«USM setzt weiter voll auf Digitalisierung»

Cloud-Migration mit Bedacht

CW: Dann war die Umstellung auf Produktivitätslösungen aus der Cloud sicher kein einfaches Projekt. Welchen Anbieter haben Sie gewählt – und warum?
Thomas Flügge hat einige IT-Systeme von USM mittlerweile in die Microsoft-Cloud ausgelagert
Quelle: Samuel Trümpy
Flügge:
Wir setzen komplett auf Microsoft und die Schweizer Cloud. Alle unsere Systeme und Daten liegen im Schweizer Microsoft-Rechenzentrum. Diesen Entscheid haben wir bewusst gefällt, weil die Eigentümerfamilie Schärer extrem hohen Wert auf Datensicherheit legt. Der Geschäftsführer Alexander Schärer ist ein Techie und hat grossen Respekt vor der Cloud, weshalb wir Wert darauf legen, dass unternehmenskritische Daten nicht im Ausland liegen. Wir haben deshalb darauf gewartet, bis Microsoft die Rechenzentren in der Schweiz eröffnet hatte.
CW: Wie viel Aufwand bedeutete die Cloud-Migration?
Flügge: Inklusive der Vorbereitung, während der wir wegen Inkompatibilitäten jedes einzelne der rund 400 Benutzerkonten editieren mussten, ca. anderthalb Jahre. Dabei hat die Pandemie uns die Arbeit erschwert, weil wir die Mitarbeiter teilweise im Home Office migrieren mussten. Als wir die persönlichen Ordnerstrukturen und Postfächer gezügelt haben, waren wir auch auf die Mitarbeit der Kollegen angewiesen. An dieser Stelle ein grosses Lob an unser Team, das Grossartiges auf die Beine gestellt hat, an unsere geduldigen Benutzer, die uns so gut es geht unterstützt haben, und an unsere Geschäftsleitung, die diesen mutigen Entscheid gefällt hat.
CW: Ist das Auslagern des ERP in die Cloud ein Thema?
Flügge: Diese Überlegung haben wir durchaus schon angestellt. Wie angedeutet, ist dann die Gefahr allerdings gross, dass ohne ERP auch die Produktion eingestellt werden muss. Wobei die Ausfallsicherheit der Cloud wahrscheinlich noch grösser ist als bei unseren lokalen Systemen. Wir möchten die geschäftskritischen ERP-Daten aber im Moment nicht in die Cloud auslagern.
Ausserdem ist Computing-Power in der Cloud ziemlich teuer. Für uns rechnet sich in der aktuellen Situation der Business Case noch nicht.
CW: Welche IT-Infrastruktur betreibt USM?
Flügge: In der Schweiz betreiben wir über 150 virtuelle Server, in Deutschland nochmals 30 und in der Produktion in Leipzig weitere 5. In den Aussenstellen stehen vereinzelt auch noch Server, die wir aber – wie erwähnt – in der nächsten Zeit herunterfahren wollen. Dort soll wirklich alles aus der Cloud bezogen werden. Wenn sich ein Mitarbeiter von einigen Daten tatsächlich nicht trennen kann, werden wir die betreffenden Files – für den lesenden Zugriff – in unsere Storage-Infrastruktur hier in der Schweiz zügeln. Denn gearbeitet werden soll ja in SharePoint online und in Teams.
CW: Wie ist die Business-IT von USM aufgestellt?
Flügge: Fünf Kollegen hier in der Schweiz und zwei in Deutschland kümmern sich um das ERP, das CRM und die Umsysteme. Weiter warten sie die Software «Virtual USM», in der Vertriebspartner selbst Möbel planen können. Das Tool generiert eine Stückliste, die automatisch in das ERP eingelesen wird. Dann weiss die Produktion hier in Münsingen oder in Leipzig, welche Teile sie zu rüsten haben und welche Möbel zusammengeschraubt werden müssen.
CW: Was ist die grösste Herausforderung der USM-IT?
Flügge: Flexibilität. Ein gutes Beispiel ist der virtuelle Möbel-Konfigurator, der hier in Europa gut funktioniert, aber in anderen Teilen der Erde nicht so performant ist. Wir haben ihn nun – aus Kostengründen – in mehreren Cloud-Instanzen platziert, die nach dem Follow-the-Sun-Prinzip hoch und wieder heruntergefahren werden. Diese Flexibilität war notwendig, da sich sonst die Kollegen in Japan oder an der Westküste der USA viele Klagen von den Kunden anhören mussten, dass der Konfigurator wegen der schlechten Performance quasi nicht zu gebrauchen war.
CW: Muss die Infrastruktur skalierbar sein?
Flügge: Nein. On-Premises sind wir recht statisch unterwegs. Das ERP braucht natürlich regelmässig Updates, die getestet werden müssen. Aber darauf sind wir vorbereitet.
In der Cloud haben wir die nötige Flexibilität und Skalierbarkeit: Während früher häufig nur in Abteilungen gearbeitet und gedacht wurde, beginnen die Mitarbeiter nun, über ihre eigenen Bereiche hinauszudenken. Microsoft Teams bringt die Kollegen nun näher zusammen, sodass unternehmensweites Arbeiten möglich wird.
CW: Diese Entwicklung hat Teams befördert?
Flügge: Es ist fantastisch! Die Kollegen arbeiten nicht nur im Büro, sondern nun auf dem Smartphone und dem Tablet. Es geht so weit, dass teilweise am iPhone via OneDrive eine Präsentation zusammengestellt wird, wofür wir früher zwingend einen Desktop brauchten.
Vor und während der Umstellung haben wir die meisten Kollegen selbstverständlich trainiert für die neuen Funktionalitäten. Viele Vorgesetzte haben schnell erkannt, welches grosse Potenzial in den Applikationen steckt und uns bei der Umstellung stark unterstützt.



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