwas mehr als ein Viertel (26 Prozent) sehen eine Stagnation auf die helvetische ICT-Landschaft zukommen. 2 Prozent sind sogar von einem leichten Abschwung im laufenden Jahr überzeugt. Die Auswertung der Frage ergibt dabei einen negativen Stimmungswandel im Vergleich zum Vorjahr. Damals waren noch 71 Prozent von einem leichten Aufschwung überzeugt. Fast ein Fünftel sprach sogar von einem starken Aufschwung, wesentlich weniger Firmen (10 Prozent) erwarteten eine Stagnation.
Ob sich diese Stimmungsverschlechterung auch auf das Investitionsverhalten auswirken wird, bleibt abzuwarten. Hauke Stars von HP gibt sich optimistisch: «Da die Schweizer sehr nüchtern und solide ihre Ausgaben planen, sehen wir momentan den Trend, dass die Unternehmen trotz Kreditkrise und prognostizierter wirtschaftlicher Abschwächung an ihren sehr sorgfältig geplanten Investitionen festhalten».



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