19.06.2014, 10:14 Uhr

Bachelor für Berufsschüler soll Jobchancen erhöhen

Berufsschulabsolventen aus der Schweiz haben im Ausland kaum Chancen. Nationalrat Matthias Aebischer will das ändern und auch ihnen Bachelor- und Mastertitel verleihen. Der IT-Verband wehrt sich dagegen.
SP-Nationalrat Matthias Aebischer will der höheren Berufsausbildung zu mehr Ansehen im Ausland verhelfen
Ein grösserer Softwarehersteller aus dem nahen Osten sucht einen neuen Entwickler. Dabei landet auch die Bewerbung des Glarners Olaf Mathis auf dem Pult des Personalbüros. Sie wird kurz angeschaut und auf den Stapel gelegt, der später eine standardisierte Absage-Email erhalten wird. Denn die Firma will jemanden mit mindestens Bachelor-Abschluss. Im Lebenslauf von Mathis steht aber «ICT-Applikationsentwickler EFA» als höchste Ausbildung, damit kommt er nicht in Frage. Das Personalbüro hat noch nicht einmal von dieser Auszeichnung gehört. Was die Recuriter übersehen: Olaf Mathis war vor wenigen Jahren Berufsweltmeister in der Kategorie «IT Softwarelösungen für Unternehmen». Und damit in seinem Gebiet wesentlich qualifizierter als die meisten Softwareentwickler mit Hochschulstudium. Das Unternehmen hat sich also eine grosse Chance entgehen lassen. Olaf Mathis ist eine fiktive Person, das Problem aber sehr real. Dabei geht es nicht nur um Informatiker. Auch Schreiner, Ingenieure oder Treuhänder leiden darunter, dass ihr Titel im Ausland wenig zählt. Bei rund 500 verschiedenen Diplombezeichnungen auch kein Wunder. Und das, obwohl das duale System der Schweiz weltweite Vorbildfunktion hat. «Unsere Techniker gehören zu den Besten der Welt», sagt SP-Nationalrat Matthias Aebischer. «Wenn sich diese nicht im Ausland bewerben können, weil ihnen ein Titel fehlt, stimmt etwas am System nicht.

Berufsschulen mit Master-Titel

Aebischer hat darum eine Motion eingereicht, welche die höhere Berufsbildung mit den Titeln «Professional Bachelor» und «Professional Master» aufwerten soll. Im Nationalrat wurde der Vorstoss letzte Woche angenommen, wenn auch knapp mit 93 zu 80 Stimmen. Bei 16 Enthaltungen. Mit dem Zusatz «Bachelor» und «Master» für höhere Berufsschulen will Aebischer dem Ausland klar machen, dass in der Schweiz die Elite nicht nur von HSG und ETH abstammt. Für den Standort Schweiz klingt das verlockend, begehrte Fachkräfte können nur positive Auswirkungen haben. Trotzdem gibt es Kritiker und zu diesen gehört ausgerechnet der Informatikverband. «Wir sehen im 'Professional Bachelor' und 'Professional Master' eine Schwächung der höheren Berufsbildung», sagt Hansjörg Hofpeter, Leiter höhere Berufsbildung bei ICT-Berufsbildung Schweiz. «Die höhere Berufsbildung hat ein klares eigenes Profil zu bieten, das es als solches auch klar und eindeutig zu positionieren». Man fürchtet also eine Verwässerung, dass FH-Abschlüsse plötzlich nicht mehr so viel wert sein könnten. Das, so Aebischer, sei genau nicht sein Ziel. «Ich will nicht, dass man an höheren Fachschulen studieren kann. Ich will, dass man im Diplom den Zusatz «professional» erhält. Damit man sich im Ausland mit einer höheren Berufsbildung bewerben kann und eine faire Chance auf den Job erhält.» Ebenfalls als Kritiker treten die Fachhochschulen auf. Bei ihnen könnte man sich schliesslich bereits einen Bachelor mit Praxispositionierung holen, ist das Argument. Sie fürchten also um ihr Alleinstellungsmerkmal. Und vergessen dabei, dass sie das Gleiche getan haben, als ihre Titel an diejenigen der Universitäten angepasst wurden.

Nur fürs Ausland

Aebischer findet die Argumentation von ICT-Berufsbildung Schweiz und den Fachhochschulen auch aus einem anderen Grund merkwürdig: «In der Schweiz wissen die Unternehmen, was der Unterschied zwischen der Fachhochschule und der höheren Fachschule ist. Im Ausland weiss man das oft nicht.» Er glaubt deshalb, dass die Titel in der Schweiz kaum gebraucht werden. «Ein Schreiner-Meister wird sich ja sicher nicht mit dem Master-Titel vorstellen.» Damit die Motion durchkommt, muss sie auch im Ständerat angenommen werden. Aebischer rechnet sich gute Chancen aus. «Ich habe mal einen obligatorischen Skitag gefordert. Bei dem war klar, dass er im Ständerat nicht durchkommen würde, das liessen die Kantone nicht zu. Aber die jetzige Motion hat nichts mit Kantönligeist zu tun. Und es gibt viele gewerbefreundliche Politiker im Ständerat, die der Motion wohl zur Annahme verhelfen.»



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