29.09.2008, 11:55 Uhr

Eingebunden ins Business-Netz

Profile bei Facebook, Xing & Co. gehören heute in das Portfolio eines Geschäftsmannes wie die Visitenkarte. Wie Sie die sozialen Netze zu Ihrem Vorteil nutzen, ohne zu viel von sich preiszugeben, lesen Sie hier.
Schauplatz der Eitelkeiten und cleveres Business-Tool - soziale Netzwerke sind beides. Richtig genutzt, eröffnen Xing & Co. neue Karrierechancen. Sie bergen aber auch Gefahren. Mitglieder plaudern dort Firmengeheimnisse aus, lautet ein Vorwurf. Durch das Netzwerken wird Arbeitszeit verschwendet, so ein anderer.

Einblick ins Privatleben

In den USA gehört das Recherchieren von Informationen in sozialen Netzwerken bei jedem fünften Personalverantwortlichen zum Bewerbungsverfahren dazu. Das On-lineportal CareerBuilder.com ermittelte, dass jeder Dritte der 3100 Befragten in den Bewerberprofilen Angaben fand, die zum Ausschluss des Kandidaten führten. Häufigste Gründe waren Fakten, die auf Alkohol- oder Drogenkonsum hinwiesen (41%), provokative oder unpassende Fotos (49%) und Kommunikationsdefizite (29%).
Auf der anderen Seite fand jeder vierte Personalmanager in den Netzwerkprofilen auch Daten, die ihn von einem Kandidaten überzeugten. Für sich gewinnen konnten Bewerber ihren neuen Arbeitgeber durch einen stringenten Lebenslauf, der auf die ausgeschriebene Stelle zugeschnitten war (48%), hervorragende kommunikative Fähigkeiten (43%) und dass der Kandidat gut zur Unternehmenskultur passt (40%).

Nicht zu viel verraten

Für Angestellte und Arbeitgeber sind schon die Statusdaten in einem Mitgliederprofil nützliche Informationen, die sie bisher mühsam recherchieren mussten. Den Xing-Leitspruch «Jeder kennt jeden über sechs Ecken» veranschaulicht im populären Business-Netzwerk der Verbindungspfad. So finden Jobinteressenten rasch bekannte Kontakte in dem Unternehmen, bei dem sie sich gerade bewerben. Andererseits fragen potenzielle Arbeitgeber bei einem Kontakt des Kandidaten problemlos Fakten zum
Bewerber ab.
Wertvoll sind diese Fakten aber nicht nur für die Mitglieder. Sie sind auch das Kapital der Plattformanbieter. Der Betreiber schlägt Profit daraus, indem er etwa höhere Preise für zielgerichtete Werbung auf den Profilseiten verlangt.
Den Weiterverkauf der Daten schliessen Xing & Co. zwar kategorisch aus. Sie sind aber nicht davor gefeit, dass Mitglieder Inhalte aus den Profilen über Programmierschnittstellen abgreifen. Facebook ist wegen des grösseren Funktionsumfangs - etwa der Möglichkeit, Anwendungsprogramme innerhalb des Netzwerks bereitzustellen - weitaus anfälliger für Missbrauch als etwa Xing. In beiden Fällen sind mündige Anwender gefragt: Was online nicht eingetragen ist, kann auch keiner stehlen.

Teil der Unternehmenskultur

Aus der Firmenperspektive ist es trotzdem nicht ratsam, die Netzwerke für Mitarbeiter zu sperren. Unternehmen sollten die Communities als Teil des Soziallebens ihrer
Angestellten ansehen. Statt der Sperrung sollten Nutzungsrichtlinien sozialer Netze festgeschrieben werden. Diese dürfen den Zugriff aber nicht pauschal erlauben oder verbieten, sondern sollten an die Erfordernisse der verschiedenen Mitarbeitergruppen angepasst sein. Zwei Beispiele: Die Mitarbeiter der Personalabteilung recherchieren in Xing Informationen über Bewerber. Für sie bedeutet ein Premium-Konto, mit dem zum Beispiel eine detaillierte Suche in den Mitgliederprofilen möglich ist, eine Arbeitserleichterung. In den Firmenrichtlinien könnte stehen, dass jedem HR-Angestellten ein solcher Account bezahlt wird. Um Informationen über Berufseinsteiger zu finden, dürfen auch Netzwerke wie Facebook, MySpace, studiVZ oder usgang.ch nicht gesperrt sein. Dort steht oftmals, was den Kandidaten privat umtreibt.

Visitenkarte nach draussen

Kommentarfunktionen und Foren sind innerhalb der sozialen Netzwerke meist Mitgliedern vorbehalten. Jedes Mitglied ist
jedoch gleichzeitig Repräsentant seines
Unternehmens. Alle Beiträge dieser Mitarbeiter könnten Angestellte eines Wettbe-werbsunternehmens überwachen und so quasi Konkurrenzbeobachtung betreiben.
In den Richtlinien sollte daher auch stehen, welcher Mitarbeiter Firmeninterna über soziale Netze oder andere Internetkanäle nach
aussen transportieren darf.
Andernfalls laufen die Unternehmen Gefahr, dass ihr Image leidet. Jüngstes Beispiel ist Google: Schon Tage vor dem Veröffentlichungstermin von Chrome verriet ein Comic auf dem Mitarbeiterblog Details zum neuen Browser. Der Comic geriet durch eine Unaufmerksamkeit ins Netz.

Netzwerken für den Karrierekick

«Ich wurde in Xing angesprochen», beschreibt ein Mitglied die Art, wie er seinen neuen Job gefunden hat. Soziales Netzwerken hat selbstredend nicht nur Schattenseiten. Plattformen wie LinkedIn und Xing sind auch Stellenbörsen. Xing hat zum Beispiel einen «Marketplace» für Stellenausschreibungen. Darin genannte Stichworte und Anforderungen gleicht Xing mit Daten aus den Mitgliederprofilen ab. Auf Wunsch schlägt das Netz jedem Teilnehmer passende Offerten vor. Der potenzielle Arbeitgeber kann so gezielter um einen neuen Stelleninhaber werben. Hat ein Interessent angebissen, lassen sich per Mausklick detaillierte Infos in Erfahrung bringen - auch ohne Bewerbungsunterlagen.

Wachstumspotenzial bei den Jungen

Für jeden dritten Topentscheider aus Wirtschaft, Medien und Wissenschaft haben soziale Netze heute noch keinen BusinessNutzen. Das ergab eine Umfrage der Kommunikationsagentur Dr. Haffa & Partner. Trotzdem sind über 80 Prozent Mitglieder, aber davon bezeichnet sich jeder Fünfte als
«Karteileiche».
Viel aktiver ist schon heute die nachwachsende Generation: Netze wie schülerVZ und studiVZ haben mehrere Millionen Mitglieder. Sie sind geübt im Umgang mit privaten Daten im Web. Ist das Studium abgeschlossen, streben sie auf adäquate Plattformen. Bei Facebook knüpfen sie internationale Kontakte, auf Xing finden sie Kollegen aus der Schweiz wieder.



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