Performance Management 11.08.2005, 10:04 Uhr

Mehr als nur messen

Das Thema Business Performance Management (BPM) ist en vogue - bei knappen Kassen in konjunkturell schwierigen Zeiten wird vermehrt gespart und Kostenkontrolle eingefordert. Damit steigt der Bedarf an Controllern und Business Performance Management wird häufig eingeführt, um das Controlling zu verbessern.
Bevor ein Performancemanagementsystem eingeführt wird, muss sich ein Unternehmen klar darüber werden, welche Ziele mit der Kontrolle überhaupt verfolgt werden und auch, ob diese durchsetzbar sind. Eine Kontrollphilosophie in einem Unternehmen kann beispielsweise heissen, die Mitarbeiter dazu zu bringen, was das Unternehmen will oder die Mitarbeiter dazu zu bringen, immer so zu handeln, dass der Unternehmenswert erhalten bleibt oder vergrössert wird.
Wenn schliesslich klar ist, welche Kont-rollaufgaben das Performancemanagementsystem unterstützen soll, muss eingegrenzt werden, welche Performance eigentlich gemeint ist. Die der Kunden, der Mitarbeiter, der Prozesse oder der Finanzen? Messen lassen sich beispielsweise Faktoren wie die Kundenzufriedenheit, der Neukundenanteil, Marktanteilsgewinne oder der Kundenbindungsgrad. Bei internen Leistungsmessungen lassen sich etwa Qualitätsrating, Produktivität, Termintreue, Prozesseffizienz oder die Operating Costs ermitteln während bei der finanziellen Performance Grössen wie ROI, ROA, Ebitda, EVA, Shareholder Value, Umsatzwachstum und Deckungsbeitragsmessung im Vordergrund stehen.
Im Weiteren stellt sich auch die Frage: Performancemessung für wen? Ein gut ver-ankertes Performancemangementsystem misst sich auch am Grad der Zufriedenheit der relevanten Anspruchsgruppen, wie beispielsweise der Eigentümer, des Verwaltungsrats, der Manager, der Finanzanalysten, der Kunden, der Konzernmutter oder der öffentlichen Meinung.

Performance Management: Mehr als nur messen

Neuere Ansätze in der Strategieentwicklung zeigen, dass es oft nicht genügt, nur das aktuelle Geschäft zu betrachten und die jetzige Performance zu messen. Das bedeutet, dass Strategieentwicklung einen dynamischen Portfolio-Ansatz haben kann, anstelle einer rein sequentiellen Strategiearbeit, die etwa nur einmal pro Jahr durchgeführt wird. Für das Performancemanagement bedeutet das, dass die Performancemessung sich auf verschiedene Portfolios mit verschiedenen Zeithorizonten beziehen sollte. Das heisst für ein Pharmaunternehmen beispielsweise, dass die Performance beziehungsweise die Qualität des Entwicklungs- und Forschungsportfolios ebenso wichtig ist, wie das Portfolio des laufenden Geschäfts, bei beiden werden strategisch relevante Kennzahlen für das Reporting gemessen. Das bedeutet: Performance Management ist Portfoliomanagement.
Schwachpunkte
In der Unternehmenspraxis werden zwar viele Performancemanagementsysteme ein-geführt, es gibt aber ganz typische, immer wiederkehrende Schwachstellen: So ist etwa die finanzielle Performancebetrachtung in der Regel nur punktuell und nicht dynamisch, schliesslich werden Historie, Outlook und Zeitwert des Geldes nicht betrachtet. Oft fehlen auch geschäftsentscheidende nicht finanzielle Kenngrössen - Prob-leme können nicht direkt identifiziert werden und von diesen finanziellen Kennzahlen kann dann nicht auf operationelle Probleme geschlossen werden. Im Weiteren sind in der Regel nur nachlaufende Performance-Indikatoren vorhanden. Dies verunmöglicht proaktives Handeln. Ein weiterer Stolperstein besteht darin, dass die Unternehmenskultur, die Organisation und die Anreizsysteme in der Regel nicht auf die Performancemessung abgestimmt sind. Konflikte zu den MBOs verhindern eventuell erfolgreiche und nachhaltige Performanceverbesserung. Oft hat das Management auch gerade darum kein Interesse, zu transparent zu werden.
Nullmessung als Voraussetzung
Wenn Veränderung zum positiven - nichts anderes kann und soll ja Performancemanagement im Unternehmen bezwecken - angestrebt ist, ist es wichtig zu sehen, wovon man ausgeht. Die Nullmessung - also die genaue Beschreibung der Ausgangssituation - ist sehr wichtig, damit die Verbesserungen in der Performance auch eine Basis haben, auf die sie sich beziehen kann. Diese Veränderungen gegenüber einer Basis, beispielsweise dem Vorjahr, können dann auch entsprechend kommuniziert werden - nur das reine Reporting von Masswerten ohne Kommentar und Bezug macht wenig Sinn. Um handlungsfähig zu bleiben, sollte auch den vorauslaufenden, operationellen Kenngrössen grosse Beachtung geschenkt werden. Finanzielle Kenngrössen wie etwa Deckungsbeitrag pro Mitarbeiter sind zwar wichtig, stellen aber nur eine Vergangenheitsbetrachtung dar.

Nicht nur Messen

Oft werden zu viele Indikatoren gesammelt - die Fokussierung auf die wesentlichen, strategiekonformen Kennzahlen hat aber Priorität. Wichtig ist auch, dass die definierten Indikatoren dann auch wirklich gemessen und in Führungssitzungen periodisch besprochen werden. Das bedeutet dann insbesondere, dass ein «Action Tracking» erstellt beziehungsweise eine Liste von Massnahmen mit zugeordneten Verantwortlichkeiten geführt und nachverfolgt wird.

Performance Management: Mehr als nur messen

Das Ergebnis der Performancemessung sollte im Kontext von Markt, Konkurrenz und Konjunkturverlauf sowie deren Erwartungen gesehen werden. Es ist ein Unterschied, ob die Performance eines Start-ups in einem rasch wachsenden Markt gemessen wird, oder ob die gleichen Ergebnisse von einem etablierten Grossunternehmen in stagnierenden Märkten stammen. Das Umfeld - Konjunktur, Unternehmenstyp, Konkurrenz - ist bei der Bewertung und Definition von Korrekturmassnahmen unbedingt mit einzubeziehen, sonst kann es zu Fehlschlüssen und falschen Reaktionen kommen.
Um eines vorwegzunehmen: Entgegen den vollmundigen Werbeversprechen der Softwarehersteller ist der Stellenwert der IT bei der Umsetzung eines Performance Managementkonzepts eher gering. Man kann durchaus ganze Abteilungen, Unternehmen und Ämter nur mit manuell erstellten Excel-Sheets führen. Nicht immer braucht es dazu ein Warehouse und Business-Intelligence-Lösungen. Sicher ist aber, dass die «Loseblattsammlung» fehleranfällig und nicht sehr effizient ist, weshalb ein abteilungs-übergreifendes, kongruente Begriffe verwendendes, abgeglichenes Datenmodell eines Softwaretools natürlich grosse Vorteile hat. Massstab sollte bei der Evaluation der IT-Lösung dabei jedoch immer das Kosten-Nutzenverhältnis sein.

Performance Management: Mehr als nur messen

Ganzheitliche Framework
Betrachtet man alle Elemente zusammengenommen, so sollte ein ganzheitliches, erfolgreiches Performance-Measurement- Konzept folgende 8 Module enthalten:
Strategieabgleich und Prozessbasierung der - wenigen und fokussierten - Kennzahlen sorgen für Handhabbarkeit und Geschäftsrelevanz.
Ein oder mehrere Measurementmodule messen die Kennzahlen risikoadjustiert, konsistent und nach gleicher Philosophie im ganzen Unternehmen mit Rückkopplung zur Planung. Dabei bezieht sich das Messen und Vergleichen auf verschiedene Portfolios, die miteinander in Verbindung stehen und ein Gesamtbild ergeben müssen, etwa neue Initiativen gegenüber laufendem Geschäft.
Risikobeurteilungen, Konjunktur- sowie Markterwartungen stellen die Mess-ergebnisse in den richtigen Kontext und bilden die Voraussetzung für die richtigen Massnahmen.
Ein Action-Massnahmenportfolio wird aufgrund der Messergebnisse und ihrer Bewertungen konsequent geführt, Verantwortlichkeiten bestimmt und der Status sollte getrackt werden.
Klar definierte Verantwortlichkeiten in der Organisation sind die Basis für Leadership und Handlungsrelevanz.
Auf die Organisation abgestimmte Belohnungs- und Incentivesysteme, die wiederum die Basis für die MBO-Beurteilungen bilden, helfen mit sicherzustellen, dass angestrebte Ziele und Massnahmen auch erreicht werden und nicht nur «Messwertleichen» bleiben.
Zielgruppengerechte Kommunikation und Information über Messergebnisse und Aktionen ermöglicht rasche, konsequente und nachhaltige Verbesserung der Performance.
Dazu haben sich regelmässige Führungssitzungen bewährt, die die entsprechenden Kennzahlen-Reports und ihre Abweichungen zum Soll thematisieren.
Der Autor:
Alexander Jungmeister ist Dozent an der Hochschule für Technik und Informatik Bern

Weitere Informationen

3. BI-Symposium

Der Autor ist Referent am BI-Symposium «Managing the Intelligent Enterprise» am 22. September im Kongresshotel Mövenpick in Regensdorf / Zürich. Die von The Knowledge Place zum dritten Mal durchgeführte Veranstaltung steht dieses Jahr unter dem Motto «Managing the Intelligent Enterprise».
Informationen und Anmeldung: www.knowledgeplace.com
Alexander Jungmeister



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